Die „Kamila“ fällt auf. Ein solches Hightech-Ruderboot bekommt man am Bodensee sonst nicht zu Gesicht. Dass sie für eine ganz besondere Mission gebaut wurde, ist offensichtlich. Kein Wunder also, dass ihr Eigner, Steve Chetcuti, von vielen Passanten angesprochen wird.
Der gebürtige Malteser wohnt seit vielen Jahren im Kanton Aargau. Er will mit seinem Boot den Atlantik überqueren – und zwar von La Gomera aus zum 4800 Kilometer entfernten Antigua. Für dieses Abenteuer, das im Dezember 2025 startet, trainiert er nun in Kreuzlingen.
Die Stadt unterstütze den Sportler, indem sie ihm in den Wintermonaten einen Bootsplatz zur Verfügung stelle, schreibt die Kreuzlinger Stadtverwaltung in einer Pressemitteilung.

Er sucht eine besondere Herausforderung
Die richtige Vorbereitung ist das A und O: Steve Chetcuti muss in den nächsten Monaten sein Boot in- und auswendig kennenlernen und mit ihm jede Wetterlage durchstehen. Zwei Monate lang wird er mit der „Kamila“ auf dem offenen Meer unterwegs sein, ganz allein – eine sportliche Leistung, aber vor allem mental eine Herausforderung.
Dabei ist Steve Chetcuti kein Extremsportler. Er arbeitet als Kommunikationsverantwortlicher bei einem internationalen Unternehmen und ist Vater von drei Mädchen. Zusammen mit seiner Ehefrau lebt der Amateursportler in Hendschiken. Vor einigen Jahren starb sein Bruder an einem Hirntumor.
Das war für Chetcuti der Anlass, sich an eine besondere Herausforderung zu wagen. „Ich sah diese Ruderer im TV, wie sie auf dem Atlantik unterwegs waren, und dachte: Das will ich auch.“
Beim Rudern wird gesungen
So kam es, dass Steve Chetcuti 2021 seine erste Atlantik-Überquerung in Angriff nahm. Zusammen mit vier anderen Ruderern glückte ihm das Unterfangen. Nun will er es ohne Team versuchen. „Allein trage ich die ganze Verantwortung. Dafür muss ich die schönen Momente auch mit keinem teilen“, sagt der Abenteurer, und deutet an, dass beim letzten Mal das Zusammensein mit anderen unter widrigen Bedingungen und auf kleinem Raum die Nerven ziemlich strapazierte.
Jetzt ist er der Boss, der bestimmt, wann gerudert, Pause gemacht oder gegessen wird. Und er bestimmt, welche Musik aus den Boxen tönt – Queen zum Beispiel, oder David Bowie. „Ich liebe es, zu singen. Nur leider bin ich richtig schlecht darin. Draußen auf dem Ozean stört das niemanden“, sagt Chetcuti und lacht. Er übt in den nächsten Monaten auf dem Bodensee die Szenarien ein, die ihn erwarten.
Einmal Bregenz retour, das wäre in etwa eine Tagesetappe. Trainieren wird er auch den Rudern/Nicht-Rudern-Rhythmus, den er auf dem Atlantik haben wird, und dessen Auswirkungen auf das Schlafverhalten. 6000 Kalorien verbraucht Steve Chetcuti an einem Tag. Diese müssen durch Travellunch und Powerriegel wieder aufgefüllt werden. Die größte Gefahr ist übrigens nicht das Kentern – das Boot richtet sich selbst wieder auf – sondern Halluzinationen, Schmerzen und die Einsamkeit.