Fleisch und Gemüse, dazu Getränke und Hygieneartikel – wer aus der Schweiz zum Einkauf über die Grenze ins günstigere Deutschland fährt, ist auch hier schnell mehr als umgerechnet 150 Franken los. Doch genau auf diesen Betrag wird die Wertfreigrenze ab 2025 halbiert. Heißt: Ab diesem Warenwert müssen Einkaufstouristen künftig die Schweizer Mehrwertsteuer entrichten.

So viel Umsatz generiert der Einkaufstourismus

Eine Studie der Industrie- und Handelskammer (IHK) zeigt, dass die Schweizer Kundschaft rund 50 Prozent des Umsatzes in der deutschen Grenzregion ausmacht. Dort hält sich dementsprechend die Begeisterung über die Maßnahme aus Bundesbern in Grenzen. „Wir bedauern, dass die Schweiz jetzt so entschieden hat“, sagte etwa Jennifer Ribler, Sprecherin vom Handelsverband Südbaden, kurz nach Bekanntwerden der neuen Regelung.

Gute Gründe, um weiter in Deutschland einzukaufen

Dennoch geht sie davon aus, dass ein Großteil der Einkaufstouristen ihre Gewohnheiten nicht oder nur marginal ändert. Gründe sind das in Deutschland niedrigere Preisniveau sowie die höhere Kaufkraft des Schweizer Frankens. „In Zukunft werden Einkäufe eventuell öfter auf­geteilt werden; sei es durch kleinere, aber häufigere Einkäufe oder eine Aufteilung unter mehreren Personen“, so Ribler.

In Einzelfällen könnte es sich negativ auswirken

Ähnlich sieht es Katrin Klodt-Bussmann, Hauptgeschäftsführerin der IHK Hochrhein-Bodensee. „Die Initiative bereitet uns keine Freude, stellt jedoch auch keine Bedrohung dar. Dennoch wird es in Einzelfällen negative Auswirkungen geben“, sagt sie. Die Senkung der Freigrenze sei fragwürdig. „Aus fiskalischer Sicht ist sie wenig attraktiv und zum anderen steht der Verwaltungs- und insbesondere der Kontrollaufwand in keinem guten Verhältnis zum Ertrag“, so Klodt-Bussmann.

Die Absenkung hat wohl eher symbolischen Charakter

Zudem tauge die Senkung der Freigrenze kaum dazu, das Einkaufserlebnis der Schweizer in Süddeutschland zu beeinträchtigen, da die Mehrwertsteuersätze in der Schweiz mit 8,1 und 2,6 Prozent deutlich unter den deutschen Sätzen (19 und 7 Prozent) liegen. Der durchschnittliche Einkauf von Schweizer Kundinnen und Kunden in Deutschland läge bei einem Warenwert von 75 Euro. Die meisten Einkäufe lägen damit deutlich unter der 150-Franken-Freigrenze. „Die Absenkung der Freigrenze hat damit eher symbolischen Charakter“, so Klodt-Bussmann.

Für die Schweiz ist die Maßnahme eher kein Gewinn

Unabhängig zur Mehrwertsteuer sei für die Schweizer Einkaufstouristen in erster Linie das niedrigere Preisniveau der Grund, warum sie in Deutschland einkauften. Nicht selten seien Waren in Deutschland bis zu 30 Prozent, bei Lebensmitteln sogar 50 Prozent günstiger. „Für den hiesigen Einzelhandel ist die Absenkung der Freigrenze bedauerlich, für die grenzüberschreitenden Wirtschaftsbeziehungen definitiv kein Fortschritt und für die Schweiz selbst wohl kaum ein Gewinn“, bilanziert Klodt-Bussmann.

Dies schreibt die IG Detailhandel in der Schweiz

Die Großhandelsunternehmen Coop und Migros, die in Stein, Rheinfelden oder Zurzach Supermärkte betreiben, wollen zur neuen Regelung keine Stellung nehmen. Sie verweisen an die IG Detailhandel Schweiz, der sie angehören. Dort heißt es: „Wir begrüßen die Bestrebungen des Bundes, etwas gegen die steuerliche Ungleichbehandlung von Konsum in der Schweiz gegenüber dem Konsum im Ausland zu unternehmen.“

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Steuerliche Gleichbehandlung gibt‘s erst bei 50 Euro

Eine Einschätzung dazu, inwieweit sich die Senkung der Wertfreigrenze auf die Schweizer Supermärkte auswirkt, kann die IG Detailhandel Schweiz keine geben. „Vollständige steuerliche Gleichbehandlung würde jedoch erst vorliegen, wenn die Wertfreigrenze dem Betrag der Bagatellgrenze des jeweiligen Nachbarlandes entsprechen würde“, so die IG Detailhandel Schweiz. Die Bagatellgrenze in Deutschland liegt derzeit bei 50 Euro – erst ab diesem Warenbetrag gibt es dort die Mehrwertsteuer zurück.

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Der Autor ist Redakteur der „Aargauer Zeitung“. Dort ist dieser Beitrag auch zuerst erschienen.

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