Um die eigene Wirtschaft in Grenznähe zu stärken, zieht die Schweiz die Daumenschrauben für heimische Einkaufstouristen im Ausland massiv an.
Wie der Schweizer Zoll am Mittwoch mitteilte, dürfen ab 2025 beim Grenzübertritt in die Schweiz „Waren zum privaten Gebrauch von Reisenden nur noch bis zu einem Gesamtwert von 150 Schweizer Franken pro Person und Tag steuerfrei eingeführt werden“. Dies entspreche „einem Auftrag des Parlaments“, wie es weiter hieß. Bisher liegt die Steuerfreigrenze für Waren bei 300 Franken.
Schweiz will Einkaufstourismus reduzieren
Ziel des Vorstoßes ist es, die Anreize für Menschen mit Wohnsitz in der Schweiz zu senken, im benachbarten Ausland auf Shopping-Tour zu gehen. Bisher profitieren diese nämlich von umfassenden Vorteilen, wenn sie ihr Geld fern der Heimat ausgeben.
So können sie sich beispielsweise die in Deutschland für Waren bezahlte Mehrwertsteuer vom deutschen Zoll zurückerstatten lassen. Angesichts der deutschen Mehrwertsteuersätze ist das eine Ersparnis von bis zu 19 Prozent auf den Warenwert. Seit dem Jahr 2020 existiert allerdings eine Bagatellgrenze von 50 Euro, unterhalb derer der Steuerbonus nicht greift.

Freigrenze für Einfuhren: 150 statt 300 Franken
Zusammengenommen heißt das derzeit, dass alle Einkäufe von Schweizern in Deutschland zwischen 50 Euro und 300 Franken für diese komplett steuerfrei sind. Ab Jahreswechsel wird dies nur noch in einer Spanne zwischen 50 Euro und 150 Franken, umgerechnet derzeit rund 160 Euro, möglich sein. Der jetzige Vorstoß verfolge das Ziel, „die Steuergerechtigkeit zu verbessern und dem Einkaufstourismus entgegenzuwirken“, teilte der Schweizer Zoll mit.

IHK-Chefin befürchtet Einschnitte für den Handel
Die IHK-Hochrhein-Bodensee befürchtet nun fehlende Impulse für den heimischen Einzelhandel. „Wir sehen dem nicht mit Freude entgegen. Ich gehe von negativen Auswirkungen auf den hiesigen Handel aus“, sagte die Konstanzer IHK-Hauptgeschäftsführerin Katrin Klodt-Bußmann dem SÜDKURIER. Bei Alltagseinkäufen seien die Einschnitte wahrscheinlich aber geringer als bei größeren Anschaffungen. Klar sei aber, dass es spürbare Effekte geben werde.
Jedes Jahr fließen Milliarden aus der Schweiz ab
Im Hintergrund steht die teils desolate Lage des Einzelhandels, aber auch vieler Hotels und Gaststätten in mehreren Schweizer Grenzkantonen. Diese sind besonders vom Abfluss der Kaufkraft Richtung Ausland betroffen.
Dieser summiert sich bezogen auf die Gesamtschweiz pro Jahr auf bis zu acht Milliarden Euro. Seit Jahren dringen Kantone wie St. Gallen oder der Thurgau daher darauf, die nach ihrer Sicht ungerechten und wettbewerbsverzerrenden Steuerprivilegien abzuschmelzen. Damit haben sie sich jetzt durchgesetzt, zumal sich zuletzt auch die Schweizer Finanzministerin Karin Keller-Sutter (FDP) der Meinung angeschlossen hatte.

Hohe Kaufkraft, starker Franken
Allerdings ergibt sich die Attraktivität des Einkaufs-Standorts Deutschland für die Schweizer nicht nur wegen der steuerlichen Vorzüge. Ausschlaggebend ist auch das deutlich höhere Lohnniveau der Eidgenossen, das in Verbindung mit ihrer hohen Kaufkraft und dem vergleichsweise niedrigen Preisniveau im Einzelhandel auf deutscher Seite eine Magnetwirkung entfaltet.
Maßgeblich ist außerdem der Wechselkurs zwischen Euro und Franken. Seit mehreren Jahren gewinnt die Schweizer Landeswährung hier an Stärke hinzu.
Zu guter Letzt bestehen große Mehrwertsteuerunterschiede zwischen der Schweiz und Deutschland, die positiv auf den Einkaufstourismus wirken. So betragen die maßgeblichen Steuersätze in Deutschland 19 und sieben Prozent (reduzierter Satz). In der Schweiz sind es 8,1 beziehungsweise 2,6 Prozent Mehrwertsteuer.
Durch die Rückerstattung der Steuer auf deutscher Seite ergibt sich also für Schweizer immer ein positiver Saldo – auch wenn die Schweiz jetzt ihre Steuerfreigrenze bei der Einfuhr auf 150 Franken halbiert.