„Hoffnungsloser Fall“ und „Du lernst es nie“: Das und mehr haben viele der 10.000 Follower auf den Profilen des schweizweit bekanntesten Häftlings Brian Keller in sozialen Netzwerken kommentiert. Auslöser war die neuerliche Verhaftung Kellers am 10. August – diesmal durch die deutsche Polizei.

Brian Keller, in Deutschland kaum bekannt, steht im Mittelpunkt einer langjährigen Schweizer Justiz-Kontroverse. Der 28-Jährige wurde früh als Intensivtäter auffällig. Diskussionen gab es 2013 nach einer aufsehenerregenden SRF-Reportage um die fast 30.000 Franken im Monat kostende sozialtherapeutische Begleitung Kellers.

Später saß er wegen Körperverletzungsdelikten immer wieder in Haft, bis 2022 rund dreieinhalb Jahre sogar in Einzelhaft – später wurden deswegen Verstöße gegen seine Menschenrechte festgestellt. In dieser Zeit beging er im Gefängnis allerdings auch neue Taten, kam nach kurzzeitiger Freiheit deswegen erneut in Untersuchungshaft, wurde im November 2023 aber freigelassen. In diesem Sommer kam er allerdings erneut in U-Haft, aus der er Ende Juli freikam – zuvor soll er einem TikToker das Jochbein gebrochen haben.

Zwar gab es für den 28-Jährigen keine Auflage, die es ihm verbot, ins Ausland zu reisen, wie die Staatsanwaltschaft Zürich auf Anfrage bestätigt. Jedoch hätte sich Keller bis zum 6. August bei der Polizei stellen sollen.

Stattdessen fuhr Brian Keller gemäß Recherchen dieser Redaktion nach Baden-Württemberg, um sich seiner drohenden Verhaftung in der Schweiz zu entziehen. Gleichzeitig meldete er auf TikTok einen „Fluchtaccount“ an. Dort folgten ihm innerhalb weniger Tage mehr als 2000 Personen.

Zielfahnder verhafteten Brian Keller

Das Justizministerium in Stuttgart bestätigt nun, dass Brian Keller in der deutsch-schweizerischen Grenzstadt Konstanz am Bodensee verhaftet wurde. Laut vorliegenden Informationen vollstreckten Zielfahnder des baden-württembergischen Landeskriminalamtes (LKA) den internationalen Haftbefehl aus der Schweiz gegen den 28-Jährigen. Gemäß einem engen Freund befand er sich zu diesem Zeitpunkt in Begleitung seiner Familie.

Eine Sprecherin des LKA bestätigte am Mittwoch die Festnahme Kellers durch Polizeibeamte. Ein Spezialeinsatzkommando, wie von angeblichen Zeugen auf TikTok behauptet, war gemäß einem Sprecher des Innenministeriums in Stuttgart aber nicht beteiligt. „Der Gesuchte leistete bei der Festnahme keinen Widerstand“, so die Sprecherin des LKA.

Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft Zürich die erneute Verhaftung des 28-Jährigen beantragt. Der dringende Tatverdacht: Keller soll bei verbalen Auseinandersetzungen in sozialen Netzwerken zu schwerer Körperverletzung angestiftet und Drohungen ausgesprochen haben. Was war geschehen?

Auslöser war Einladung zu Livestream

Der Auslöser für die mutmaßliche Tat war offenbar, dass ein mit Keller befreundeter TikToker einen Gast in einen Livestream eingeladen hatte, mit dem der 28-Jährige in einem Onlinestreit stand.

Diese Einladung machte Keller anscheinend so wütend, dass er den befreundeten TikToker in einem weiteren Livestream mehrfach aufforderte, den Widersacher zu schlagen, sonst werde er es selbst tun. „Als Entschuldigung dafür, dass du ihn in den Livestream gelassen hast“, sagte der 28-Jährige.

Einen Tag vor seiner Verhaftung am 10. August veröffentlichte Brian Keller ein inzwischen gelöschtes Video, das ihn beim Steakessen in einem Konstanzer Gartenrestaurant zeigte. Dabei forderte er einen TikToker, mit dem er im Gefängnis gesessen habe, zum Kampf auf. „Ich hab dir meinen Standort geschickt und dir gesagt, wo ich bin. Du kannst jederzeit kommen, in den Ring auch.“ Am Ende drohte er: „Ich werde dich töten.“ 24 Stunden später verhafteten ihn die deutschen Zielfahnder.

Gemäß der Staatsanwaltschaft Zürich wurde Brian Keller noch nicht nach Zürich überstellt. Die Auslieferung aus Deutschland dauert laut einem Behördenvertreter erfahrungsgemäß zwei bis drei Wochen. Dann wird ein Staatsanwalt Keller befragen und über einen möglichen Antrag für eine neuerliche U-Haft entscheiden.