Für die Fahrt durch den Gotthard-Tunnel könnte bald eine Extra-Gebühr fällig werden. In einer Sondersitzung Anfang Mai wird der Schweizer Nationalrat über eine dynamische Maut entscheiden – ihre Höhe soll je nach Verkehrsaufkommen variieren.
Der Gotthard-Tunnel liegt auf einer zentralen Reiseroute. Regelmäßig kommt es vor allem in Ferienzeiten zu großen Staus.
Abschreckende Wirkung bei Deutschen
Der Urner Mitte-Nationalrat Simon Stadler sagt, der Stau blockiere bisweilen die Kantonsstraße, was dazu führe, dass Anwohner nicht mehr nach Hause und Blaulicht-Organisationen nicht mehr zum Einsatzort kämen. Deshalb fordert er nun eine Maut für die Tunnelstrecke.
„Befürworter hoffen auf abschreckende Wirkung bei Deutschen“, schreiben dazu Schweizer Medien. Teilweise seien 80 Prozent der Fahrzeuge aus dem Ausland, berichtet Stadler im Gespräch mit dem SÜDKURIER, hauptsächlich Deutsche, Niederländer und Belgier.
Die Brennerüberfahrt kostet schon
Gerade die Deutschen seien sehr preissensibel – deshalb werde sich das Verkehrsaufkommen reduzieren, glaubt er. „Mir geht es aber nicht darum die Deutschen zu bestrafen, ich möchte vielmehr motivieren, azyklisch zu reisen.“ Das heißt: Außerhalb der Hauptverkehrszeiten. Die Idee habe er aus den Skigebieten abgekupfert – dort wird schon länger mit auslastungsabhängigen Preismodellen gearbeitet.
Auch der Brennerpass, der als zweite wichtige Nord-Süd-Verbindung von Österreich nach Italien führt, ist bereits kostenpflichtig. Die Vignette kostet dort zwölf Euro je Fahrt und Auto. In einem flexiblen System, wie Stadler es für den Gotthard plant, könnte die Durchfahrt in staufreien Zeiten sogar kostenlos bleiben, erklärt der Nationalrat.
Was die Durchfahrt maximal kosten könnte, will Stadler noch nicht abschätzen. Es müsse wissenschaftlich erhoben werden, was eine Lenkungswirkung erziele.
Schweizer mehrheitlich dafür
Eine Umfrage unter Schweizern signalisiert Zustimmung zu der Idee, auch bei einer nicht-repräsentativen Befragung des Onlineportals „20 Minuten“ findet eine Mehrheit die Idee gut.
Kritik gibt es aber auch: SVP-Nationalrat Thomas Hurter, der auch Präsident des Schweizer Automobil-Clubs ist, sagt: „Eine Maut verbessert die Situation kaum und führt einzig dazu, mehr Einnahmen zu generieren.“ Er warnt vor dem bürokratischen Aufwand und glaubt nicht, dass wegen einer Maut weniger Menschen gen Süden reisen würden.
Er plädiert dafür, den Gotthard in Spitzenzeiten zweispurig zu betreiben, sobald die derzeit im Bau befindliche zweite Röhre bereit ist. Der Verkehr werde nämlich so oder so weiter zunehmen, da Bevölkerung und Wirtschaft weiter wachsen würden, so Hurter. Ein zweispuriger Betrieb ist allerdings nicht mit der gegenwärtigen Schweizer Verfassung vereinbar, betont Stadler.
Die Chancen für den Erfolg seiner Idee scheinen jedenfalls nicht schlecht zu stehen. Laut Schweizer Medien unterstützen FDP, Mitte und GLP das Vorhaben. Auch SP-Nationalrat Jon Pult, Präsident der Alpeninitiative, stehe dahinter. Wenn der Nationalrat für die Maut stimmt, könnte es wegen weiterer nötiger Abstimmungen drei bis vier Jahre dauern, bis die Maut in Kraft träte, glaubt Stadler. Die Chance sieht er bei 50/50.