Es ist ein Vorschlag, der an die Grundfesten der Schweizer rührt – und an die Urlaubspläne der Deutschen. Der Aargauer Nationalrat Benjamin Giezendanner von der Schweizerischen Volkspartei (SVP) hat eine Motion – also eine Gesetzänderungsbitte an die Regierung – eingereicht, um die Gotthard-Passstraße ganzjährig zu öffnen und so Staus zu vermeiden.

Für deutsche Touristen ist der Gotthard neben dem Brenner weiter die wichtigste Straßenverbindung in den Süden, gerade über späte Osterfeiertage wie in diesem Jahr reisen viele Menschen ins frühsommerliche Italien.

Historische Alpenquerung

Für die Schweizer hat der Gotthard eine ganz andere Bedeutung: Unter Kaiser Friedrich II. wurden die Bewohner des heutigen Kantons Uri im Gegenzug für sichere Durchfahrt reichsfrei – ein zentraler Grund für die spätere Entstehung der Eidgenossenschaft. Die historische Kopfsteinpflaster-Straße aus dem frühen 19. Jahrhundert ist noch heute befahrbar.

In der Gegenwart geht es aber um etwas anderes: Die meisten Schweizer Pässe sind in den Wintermonaten gesperrt, um die Umwelt zu schützen. Im Jahr 1994 hatte die Bevölkerung die Alpenschutzinitiative angenommen, sie verbietet Kapazitätserhöhungen für den Verkehr im Gebirge. Nationalrat Giezendanner argumentiert, dass davon keine Rede sei – es solle ja keine neue Straße gebaut werden.

Der Gotthard-Pass ist eine Alternative zum Tunnel.
Der Gotthard-Pass ist eine Alternative zum Tunnel. | Bild: Urs Flueeler

In den vergangenen Jahren wurde die Passstraße am Gotthard meist Ende Oktober, Anfang November geschlossen und je nach Witterung Mitte, eher Ende Mai wieder geöffnet.

Teilüberdachung wäre wohl nötig

Für den Winterbetrieb wäre aber eine Teilüberdachung der Straße nötig, Schweizer Medien rechnen mit Kosten von 300 Millionen Franken. Der Pass geht auf über 2100 Meter über Normalnull, auch im Frühjahr kann hier durchaus noch Schnee liegen.

Wie der Brenner ist auch der Gotthard-Tunnel als zentrale Verkehrsader berüchtigt für die regelmäßigen Staus. Immer wieder muss der Tunnel nach Unfällen oder Pannen gesperrt werden.

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Inzwischen wird aber eine zweite Tunnelröhre gebaut, um die Sanierung der alten zu ermöglichen. Seit Februar frisst sich dort die Tunnelbohrmaschine „Paulina“ des Herstellers Herrenknecht aus der Ortenau ins Gestein – 18 Meter soll sie am Tag schaffen, gebohrt wird von beiden Seiten des Gebirgskamms. 2027 soll der Durchschlag gelingen, 2030 der dann 17 Kilometer lange Tunnel für den Verkehr geöffnet werden.

Für den Osterverkehr in diesem Jahr hilft das also nicht. SVP-Mann Giezendanner weiß dem Vernehmen nach 60 Nationalräte an seiner Seite, nötig wäre aber eine Parlamentsmehrheit von mehr als hundert Stimmen.

Ob es am Ende reicht und der Vorschlag tatsächlich keine Kapazitätserhöhung bedeutet oder ob es vielleicht zu einem Kompromiss kommt – etwa einer zusätzlichen Öffnung nur über Ostern -, wird sich in den kommenden Wochen zeigen.