Wird das deutsch-schweizerische Grenzgebiet zum „Atom-Klo“ Mitteleuropas? Unter diesem Stichwort hatten Kommunalpolitiker in der Region schon vor Jahren gegen ein Endlager Stimmung gemacht. Genützt hat es wenig. Mit Nördlich Lägern dürfte eines knapp hinter der Schweizer Grenze entstehen – und auf deutscher Seite kommt der Hegau bekanntlich auch in Frage.
„Es kann ja nicht sein, dass nur einen Steinwurf entfernt ein deutsches Endlager eingerichtet wird“, sagt der Konstanzer Alt-Landrat Frank Hämmerle. Allerdings hat er den Prozess lange genug begleitet, um zu wissen, dass dies kein Ausschlusskriterium ist.
Fakt ist: Allein der Umstand, dass Südbaden dies- und jenseits der Grenze doppelt belastet wäre, ist für die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), die in Deutschland mit der Suche beauftragt ist, längst kein Grund, vom Hegau Abstand zu nehmen. „Wir suchen den besten Standort für eine Million Jahre“, erklärt Unternehmenssprecherin Dagmar Dehmer gegenüber dem SÜDKURIER. Um das zu gewährleisten, müsse die Geologie Priorität haben.
„Wenn der Opalinuston das beste Material ist, dann wird er‘s.“Dagmar Dehmer, Sprecherin der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE)
Trotzdem sieht es derzeit gut aus für den Hegau: Das liegt zum einen an den starken Verwerfungen des Gesteins im Untergrund, zum anderen an der Erdbebengefahr, die in vielen Gebieten des Hegau über Stufe eins liegt.
Zwar geht die BGE nicht davon aus, dass die Hegau-Vulkane wieder aktiv werden könnten, aber man hätte durch die Freiburg–Bonndorf–Bodensee-Störungszone Schwierigkeiten, einen ausreichend großen Bereich zu finden, in dem der Opalinuston die strahlende Fracht sicher umschließen können.
Still und ruhig in der Schweiz, unruhig jenseits der Grenze
Deshalb wurde der Hegau in der aktuellen Phase der Standortauswahl als eher ungeeignetes Gebiet eingestuft. Ganz anders in dem von der Nagra (Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle) ausgewählten Gebiet „Nördlich Lägern“. In der Schweiz fließe die Opalinusschicht still und ruhig, so Dehmer.
Andreas Jung, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Konstanz, war selbst bei der Endlager-Suchkommission beteiligt. Für ihn ist klar: Das Sankt-Florians-Prinzip darf bei der Endlagersuche nicht gelten. „Niemand will ein Endlager.“ Entscheidend seien geologische, wissenschaftliche Kriterien. Diese sprächen allerdings nach derzeitigen Sachstand gegen den erdbebengefährdeten und stark zerklüfteten Hegau.
Und noch etwas führt Jung an: dass die potenzielle Gefahr, die von einem zweiten Endlager in der Nähe ausgeht, von den Experten mit bewertet werde. „Da sind wir mitten im Prozess.“

Auch für Rita Schwarzelühr-Sutter macht der Schweizer Vorentscheid keinen Unterschied für Deutschland. „Wir haben ein gesetzliches Verfahren beschlossen, die Schritte festgelegt – daran muss man sich halten“, so die SPD-Bundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Waldshut.
Aktiv werden will sie eher in Richtung Schweiz: „Da geht es um die Sicherheit von Mensch und Natur für eine Million Jahre.“ Da müsse ein Staatsvertrag her. „Wir sind jenseits der Grenze extrem davon betroffen.“