Kitas schließen früher, die Schule fällt aus und zu wenig Menschen wollen Alte und Kranke pflegen. Die Auswirkungen des Fachkräftemangels sind deutlich zu spüren. Und den gibt es nicht nur in unserer Region, sondern auch auf der anderen Seite der Grenze in der Schweiz.
Deutlich mehr ausgeschriebene Stellen als Arbeitslose
Dort gibt es fast dreimal so viele ausgeschriebene Stellen wie Arbeitssuchende. Selbst wenn alle Arbeitslose in der Schweiz die notwendigen Qualifikationen hätten, könnten nur wenig mehr als ein Drittel der Stellen besetzt werden.
Demografischer Wandel macht der Schweiz zu schaffen
Heute fehlen deutlich mehr Fachkräfte in der Schweiz als noch vor ein paar Jahren. Für Ralf Bopp von der Handelskammer Deutschland Schweiz liegt das an einer Kombination von zwei Faktoren. Zum ersten an der Altersverteilung. „Die demografische Entwicklung verläuft parallel zu der in Deutschland.“ Wie auch hierzulande gehen auch auf der anderen Seite der Grenze, die Baby-Boomer in den Ruhestand. Aus den jüngeren Generationen kommen aber nicht so viele Erwerbstätige nach. Die Stellen, die die neuen Rentner verlassen, können also nicht alle nachbesetzt werden.
Stabile Wirtschaft führt zu Fachkräftemangel
Zu der demografischen Entwicklung käme noch ein weiterer Grund. „Die Schweizer Wirtschaft ist im Konjunkturverlauf relativ stabil geblieben“, erklärt Bopp. Die Unternehmen haben immer weiter Gewinn gemacht und mussten nicht nur keine Mitarbeiter kündigen, sie konnten teilweise auch neue einstellen. „Die Arbeitslosigkeit ist immer weiter gesunken und liegt jetzt auf zwei Prozent. Der Schweizer Arbeitsmarkt ist an vielen Stellen ausgetrocknet.“
Die Arbeitslosenquote hat diesen Sommer das erste Mal nach über zehn Jahren die zwei Prozent-Marke unterschritten. Und auch im Winter, in dem es saisonbedingt meist mehr Arbeitslose gibt, lag die Quote 2022 bei um die zwei Prozent.
Der Fachkräftemangel betrifft eine Branche besonders: die Pflege
Das Unternehmen x28 sammelt Daten von ausgeschriebenen Stellen in der Schweiz. Diese Daten zeigen, welche Berufe besonders vom Fachkräftemangel betroffen sind:
Die Nachfrage nach Pflegefachkräften zieht sich durch alle Kantone. Bei anderen Berufen gibt es allerdings Unterschiede. Eine SÜDKURIER-Datenanalyse zeigt, dass in Zürich Software-Entwickler und Verkaufsberater auf Platz zwei und drei der meistangebotenen Jobs sind. Im Aargau und in St. Gallen folgt hinter der Pflegefachkraft der Elektromonteur. Auch Schreiner und Sanitärinstallateure sind in den grenznahen Kantonen besonders gefragt.
Als Deutscher in der Schweiz arbeiten?
Wer die vielen freie Stellen in der Schweiz sieht, könnte sich fragen: Sollte man jetzt zum Grenzgänger werden, in Deutschland wohnen und im Nachbarland arbeiten? Diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten. „Letzten Endes ist nicht nur der Beruf entscheidend, sondern auch alles darum herum“, gibt Bopp zu bedenken. Grenzgänger haben teils lange Pendelzeiten und teure Anfahrten.
Und wer gleich ganz in die Schweiz ziehen will, sollte bedenken, dass in der Schweiz zu leben oft teurer ist als in Deutschland. „Was man auf Lohnseite gewinnt, verliert man zu einem großen Teil bei den Lebenserhaltungskosten wieder“, so Bopp. Er weist auch auf weniger Urlaubstage und Zusatzleistungen in der Schweiz hin.