Prinz Harry und Herzogin Meghan sind weltweit in den Schlagzeilen – gut so. Gut jedenfalls für die Kunst.

Tatsächlich profitieren vom überbordenden Interesse am Klatsch aus dem britischen Königshaus nicht allein Boulevardmedien. Auch für die Kunstwelt sind die Ereignisse rund um den Buckingham Palace von Bedeutung.

Kaffeetassen ausverkauft

So dürfte die Nachricht, dass mit dem Rückzug des prominenten Paars aus der ersten Reihe der Royals auch sämtliche Souvenirs von der Hochzeit im Mai 2018 aus dem Angebot des „Royal Collection Shop“ verschwunden sind, bei manchen Restauratoren und Kuratoren für Verzückung sorgen: All die Kaffeetassen, Kannen und Teller, so heißt es, seien restlos ausverkauft.

Der „Royal Collection Shop“ ist so etwas wie der Museumsshop zum „Royal Collection Trust“. Was im Shop erwirtschaftet wird, landet in voller Höhe bei der 1993 gegründeten Stiftung. Und diese wiederum kommt für den Unterhalt der „Royal Collection“ auf. Bei der „Royal Collection“ schließlich handelt es sich um die Kunstsammlung des britischen Königshauses – mit einem Gesamtwert von rund zwölf Milliarden Euro eine der größten und bedeutendsten der Welt. Die dringend benötigte Restaurierung eines Barockgemäldes hängt auf diese Weise vom Verkauf einer schnöden Kaffeetasse ab.

Das könnte Sie auch interessieren

Nun mag mancher einwenden, so ein königlicher Besitz von Kunst sei doch an sich ein Unding und im 21. Jahrhundert gar nicht mehr zeitgemäß. Man stelle sich vor: Harry und Meghan, wie sie vor ihrem Umzug gen Kanada den Katalog der „Royal Collection“ nach geeigneten Bildern fürs neue Wohnzimmer durchblättern. An der Wand über dem Sofa, würde da nicht der Monet passen? Aber nicht zu nah am Kamin, wer weiß, ob das dem Gemälde so gut tut! Nein, so läuft das nicht.

Gehört zur „Royal Collection“: Rembrandt van Rijns Gemälde „Der Schiffbauer und seine Frau“ von 1633.
Gehört zur „Royal Collection“: Rembrandt van Rijns Gemälde „Der Schiffbauer und seine Frau“ von 1633. | Bild: Wikipedia

Denn die „Royal Collection“ gehört zwar zum britischen Königshaus, nicht aber zum königlichen Privatvermögen. Und selbst wenn sich die britische Queen eines Tages mit dem Gedanken tragen sollte, das eine oder andere Stück zu verkaufen: Sie darf es nicht. Die „Royal Collection“ ist nämlich von Gesetzes wegen unveräußerlich – übrigens ebenso wie die königliche Bibliothek sowie die Fotosammlung.

Das könnte Sie auch interessieren

Es verhält sich mit dieser Sammlung deshalb so ähnlich wie mit den Beständen von staatlichen Museen in Deutschland. Auch diese verdanken sich zwar der Sammelleidenschaft des Hochadels, befinden sich heute aber in staatlicher Hand. Damit ist garantiert, dass hochwertige Kunst nicht einfach verscherbelt oder gar misshandelt werden kann. Die Bürger haben nicht nur einen Anspruch auf eine sachkundige Pflege und Aufbewahrung ihres Kunstbesitzes. Sie dürfen ihn auch in regelmäßigen Abständen anschauen.

Canaletto malte „San Geremia und der Eingang zur Cannaregio“ um 1726-1730: Auch dieses Bild zählt zum königlichen Bestand.
Canaletto malte „San Geremia und der Eingang zur Cannaregio“ um 1726-1730: Auch dieses Bild zählt zum königlichen Bestand. | Bild: Wikipedia

Bei der Kunst im Besitz des britischen Königshauses verhält sich das nur geringfügig anders. Viele Bilder sind zwar tatsächlich für die britischen Bürger frei zugänglich. Der Buckingham Palace etwa unterhält eine eigene „Queen‘s Gallery“ mit ständigen Ausstellungen aus dem Sammlungsbestand. Einige Werke allerdings hängen in Räumlichkeiten, die sich dem öffentlichen Blick entziehen: Elizabeth II. darf ihre Kunstwerke zwar nicht verkaufen oder gar zerstören, sie darf aber manche Exponate exklusiv betrachten.

Das könnte Sie auch interessieren

Unterm Strich ist der königliche Besitz also eine für die Kunst höchst vorteilhafte Lösung. Mag sein, dass der Königin enorm viel Kunst gehört, die konstitutionelle Monarchie schränkt ihren Verfügungsspielraum aber extrem ein. Irgendwem müssen die Dinger ja gehören: Bis vor hundert Jahren waren das nun mal Kaiser und Könige, heute sind es stattdessen Oligarchen, Banken und Fonds. Aber ob der Geldadel unserer Tage besser mit Kunst umzugehen versteht, das scheint fraglich.

Jan Vermeers „Die Musikstunde“ entstand in den Jahren zwischen 1662 und 1665.
Jan Vermeers „Die Musikstunde“ entstand in den Jahren zwischen 1662 und 1665. | Bild: Wikipedia

Und was besitzt nun also das britische Königshaus? Im Internet unter der Adresse http://www.rct.uk sind sämtliche fast 270 000 Objekte zu sehen: Ein Selbstporträt von Rembrandt ist zum Beispiel darunter, ein Heiligenbildnis von Caravaggio, sagenhaft viele Skizzen von Leonardo da Vinci – zu fast allen gibt es eine fotografische Abbildung sowie Angaben zu Material und Größe.

Ansicht von Arbon

Sogar regionaler Bezug lässt sich erforschen. Unter „The Royal Collection Near You“ lässt sich die Landkarte nach geografischen Bezügen zu Stücken aus der Sammlung erkunden. Man findet: die Städte Biberach und Ravensburg, gezeichnet von Wenceslaus Hollar (1607-1677). Das Porträt eines Landgrafs mit Blick auf den Schwarzwald (anonymer Künstler im 18. Jahrhundert). Eine Ansicht der Stadt Arbon (Schweiz) mit dem Bodensee im Vordergrund, von Johann Ludwig Bleuer (1792-1850).

Das könnte Sie auch interessieren

Ob sich Prinz Harry manchmal mit solchen Suchspielen in der „Royal Collection“ die Zeit vertreibt? Und ob er dabei womöglich auf Johann Ludwig Bleulers Bodensee-Impressionen landet? Das nötige Interesse scheint zumindest vorhanden. Als er 2003 seine schulische Ausbildung abschloss, lauteten die Prüfungsfächer: Kunst und Geografie.