Tilmann P. Gangloff

Der eine ist reich, sitzt im Rollstuhl und ist auf Hilfe angewiesen, der andere ist vorbestraft und will den Job als Hilfskraft gar nicht: So begann „Ziemlich beste Freunde“ (2011). Das nächste Werk der beiden Franzosen Éric Toledano und Olivier Nakache, „Heute bin ich Samba“ (2014), eine Komödie über einen Pariser Einwanderer ohne Papiere, war ebenfalls nur vordergründig komisch.

Für das jüngste Werk des Duos gilt das nicht minder, und doch verströmt auch „Alles außer gewöhnlich“ eine enorme Lebensfreude.

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Diesmal erzählt das Duo die Geschichte des Pariser Vereins „La voix de justes“ (Die Stimme der Gerechten). Der Verein kümmert sich um verhaltensgestörte Jugendliche, die eine intensive Betreuung brauchen und deshalb in anderen Einrichtungen ruhiggestellt werden.

Ständig klingelt das Telefon

Der Leiter, Bruno (Vincent Cassel), ist Sozialarbeiter und dafür bekannt, immer eine Lösung zu finden, weshalb sein Telefon ständig klingelt; kein Wunder, dass er vor lauter Engagement kein Privatleben hat. Die Versuche seiner Freunde, ihn zu verkuppeln, sorgen für die amüsante Ebene des Films. Zweite Hauptfigur ist Malik (Reda Kateb), der sich eine ähnlich große Herausforderung aufgebürdet hat: Er bildet Jugendliche aus sozialen Brennpunkten zu Betreuern für Brunos Schützlinge aus. Zwar platzt den beiden Männern hin und wieder auch mal der Kragen, aber meist zeichnen sie sich durch eine Engelsgeduld aus.

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All das hätte ein erschütterndes Drama werden können: über Menschen „außerhalb der Norm“ (wie der Originaltitel lautet), die den reibungslosen Ablauf stören, sowie über Sozialarbeiter, die völlig überlastet sind und sich zudem mit den Behörden rumärgern müssen. Geschickt lassen Toledano und Nakache die sozialpolitischen Hintergründe einfließen, ohne den Handlungsfluss zu stören.

Vorzügliche Laien

Die herausragende Qualität des Films liegt jedoch in der Arbeit mit den Schauspielern: Die Darsteller der Jugendlichen sind ausnahmslos Laien, die ihre Sache aber vorzüglich machen. Einige rücken mehr und mehr in den Vordergrund, darunter der unzuverlässige Betreuer Dylan (Bryan Mialoundama), der eine enge Bindung zu dem Autisten Valentin (Marco Locatelli) entwickelt. Der Junge lebt komplett in einer eigenen Welt.

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In der mit Abstand dramatischsten Szene des Films geht Valentin verloren; die Sozialarbeiter entdecken ihn schließlich mitten im Verkehr auf einer vielspurigen Stadtautobahn. Die Handlung beruht ausnahmslos auf Tatsachen; kein Wunder, dass die Grenze zwischen Realität und Fiktion immer wieder verschwimmt.

Abspann:

Darsteller: Vincent Cassel, Reda Kateb

Länge: 115 Minuten

FSK: ab 5