Tilmann P. Gangloff

Vermutlich würde sich kaum noch jemand an den Schokoriegel Raider erinnern, wenn es nicht vor knapp dreißig Jahren eine clevere Werbekampagne gegeben hätte: „Raider heißt jetzt Twix; sonst ändert sich nix.“

„Haider heißt jetzt Dwigs“

In den Känguru-Geschichten von Marc-Uwe Kling gibt es einen unsympathischen Gegenspieler namens Dwigs. Die Figur ist dem österreichischen Rechtspopulisten Jörg Haider nachempfunden: „Haider heißt jetzt Dwigs“. Das Wortspiel verdeutlicht ziemlich gut, welcher Art der Humor in Klings 2009 erschienenen „Känguru-Chroniken“ ist.

Im Grunde sind die Geschichten unverfilmbar, denn sie bestehen im Wesentlichen aus geistreichen Dialogen sowie einer Vielzahl politischer und gesellschaftlicher Anspielungen. Gerade die ersten beiden Bücher sind dank ihrer Mischung aus Satire, Kabarett und Slapstick ein stellenweise furioser Schlagabtausch. Kling hat das Drehbuch zwar selbst geschrieben, aber natürlich musste er sich dabei an die Regeln eines kommerziellen Kinofilms halten: weniger Satire, mehr Slapstick.

Verblüffende Idee

Wie so oft wird der Film daher vor allem jenen gefallen, die das Buch nicht kennen, zumal die Kernidee ja verblüffend bleibt: Eines Tages steht ein Känguru vor der Kreuzberger Wohnungstür des tragisch erfolglosen Kleinkünstlers Marc-Uwe (ziemlich gut von Dimitrij Schaad verkörpert). Nachdem das von Kling gesprochene Beuteltier eingezogen ist, bricht in Marc-Uwes heiler Schluffi-Welt das Chaos aus.

Das immer wiederkehrende Muster der vielen Episoden ist letztlich ganz einfach: Das kommunistische Känguru provoziert ständig Ärger, den Marc-Uwe ausbaden muss. Als Baulöwe Dwigs (Henry Hübchen) mitten in Kreuzberg einen phallusartigen „Europa-Tower“ errichten will, mobilisiert die Zweier-WG den Widerstand.

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Der Film mäandert mitunter zwischen subversiver Komödie und Klamotte, hat aber viele witzige Momente und verblüfft mit einem teilweise beeindruckenden Aufwand. Das handwerkliche Niveau ist ohnehin hoch, Regie führte immerhin Dani Levy, unter anderem für „Alles auf Zucker!“ (auch mit Hübchen) mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet. Außerdem ist der Star richtig gut gelungen: Das Känguru ist zwar eine digitale Figur, aber verblüffend lebensecht. Der Humor schwingt zwar des Öfteren (und auch mal buchstäblich) den Vorschlaghammer, ist aber trotzdem nicht unsympathisch: Leidtragende sind neben Dwigs vor allem vier unterbelichtete Nazis.