Was war Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) nicht stolz auf ihr „Erfolgsprojekt“. 600 Millionen Euro teuer, groß, repräsentativ, unübersehbar in der Mitte Berlins, ein Meisterwerk der Wiederherstellungskunst historischer Bauten, dazu noch exakt im Kosten- und auch Zeitplan.

Gern kokettierte sie damit, dass es sich dabei eben um ein Vorhaben des Bundes handle und das Land Berlin nicht beteiligt sei. Nun die ernüchternde Nachricht, dass die für September 2019 geplante Eröffnung des Humboldt Forums, auch als Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses bekannt, nicht gehalten werden kann.

Von Fertigstellung kann zwar noch lange keine Rede sein – aber ein Arbeiter saugt schon mal den noch abgedeckten Boden des Foyers ...
Von Fertigstellung kann zwar noch lange keine Rede sein – aber ein Arbeiter saugt schon mal den noch abgedeckten Boden des Foyers des Humboldt Forums. | Bild: Gregor Fischer / dpa

In der Vergangenheit hatte man stets hämisch auf die wenig glückliche Rolle Berlins herabgeblickt, wenn es um Termintreue bei Vorhaben mit städtischer Beteiligung ging – hießen die nun Staatsoper oder Berliner Flughafen oder all die anderen unvollendeten Baustellen in der Hauptstadt. Im Vergleich dazu nimmt sich allerdings die neuerliche Verzögerung am Humboldt Forum noch harmlos aus.

Die Staatsoper musste ihre Wiedereröffnung um ganze drei Jahre hinausschieben und eine Kostensteigerung von 240 Millionen auf 440 Millionen verkraften. Von der mindestens neunjährigen Verspätung und den von zwei auf sieben Milliarden Euro explodierten Baukosten am Berliner Flughafen ganz zu schweigen.

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Auffällig ist, dass die jetzt vorgetragenen Begründungen für den Verzug beim Humboldt Forum Begriffe enthalten, die die Öffentlichkeit wortgleich schon aus der Flughafen-Debatte kennt.

Da ist von kleineren, aber in der Summe zahlreichen Sicherheitsmängeln die Rede, von ausstehenden Prüfungen an der Kälteleitung, verkehrt verlegten Leitungen oder auch Computerproblemen, die ein Bestehen der erforderlichen Stresstests unmöglich machten.

Schuld ist technisches Versagen

Dennoch verbittet sich Forum-Generalintendant Klaus Dorgerloh den Vergleich zum Problemflughafen BER: „Dass die Baustelle in der Zeit der Hochkonjunktur überhaupt noch so gut gelaufen ist und wir so lange im Zeit- und Kostenrahmen gewesen sind, das war ohnehin für viele ein Wunder.“ Schuld an der Verzögerung sei eine Mischung aus Umständen wie technischem Versagen und langen Lieferzeiten.

Doch es sind nicht allein technische Schwierigkeiten, mit denen die Betreiber des Humboldt Forums zu kämpfen haben. So wurde vorab schon bekannt, dass die dort geplante Elfenbein-Ausstellung ebenfalls erst frühestens Ende 2020 zustande kommen kann, weil Museen wie der Pariser Louvre, das New Yorker Museum Of Modern Art oder das Victoria And Albert Museum in London empfindliche Exponate nicht in ein Haus geben wollen, in dem die Klimaanlage noch nicht installiert ist.

Hans-Dieter Hegner, Vorstand Bau im Vorstand des Humboldt Forums im Berliner Schloss, und Petra Wesseler, Präsidentin des Bundesamts für ...
Hans-Dieter Hegner, Vorstand Bau im Vorstand des Humboldt Forums im Berliner Schloss, und Petra Wesseler, Präsidentin des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung, besichtigen die Haustechnik auf der Baustelle im neuen Berliner Stadtschloss. | Bild: Gregor Fischer / dpa

Einfach ausgedrückt: Mit der Eröffnung wird es deshalb nichts, weil das Haus noch nicht fertig ist. Dabei hatte man sich den Termin 14. September 2019 so fein ausgedacht: An diesem Tag wurde vor 250 Jahren der Naturforscher und Namensgeber Alexander von Humboldt in Berlin geboren. Nun muss das Fest auf der Baustelle stattfinden.

Überhaupt hat die Berliner Kultur derzeit wenig Anlass zum Feiern, was die Zukunft ihrer Bauten betrifft. In diesen Tagen sollte eigentlich der erste Spatenstich für das viel beachtete Museum der Moderne am Kulturforum der Basler Architekten Herzog & de Meuron erfolgen, doch eine Fülle von Änderungswünschen macht die Verschiebung auf November 2019 notwendig.

Und das Museum der Moderne?

Die Kosten werden dann rund 50 Millionen über den veranschlagten 200 Millionen Euro liegen, der Bundestag müsste erneut zustimmen. Mögliche Neuwahlen wären dem Zeitplan ebenfalls nicht förderlich.

Die Wiedereröffnung des Pergamonmuseums, das seit 2013 saniert wird dürfte sich bis 2023 hinziehen. Dass der Bund im vergangenen Jahr am Gropius Bau ein Grundstück für ein geplantes Filmhaus erworben hat, davon spricht in Berlin schon gar niemand mehr.

Vielleicht klappt‘s bei der Nationalgalerie

Da wirkt es schon wie ein trotziger Trost, dass die Wiedereröffnung von Mies van der Rohes Neuer Nationalgalerie nach fünfjähriger Sanierung wenigstens für 2020 geplant ist. Ohne Gewähr natürlich. Auch dort soll es ja Kabelstränge, Klimaanlagen, Computer und anderes elektronisches Teufelswerk geben.

Wenn dann irgendwann, vielleicht so gegen 2030, das Humboldt Forum eine spektakuläre Ausstellung nach der anderen präsentiert, wenn das Museum der Moderne die Londoner Tate Gallery alt aussehen lässt, wenn das Pergamonmuseum die Pracht der Antike dokumentiert, werden so viele Besucher aus aller Welt in die Hauptstadt kommen wollen, dass Berlin dringend einen leistungsfähigen Flughafen braucht …