Ein Mozart-Wochenende im Januar, das ist nun doch wirklich genau das Richtige, um dem tristen Frost etwas entgegenzuhalten. Bereits zum zweiten Mal hat die Südwestdeutsche Philharmonie dem Wiener Klassiker ein solches Wochenende gewidmet, jedem der drei Abende war ein Motto überstellt – „übermütig“, „ungetrübt“, „unheimlich“ – und dann stand auch noch ein Stück am Anfang, das so schön, so bekannt, so klischeebeladen ist, dass man es kurioserweise eigentlich kaum mehr hört: die „Kleine Nachtmusik“.

Im Saal des Inselhotels gruppieren sich die Musiker in Serenadenbesetzung um das Cembalo, Dirigent Philipp von Steinaecker betritt die Bühne und Mozarts hellste Klänge, das vielleicht bekannteste musikalische Motiv aller Zeiten (abgesehen von Beethovens Fünfter) wehen durch den Raum. Für Melodien und Sätze wie diese wird er so sehr geliebt wie kein anderer, dieser Wolfgang Amadeus Mozart. Denn Melodien und Sätze wie diese erschließen sich auch heute noch jedem, sind Türöffner für die Welt der klassischen Musik.

Keine leichte Aufgabe für ein Ensemble und einen Dirigenten, der in diesem Fall das übermütige Motto des Abends vollends verinnerlicht zu haben scheint. Von Steinaecker wirkt wie jene Fußballtrainer, bei denen man am Spielfeldrand stets das Gefühl hat, sie würden am liebsten auf den Platz rennen und das Tor selbst schießen. Er schwingt mit, atmet hörbar mit, er zeigt ganz genau, wie er die Phrasierung haben will, und ist in seiner sichtlichen Freude gleichzeitig sympathisch – und doch ein wenig überpräsent. Die Philharmoniker spielen jedenfalls mit diesem in der historischen Aufführungspraxis versierten Frontmann die „Nachtmusik“ im entsprechenden Duktus: transparent, sehr akzentuiert, sehr kontrastreich, weitgehend von Vibrato befreit und ziemlich rasch.

Und doch entwickelt der Abend je nach Sitzplatz im akustisch heiklen Saal des Inselhotels bisweilen eine klangliche Schärfe, die das Vergnügen ein wenig eintrübt. Das betrifft auch die Jubelarie „Exsultate, jubilate“ und das „Voi avete un cor fedele“. Beide treiben Sopranistin Katja Stuber durch schwindelerregende Koloraturen. Stuber verfügt über eine schöne, klare Mittellage, ist technisch im fast schon zirzensischen Tempo sehr versiert – und doch ist da mit dem Tutti im Hintergrund in der Spitze eine Schärfe durchhörbar, die den Stücken ein wenig die Leichtigkeit nimmt.

So recht springt der Funke nicht über. Da kommt es sehr zupass, dass von Stein-aecker von sich aus noch eine Zugabe anbietet: „Un moto di Gioia“ aus einer späten Figaro-Fassung kommt reizend, schlicht, mit großer Finesse über die Bühne. Da war sie wieder, diese frische, so schwer zu erreichende Mozartstimmung.

Zum Ausklang ein weiterer Schlager: Die „Prager Symphonie“, D-Dur, KV 504, ist gleichfalls eines jener Mozart’schen Wunderwerke, die die „Best of“-Liste im heimischen Plattenschrank anführen. Sie führt weg vom reinen Übermut, lässt auch jenen anderen Mozart durchscheinen, den düsteren, rätselhaften. Da kann sich einer wie Philipp von Steinaecker austoben, einer, der die Musik so sehr in jedem Detail gestalten will.

Er tut es auch hier mit großen Kontrasten, die sehr viel Schwung in das Ganze bringen: Forsch schreitet man durch die raschen Tempi, Pauken und Bläser setzen im transparenten Orchesterklang mächtige Akzente. Weniger wäre manchmal mehr gewesen. Andererseits: Ein bisschen Temperament kann nach vier Wochen unter null auch nicht schaden.

Die Reihe

„Wolfgang am See“ ist der Titel einer dreiteiligen Konzertreihe der Südwestdeutschen Philharmonie. Dabei will das Orchester seinem Publikum die unterschiedlichen Facetten der Musik Wolfgang Amadeus Mozarts näherbringen. Auch in Werken eines Genies wie Mozart nämlich, erklärt Intendant Beat Fehlmann, gebe es „nach mehrmaligem Hören immer noch neue und ungeahnte Dinge“ zu entdecken. Die drei Konzerte der Reihe finden alle im Festsaal des Inselhotels Konstanz statt. Begründet wurde „Wolfgang am See“ in der vergangenen Spielzeit. (brg)