Die Sonne blitzt durch die Tannen, ein Bauernhof ist von Nebelschwaden umhüllt. „Black Forest“ steht auf den Fotos der digitalen Hochglanz-Broschüre. Bunte Fachwerkhäuser aus dem Elsass treffen auf schneebedeckte Alpengipfel der Schweiz.

Eine Kampagne des Tourismusverbands, könnte man meinen, um noch mehr Urlauber ins Dreiländereck zu locken. Aber die Zielgruppe ist eine ganz andere: die internationale Filmszene. Deshalb sind die Texte auf Englisch, deshalb wird neben den attraktiven Locations auch mit der technischen Ausstattung der brandneuen, in Kirchzarten angesiedelten Black Forest Studios geworben.

Zwischen Eisdiele und Dreisambad

Bisher stand das 10.000-Einwohnerstädtchen im Speckgürtel von Freiburg nicht im Verdacht, den Duft der weiten Welt zu verströmen. Das Tourismusbüro wirbt mit einer Eisdiele in der Fußgängerzone und dem beheizten Dreisambad. Viel Luft nach oben für den Glamour-Faktor. Warum also internationale Filmstudios im idyllischen Dreisamtal? Um die Black Forest Studios zu finden, muss man den Wegweisern zum Kurhaus folgen. Der frisch asphaltierte Parkplatz ist beim Besuch noch leer.

Millionen investiert

Die neugestaltete dunkle Fassade des früheren Kurhauses sieht mit dem Schriftzug „Black Forest Studios Germany“ und einem Hirschgeweih als Markenzeichen schon relativ weltmännisch aus. Sebastian Weiland, der gemeinsam mit seiner Frau einen Millionenbetrag in die Studios investiert hat, empfängt den Reporter im neu gestalteten Coffeeshop, dem früheren Kurhaus-Restaurant.

Wo früher Kantinen-Charme herrschte, sorgt nun der Parkettboden mit den Backsteinwänden und den großen stählernen Lampenschirmen für Loft-Atmosphäre. Hier sollen sich Kreative treffen und bei regionalem Essen mit Blick auf den Schwarzwald Ideen entwickeln. „Diese Verbindung von der außergewöhnlichen Lage der Studios mitten in der Natur, der hochwertigen Einrichtung und dem neuesten technischen Standard ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal“, sagt Weiland.

Hier ist nichts mehr, wie es mal war: Diese Fassade hat nicht nur einen neuen Anstrich bekommen, sie wurde komplett modernisiert. ...
Hier ist nichts mehr, wie es mal war: Diese Fassade hat nicht nur einen neuen Anstrich bekommen, sie wurde komplett modernisiert. „Black Forest Studios Germany“ steht dort unter einem Hirschgeweih. | Bild: Black-Forest-Studios

Der Hausherr führt den Besucher in den früheren Kursaal, der zum Studio 1 mit 750 Quadratmetern Fläche wurde. Kameras oder Scheinwerfer sucht man vergebens. Das meiste Equipment wird von Weiland für die jeweilige Produktion angemietet, weil die Bedürfnisse der Filmcrews sehr unterschiedlich sind. Ein 360-Grad-Vorhang macht den Saal filmtauglich. Im Obergeschoss befinden sich fünf weitere, multifunktional nutzbare Studios mit 80 bis 200 Quadratmetern Fläche. Aus jedem Fenster schaut man auf grüne Hügel.

Garderoben, Büros, ein komplettes Tonstudio und Räume für die Nachbearbeitung der Filme sind im Untergeschoss und im Nebengebäude platziert. Eine 2500 Quadratmeter große Halle in der Nachbarschaft, die wegen Geschäftsaufgabe im Sommer plötzlich leer stand, wurde ebenfalls zum Studio umgebaut.

Der Parkettboden ist nur ein Teil der hochwertigen Ausstattung der Filmstudios.
Der Parkettboden ist nur ein Teil der hochwertigen Ausstattung der Filmstudios. | Bild: Black Forest Studios

Am Ende der Führung kommt Sebastian Wielands Ehefrau mit dem acht Monate alten Riley auf dem Arm dazu. Er ist das jüngste von sieben Kindern der beiden Freiburger, die sich schon seit der Grundschule kennen.

Die Betreiber Sebastian und Nina Gwyn Weiland mit ihrem 8 Monate alten Sohn Riley.
Die Betreiber Sebastian und Nina Gwyn Weiland mit ihrem 8 Monate alten Sohn Riley. | Bild: Georg Rudiger

Nach dem Abitur begann Sebastian Wieland als Beleuchter und Kameraassistent bei den Bavaria Filmstudios in München. Nina Gwyn (Jahrgang 1973) studierte Tanz und Schauspiel an der Musicalschule in Hamburg, ehe die beiden 1994 nach Los Angeles zogen, um am Columbia College in Hollywood Film zu studieren. „Das College hat abends stattgefunden – tagsüber haben wir bei Filmproduktionen mitgearbeitet und vor allem Werbefilme und Musikvideos gedreht“, sagt Nina Gwyn Weiland.

Noch in Los Angeles gründeten die beiden 1997 ihre erste Firma, kehrten aber für ihre Hochzeit im gleichen Jahr nach Freiburg zurück. Die Wohnung und ein Büro behielten sie in Los Angeles. Mit der 2010 gegründeten Kosmo Films GmbH produzierten sie aufwändige Werbefilme für die internationale Automobil- und Modebranche. „Wir konnten nie nachvollziehen, dass Filmregisseure abschätzig über Werbung reden. Uns hat das immer großen Spaß gemacht. Wir können uns da visuell voll ausleben“, so Nina Gwyn Weiland.

Wenn man in Kirchzarten, einer Gemeinde mit knapp 10 000 Einwohnern, den Wegweisern zum Kurhaus folgt, landet man hier – bei ...
Wenn man in Kirchzarten, einer Gemeinde mit knapp 10 000 Einwohnern, den Wegweisern zum Kurhaus folgt, landet man hier – bei den Black Forest Studios. | Bild: Black Forest Studios

Bei den Drehs im Schwarzwald und Dreiländereck zeigten sich ihre internationalen Kunden begeistert von der Gegend. „Für uns war die Arbeit allerdings immer äußerst mühsam, weil es hier gar keine ernstzunehmende Film-Infrastruktur gab.“ Allmählich entstand die Idee, diese Möglichkeiten in ihrer Heimat zu schaffen. Dafür zog die Familie 2017 nochmals nach Los Angeles, um das große Projekt vorzubereiten, mit den Studiobauern von Warner und Universal zu sprechen und einen 70-seitigen Businessplan zu erstellen.

Arbeit rund um die Uhr

Zurück in Deutschland begann die Suche nach einem geeigneten Standort. Dass beim Kurhaus Kirchzarten im Frühjahr der geplante Hotelinvestor absprang, wurde zum Glücksfall für die Freiburger. Sechs Monate haben sie rund um die Uhr gearbeitet, um mit ihrem 13-köpfigen Team startklar zu sein für die vielen Anfragen. Drei Kilometer Netzwerkkabel wurden verlegt, die letzten Büroräume gerade gestrichen. „Die Leuchtturmwirkung eines Studios dieser Ausmaße ist für die Filmschaffenden und die Filmszene der Region von großer Bedeutung“, betont Fabian Kiefer von der FWTM/Film Commission Freiburg.

Heiner Behring, Professor für Filmgestaltung und Medientheorie an der Fachhochschule Offenburg und selbst Produzent, sieht in den Studios einen wichtigen Beitrag zur Filmlandschaft in Baden-Württemberg. „Das Konzept der beiden, Manpower und Infrastruktur für Filmproduktionen zur Verfügung zu stellen, finde ich gut. Durch ihre guten Kontakte zu den USA können sie sicherlich auch bei dortigen Produktionsfirmen Interesse wecken. In diesen Studios kann man einiges auf die Beine stellen. Da tun sich wirklich Türen auf.“

Ministerin statt US-Firmen

Die geplanten Projekte mit US-Firmen müssen derzeit coronabedingt warten. Deshalb werden im Augenblick in Kirchzarten noch kleinere Brötchen gebacken – wie ein Livestreaming mit Landesbildungsministerin Susanne Eisenmann. Für die zweite Staffel der Netflix-Serie „Biohackers“ haben die Weilands gerade für eine Woche die Organisation an den Drehorten übernommen. Auch einige Musikvideos und ein Auto-Werbespot wurden schon in Kirchzarten und Umgebung gedreht.

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Vom Horrorfilm bis zur Arztserie reicht die Bandbreite der Projekte, die in den nächsten Monaten und Jahren in den Black Forest Studios realisiert werden. Neben Fremd- und Koproduktionen sind auch Eigenproduktionen geplant. Den Wechsel vom Werbespot zu Serie und Spielfilm traut Behring den beiden zu. „Sie haben viel Produktionserfahrung, und visuelles Denken ist natürlich auch die Grundlage im Werbefilm“, sagt der Filmprofessor, der auf eine Zusammenarbeit mit der Medienfakultät Offenburg hofft.

Sebastian Weiland ist gegenüber einer Kooperation aufgeschlossen: „Ich möchte hier auch jungen Filmemachern Raum geben.“ Das würde auch dem Studio zusätzliche künstlerische Impulse geben. Der Glamour-Faktor bleibt in Kirchzarten aber erst einmal überschaubar.

Infos auf http://www.blackforest-studios.com