Frau Stark, können Sie sich noch an Ihr erstes Mal auf der Bühne erinnern?
Oh, da muss ich ganz weit zurückdenken. Bei mir hat das ja alles ganz unbewusst angefangen mit der Musik. Als Kind habe ich zuerst Ballett getanzt, und da gab es natürlich immer mal Aufführungen. Ich muss echt überlegen, wie alt ich damals war … Fünf! Ich glaube, mit fünf stand ich zum ersten Mal auf der Bühne. Das war bestimmt niedlich. (lacht) Zu dem Zeitpunkt wusste ich natürlich noch überhaupt nicht, wohin die Reise geht.
Sie haben dann später erst mal eine Ausbildung zur Friseurin und Hairstylistin gemacht. Dass Sie die Musik zu Ihrem Beruf machen wollen, war also noch nicht immer klar?
Ich habe die Musik immer geliebt. Aber dass ich das mal beruflich mache, war nicht geplant. Ich habe früher unter der Woche ganz normal gearbeitet und hatte auch Spaß daran, mit Make-up und Stylings zu experimentieren. Am Wochenende war ich immer mit meinen Bands unterwegs. Ich habe alles mitgenommen, was geht. Dass ich jetzt mit der Musik mein Geld verdiene, hat sich irgendwann einfach ergeben.
Und wie?
Durch ein Schlager-Casting. Ich wusste damals nicht, dass es so etwas überhaupt gibt. Ich kannte nur Castingshows wie "Deutschland sucht den Superstar" aus dem Fernsehen, und da wollte ich nicht mitmachen. Und dann haben meine Freunde gesagt, ich solle doch zu diesem Casting gehen. Also bin ich dahin gegangen, und was soll ich sagen: Ich habe gewonnen! Das war alles überhaupt nicht geplant, das war Schicksal.
Wie ging es dann weiter?
Danach kam eins zum anderen. Ich hatte auf einmal ein Management, Songs von mir wurden im Radio gespielt. Das fand ich damals total gruselig (lacht) – wenn man sich selbst im Radio hört, nimmt man sich plötzlich ganz anders wahr. Meine Freunde haben mir gesagt, ich soll doch weitermachen, und irgendwann musste ich mich dann entscheiden. Damals wollte ich eigentlich für ein Jahr nach Australien gehen, um als Stylistin mit Models zusammenzuarbeiten und mich beruflich weiterzuentwickeln. Gleichzeitig kamen die ersten Erfolge mit der Musik, und ich wollte einfach wissen, wie viel ich als Sängerin erreichen kann – und dann habe ich mich mit Anfang 20 selbstständig gemacht.
Waren Sie schon immer Schlager-Fan?
Ja, total. Vor allem wegen der Texte – die versteht wirklich jeder. Wir haben als Familie früher immer alle zusammen Roy Black gehört oder Claudia Jung, das prägt einen. Ich hab' Schlager im Blut.
Und bei Ihnen zu Hause läuft auch nur Schlager?
Nein, ich höre alles querfeldein, weil: Ein guter Song ist ein guter Song. Ich war zum Beispiel ein großer Bewunderer von Avicii, er hat Mega-Songs gemacht. Ich mag aber auch andere deutschsprachige Sachen, Max Giesinger finde ich super, und Sarah Connor hat mit "Muttersprache" wirklich ein tolles Album gemacht. Für mich gibt es da fast keine Unterschiede mehr zwischen manchen Schlager-Pop-Songs, da sind wir wirklich sehr modern geworden, und wirklichen Pop-Künstlern.
Dass der Schlager inzwischen ein anderes Image hat als früher, macht es wahrscheinlich auch leichter, in der Branche anzukommen, oder?
Ich hab' selber gemerkt, dass der Schlager damals in einer großen Umbruchphase war. Heute darf man als Schlagersänger tätowiert sein, auch mal Songs singen, die keine positive Stimmung verbreiten. Ich finde Schlager toll, weil er mutiger geworden ist. Wir sehen ja auch, dass auch immer mehr junge Menschen sagen, sie finden Schlager cool. Diesen Satz höre ich so oft: "Ich mag eigentlich keinen Schlager, aber das Lied finde ich gut."
Im Moment sind Sie mit Beatrice Egli auf Tour. Kennen Sie sich gut?
Ja, und wir verstehen uns auch super, wir sind ein Herz und eine Seele. Beatrice ist eine unfassbar talentierte Frau – sie hat DSDS damals völlig zu Recht gewonnen. Auf Tour sind wir sofort alle eine große Familie geworden. Sie unterstützt mich, und ich fand es richtig toll, dass sie gesagt hat, sie nimmt mich mit auf Tour. Es ist eine Mega-Erfahrung für mich, ihr Vor-Act sein zu dürfen. Ich bin dafür wirklich danbkbar, dass ich ein Teil ihrer genialen Show sein darf. Es ist ein Geben und Nehmen.
Welche drei Eigenschaften schätzen Sie besonders an Beatrice Egli?
Sie sind gern unterwegs?
Absolut. Wenn nicht, dann würde ich irgendwas falsch machen. (lacht)
Aber Sie kommen auch gern nach Hause?
Ja, gerade hier an den Bodensee. Ich glaube, es gibt fast keinen schöneren Fleck Erde. Ich bin auch gerne mal in der Großstadt unterwegs, aber die Bodensee-Region hat so etwas Gemütliches, Heimisches. Die Menschen sind relaxter, hier rennen nicht immer alle wahnsinnig hektisch durch die Gegend. Und man kann hier super Gassi gehen! Wir haben ja auch zwei Hunde zu Hause.
Was verbindet Sie mit der Bodensee-Region und was mögen Sie hier speziell?
Wenn Sie auf Tour sind, kommen die Hunde dann mit?
Mein kleiner Johnny, ein Chihuahua, ist immer dabei. Der ist so quadratisch, praktisch, gut, wir sind ein Herz und eine Seele – er ist mein bester Kumpel auf vier Pfoten. Es tut mir auch gut, ihn dabei zu haben, weil ich dann immer mit ihm raus muss. Und dann haben wir noch Max. Der ist ein bisschen größer: Wenn der hochspringt, dann geht er mir wirklich bis zur Nase.
Was für eine Rasse ist Max?
Max ist ein Bearded Collie, er ist noch ein Welpe. Bei uns verschwinden gerade ständig Schuhe und Socken … Er bleibt zu Hause, wenn ich unterwegs bin. Dort ist auch immer jemand da, unser Haus ist wie eine riesige Wohngemeinschaft.
Ist Stockach für Sie inzwischen Heimat?
Ja, ich bin total angekommen. Wir sind jetzt seit fünf Jahren am Bodensee. Meine Familie kommt ja aus dem Norden – mehr Kilometer könnten gar nicht zwischen uns liegen. Und gerade dann ist es ganz wichtig, dass man ein richtiges Zuhause hat, und das ist für mich Stockach. Konstanz und Überlingen sind auch schön. (lacht)
Für Ihr Album "Rosenfeuer" haben Sie viel Zeit im Studio verbracht. Probieren Sie da eigentlich viel rum?
Ja und nein. Es gibt Songs, die schreiben sich innerhalb von zehn Minuten, weil man einfach sofort weiß, was man erzählen will. "Vati" zum Beispiel, ein Lied vom Album – darüber habe ich beim Schreiben gar nicht viel nachgedacht. Das war eigentlich auch nur ein Song für mich, den ich gar nicht veröffentlichen wollte. Er hat mir geholfen, den Tod meines Vaters zu verarbeiten. Im Nachhinein dachte ich dann aber, dass ich mit meinen Gefühlen ja nicht allein bin und dass es mit Sicherheit ganz viele Menschen da draußen gibt, die auch jemanden verloren haben und denen der Song vielleicht hilft.
Aber nicht jeder Song entsteht praktisch so von allein, oder?
Nein, an "Herz zurück" zum Beispiel habe ich lange gefeilt. Der ist im Studio während der Produktion entstanden, er hat da irgendwie so eine Dynamik bekommen, so eine Power kriegte. Er ist auch ganz Schlager-untypisch produziert, und von dem Song gab es tatsächlich mehrere Versionen. Wir haben da nächtelang rumgeschraubt und probiert, bis ich gesagt habe, jetzt finde ich es gut, jetzt hat der Song so einen Groove.
Sie und Ihr Lebensgefährte, der Sänger Matthias Reim, sind Sie im Studio ein eingespieltes Team oder gibt’s da auch mal Krach?
Man muss natürlich vorneweg sagen, das ich einen Heidenrespekt vor ihm habe. Wenn er Songs produziert, dann schaue ich immer ganz genau hin – denn ich kann da nur von ihm lernen. Das ist wie ein Studium, und ich bin unfassbar dankbar, dass ich das erleben darf. Natürlich sind wir, wenn wir im Studio zusammen arbeiten, dann nicht als Partner, sondern als Künstler und Produzent. Er sieht vieles anders als ich und umgekehrt, aber wir werden uns immer einig. (lacht) "Rosenfeuer" war mein Projekt, und da habe am Ende ich entschieden. Es ist auch überhaupt nicht so, dass er mich bevormunden würde, nur weil er mehr Erfahrung hat. Es ist einfach eine wunderschöne, gesunde Mischung aus seiner Erfahrung und meiner Naivität. Manchmal kann er da auch noch was lernen! Die Zusammenarbeit ist auf jeden Fall spannend.
Können Sie nach der Arbeit im Studio gut abschalten?
Wenn man mitten in der Produktionsphase ist, ist es manchmal wirklich schwer abzuschalten – vor allem, weil bei uns Wohnen und Arbeiten unter einem Dach ist. Da kann es passieren, dass wir einkaufen und ich darüber nachdenke, was ich kochen will, aber noch den Song im Kopf habe, an dem wir gerade im Studio arbeiten. Und während ich dann den Wagen durch den Laden schiebe, arbeite ich dann noch weiter an dem Song. Aber klar, irgendwann ist Feierabend, dann schauen wir zum Beispiel eine DVD oder gehen was trinken. Da muss man einfach konsequent sein.
Ist Matthias Reim eigentlich der Mann aus dem Lied "Der Mann aus meinem Traum"?
Er war definitiv die Inspiration für diesen Song, ja. Das Gefühl der Sehnsucht, das ich beschreibe, das ist genaus das, was ich mit ihm erlebt habe. Es war wichtig für mich als Künstlerin, aber auch als Mensch, mal in einen Song zu packen, wie sich das angefühlt hat und wie ich das empfunden habe.
Wäre es auch eine Option mit Ihrem Partner Matthias Reim ein musikalisches Duett aufzunehmen?
Euch trennen 32 Jahre als Paar. Ist das für Sie gar kein Problem im Alltag?
2018 war bislang ein spannendes Jahr für Sie.
Ich bin wahnsinnig glücklich darüber, wie dieses Jahr gelaufen ist. Vor allem bin ich stolz auf das Album, bei dem ich viele Songs mitgeschrieben habe. Das Album hat in Deutschland, Österreich und der Schweiz die Top 100 erreicht – das ist für einen Künstler wie ein Ritterschlag. Es hätte ja auch passieren können, das die Menschen meine Songs nicht hören wollen, sondern nur die, die Matthias schreibt. Davor hatte ich ein bisschen Respekt, das muss ich zugeben. Aber ich merke jetzt, dass ich nicht nur eine Sängerin, sondern auch eine Songwriterin bin, und das macht mich stolz.
Wie geht es für Sie weiter?
Natürlich würde ich mir wünschen, irgendwann mal auf eine eigene Tour zu gehen, vielleicht mit dem nächsten Album. Und das kommt auf jeden Fall! Aber 2019 geht's erst mal mit Fernseh-Auftritten weiter. Und dann schauen wir, wie sich das alles entwickelt. Es bleibt auf jeden Fall spannend.
Wie gehen Sie damit um, dass Ihr Partner Matthias Reim jetzt wieder vermehrt mit seiner Ex-Frau Michelle auf der Bühne steht, etwa mit dem Song „Nicht verdient“?
Ist Michelle auch ab und zu bei Ihnen privat zu Gast, sozusagen als große als Patchwork-Familie?
Fragen: Nicole Rieß und Tobias Kaiser
Zur Person
Christin Stark (29) stammt aus Mecklenburg-Vorpommern, zog jedoch später mit ihrer Familie nach Niedersachsen. Sie sang bereits als Schülerin in Bands, machte aber nach ihrem Abschluss zuerst eine Ausbildung zur Friseurin und Hairstylistin. 2010 gewann Stark einen Schlager-Wettbewerb, der ihre Karriere als Sängerin ins Rollen brachte. Sie ist mit dem Musiker Matthias Reim (61) liiert, das Paar lebt in Stockach. "Rosenfeuer" ist Starks drittes Studio-Album. (sk)