Seit Mitte Mai zeigt Sat.1 neue Folgen von „Lenßen hilft“, gedreht wird seit Februar und noch bis August, erzählt Ingo Lenßen am Telefon. Das Gespräch findet in seiner wohlverdienten Mittagspause statt. Aber das sei eine Ausnahme, versichert er. „Normalerweise sitze ich mit dem Team zusammen und wir essen was. Wir sprechen über Szenen oder wir reden über alltägliche Dinge, die nichts mit der Arbeit zu tun haben.“

Diese Arbeit nimmt im Moment einen großen Teil von Lenßens Zeit ein. „Normalerweise verlasse ich morgens gegen acht Uhr das Haus“, sagt er. Er wird dann zum angemieteten Set gebracht – jeden Tag ein anderes, das kann eine eine Wohnung sein, ein Beauty-Salon, eine Gärtnerei oder auch mal eine Autowerkstatt, „was der Fall eben verlangt“.

Dort und in der Umgebung entstehen drei bis fünf Szenen, erzählt Lenßen. Weitere zwei bis drei Szenen werden am und im Bus gedreht. Der Arbeitstag endet gewöhnlich nicht vor 19 Uhr – „und das an fünf Tagen die Woche“. An den Wochenenden bereitet er sich auf die Fälle der kommenden Woche vor. Einer pro Tag – „das ist eine irre Menge Text“, den er lernen muss. „Das kann ich nicht einfach aus dem Ärmel schütteln.“

Ingo Lenßen (links) arbeitet bei „Lenßen hilft“ mit den Anwälten Lennart Hartmann, Ex-Fußballprofi, und Lisa Cramer zusammen.
Ingo Lenßen (links) arbeitet bei „Lenßen hilft“ mit den Anwälten Lennart Hartmann, Ex-Fußballprofi, und Lisa Cramer zusammen. | Bild: Jens Kalaene/dpa

„Natürlich vermisse ich den See“, sagt Lenßen. Die Wochenende verbringt er, wann immer es möglich ist, daheim, zuletzt war er an Ostern länger als zwei Tage in Bodman-Ludwigshafen. Erst an Pfingsten wird das wieder so sein. Und was macht er so, wenn er zu Hause ist? Er trage schon mal den Müll raus, mähe den Rasen oder sauge das Auto aus.

„Aber ich sage ganz ehrlich: Ich komme am Freitag spätabends an, am Samstag frühstücke ich immer mit der Familie und dann versuchen wir natürlich, irgendetwas miteinander zu unternehmen.“ Manchmal geht er mit seinem Sohn auf den Golfplatz, manchmal geht er mit seiner Frau einen Kaffee trinken oder fährt mit ihr über den Bodanrück oder nach Überlingen. „Einfache Dinge, die Freude machen.“

Auch die Arbeit als Anwalt vermisst er. Was in seiner Kanzlei passiert, weiß der 64-Jährige jedoch ganz genau. „Ich telefoniere jeden Tag mehrfach mit den Kollegen. Bevor ich zum Set fahre, telefoniere ich mit dem Büro, in der Mittagspause telefoniere ich mit dem Büro, zwischen den Takes telefoniere ich mit dem Büro und abends manchmal auch“, erzählt er und lacht. Aber: „Selbst einen Fall zu übernehmen können, ist im Moment ausgeschlossen.“

Ingo Lenßen links in echt, rechts auf einem Bus, der durch Berlin fährt.
Ingo Lenßen links in echt, rechts auf einem Bus, der durch Berlin fährt. | Bild: Claudius Pflug/Sat.1

Die Atmosphäre am Set hat Lenßen mit der Zeit schätzen gelernt. „Wenn ich in meine Kanzlei gehe, begrüße ich meine Sekretärin nicht jeden Morgen mit Küsschen rechts, Küsschen links oder einer Umarmung. Aber am Set ist das üblich, dass jeder mit einer kurzen Umarmung begrüßt wird.“ Nur wer neu ist, bekomme erst einen Handschlag, aber spätestens am dritten Tag wird jeder in den Arm genommen. „Und jeder freut sich darüber“, versichert Lenßen.

„Wir sind ein wirklich sehr eng miteinander arbeitendes Team. Jeder weiß genau, wofür wir arbeiten – und das ist ,Lenßen hilft‘. Wir wollen jeden Tag etwas Innovatives auf die Beine stellen, wir wollen Menschen unterhalten. Und natürlich geht es auch um Arbeitsplätze. Wir arbeiten alle sehr vertrauensvoll zusammen.“

Die Themen gehen nicht aus

Wie erklärt er sich den Erfolg von „Lenßen hilft“? Es sei die Mischung aus einem spannend erzählten Rechtsfall und der Hilfestellung. „Wir erzählen alltägliche Geschichten, die viele Menschen betreffen. Und alle Fälle werden gelöst. Das zeigt, dass alles ein gutes Ende haben kann – und es macht Hoffnung zu sehen, dass sich Menschen für andere Menschen einsetzen und Stellung beziehen.“

Die Themen, davon ist er überzeugt, werden dem Format nicht ausgehen. Und: „Jeder Fall ist anders, weil wir es mit Menschen zu tun haben. Und jeder Mensch ist anders und empfindet anders.“ Er erlaube sich „den Luxus, dass ich auch als Anwalt Emotionen an mich herankommen lasse – weil ich glaube, dass ich dadurch dem Menschen, der vor mir sitzt, besser gerecht werde. Wichtig ist aber, die professionelle Handlungsweise beizubehalten.“

Vor der Kamera: Seit 2003 ist Ingo Lenßen im Fernsehen zu sehen.
Vor der Kamera: Seit 2003 ist Ingo Lenßen im Fernsehen zu sehen. | Bild: Grassl/Sat.1

Als Anwalt ist Lenßen auch im Internet aktiv. Auf seiner Homepage kann man sich Rechtsfragen beantworten lassen – bald von einem Lenßen-Avatar. Sein digitaler Zwilling ist eine von Spezialisten entwickelte Künstliche Intelligenz. Hat er keine Bedenken? „Ich bin ein Optimist und sehe immer erst mal das Gute. Und das ist, dass wir durch KI ein Grundverständnis von Recht mit Unterhaltung verbinden können.“

Was wird die KI bringen?

Allerdings weiß Lenßen auch um die negative Seite der KI – „wenn man sich damit beschäftigt, kann man wirklich skeptisch werden. Zum Beispiel wenn ich den Avatar trainiere, seine Stimme höre und er dann genau wie ich klingt. Das ist schon heftig. Wer weiß, vielleicht wird die Zeit kommen, in der ich von einem Avatar gespielt werde und nicht mehr im Fernsehen gebraucht werde?“

Wenn er sich vorstelle, dass jemand einen Anruf von einer KI bekommt, die klingt wie er und um einen Kredit bittet, werde ihm angst und bange. Ähnliches ist auf Social Media schon passiert. Jemand hat sich dort als Ingo Lenßen ausgegeben und Fans um Geld gebeten. „Eine ältere Dame hat tatsächlich Geld überweisen“, erzählt Lenßen. „Ihre Tochter hat sich in meinem Büro gemeldet, ich habe dann mit der Frau telefoniert und konnte sie davon abbringen, noch mehr zu überweisen. Aber das zeigt, wie perfide diese Betrugsmasche ist.“