Hallo Herr Raab,

sollen wir mal über Einschaltquoten reden? Ihre Sendung „Chefsache ESC 2025 – live aus Basel“ bei RTL wollten am 14. Mai gerade mal 0,73 Millionen Leute sehen. Das ist, Sie werden mir zustimmen, nicht viel. Und so schlecht, wie die Zahl es vermuten lässt, war die Sendung gar nicht mal – nein, sie hatte sogar richtig gute Momente.

Ich habe mich, ganz ehrlich, hin und wieder sogar beim Lachen erwischt. Das war dann wie früher, als einfach alles gut wurde, was Sie angepackt haben. Aber das war eben früher, und heute ist das, was Sie machen, manchmal einfach cringe. Sie wissen schon: zum Fremdschämen.

Zu jung für Alten, zu alt für die Jungen

Ich vermute, es geht vielen Fernsehzuschauern so, die Sie bei RTL bisher nicht überzeugen konnten. Die von früher haben sich weiterentwickelt, die wollen keine aufgewärmten Späße aus den 1990er- oder 2000er-Jahren sehen. Und die jungen Leute finden eh (fast) jeden peinlich, der wie Sie die 50 überschritten hat.

Ihr neuer Haussender RTL hat deshalb jetzt quasi die Notbremse gezogen, für „Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab“ ist erst einmal Schluss. Zumindest in der bisherigen Form, dieser Mix aus Quiz, Game-Show, Stand-up und Comedy – nichts Halbes und nichts Ganzes. Für Herbst ist ein Neustart angekündigt, bis dahin wolle man „viel ausprobieren und weiter dazu lernen“, heißt es bei RTL. Und nun, Herr Raab?

Stefan Raab 2002 bei „TV total“ (ProSieben) – zu der Zeit galt er als einer der erfolgreichsten Entertainer Deutschlands.
Stefan Raab 2002 bei „TV total“ (ProSieben) – zu der Zeit galt er als einer der erfolgreichsten Entertainer Deutschlands. | Bild: Jörg Carstensen/dpa

Vom Fünf-Jahres-Exklusivvertrag ist ja noch einiges übrig. Wer Ihre Karriere ein wenig verfolgt hat, weiß, dass Sie ein Mensch sind, der sich richtig festbeißen kann. Der Ideen ohne Ende hat und nicht locker lässt, wenn er von etwas überzeugt ist. Man könnte vielleicht sagen: Sie sind überehrgeizig. Das ist vermutlich nicht nur der Grund dafür, dass Sie nach knapp zehn Jahren Vorruhestand doch wieder vor der Kamera stehen, sondern auch dafür, dass Sie erneut beim Eurovision Song Contest (ESC) mitmischen.

Sie wissen, dass Sie es können, das haben Sie schließlich ein paarmal bewiesen. Sie waren an einigen deutschen Top-Ten-Platzierungen beteiligt, von Lenas Sieg 2010 will ich gar nicht erst anfangen. Warum also sollte es 2025 nicht wieder klappen mit vielen Punkten für Deutschland? Gut, das Comeback als Fernseh-Entertainer war bislang eher enttäuschend, erst recht, wenn man Ihre eigenen Maßstäbe zugrunde legt. Aber das muss ja nicht heißen, dass es beim ESC auch so läuft. Im Gegenteil: Jetzt erst recht, oder?

Das könnte Sie auch interessieren

Wie viele Punkte der deutsche Beitrag in Basel erhält, liegt nicht in Ihrer Hand, aber klar, Sie wollen als Sieger aus der St. Jakobshalle gehen – ach, wär das schön. Bei Ihren Ambitionen (“Wenn man nicht gewinnen will, braucht man nicht hinfahren!“) ist die Fallhöhe leider enorm.

Vor etwas mehr als einem Jahr habe ich Ihnen schon mal einen Brief geschrieben, damals hatten Sie Ihr überraschendes Comeback angekündigt. Ich kann nur wiederholen: Vermisst hatte ich Sie nicht, aber es ist schön, dass Sie wieder da sind. Es braucht Leute, die Dinge anpacken und durchziehen – und die nicht aufgeben, bloß weil der Weg nicht gerade ist. Deshalb: Machen Sie bitte weiter!