Herr Herbig, das ungewöhnliche Motto Ihrer sechsteiligen Comedy-Show lautet „Wer lacht, fliegt raus“. Hat der Zuschauer trotzdem was zu lachen?

Unbedingt, was einfach mit den unfassbaren Comedy-Talenten zu tun hat, die sich da tummeln. Wenn Comedy-Granaten wie zum Beispiel Anke Engelke, Kurt Krömer, Carolin Kebekus oder Max Giermann loslegen und die anderen dürfen auf keinen Fall darüber lachen, ist das alleine schon zum Brüllen. Jeder hat doch schon mal Situationen erlebt, in denen man sich das Lachen verkneifen musste, in der Schule, in der Kirche oder sonstwo – wenn man nicht lachen darf, ist der Reiz, genau das zu tun, bekanntermaßen umso größer.

Der Reiz für den Zuschauer besteht also darin, gestandene Humor-Profis dabei zu beobachten, wie sie sich das Lachen verkneifen …

Genau, und das ist kaum noch zu toppen. Es ist auf der einen Seite unheimlich lustig, mitanzusehen, was die Kollegen so abliefern, aber fast noch lustiger ist, wie die anderen gegen den Reflex, lauthals loszulachen, ankämpfen. Da schaut die eine angestrengt weg, da verkrampft sich beim anderen die Mimik, Teddy Teclebrhan hat sich immer wieder mit der geballten Faust auf den Oberschenkel geschlagen, um ein Lachen zu verhindern. Ich habe mich in meinem Kontrollraum, von dem aus ich alles beobachten durfte, weggeschmissen. Das Ganze ging ja über sechs Stunden, und ich habe schon nach fünf Minuten gedacht, das würde ich nicht überleben.

Es gibt ja nichts Schlimmeres für einen Komiker, als wenn nicht gelacht wird. Haben Sie das in Ihrer langen Karriere mal erlebt?

Natürlich, und das ist ein ganz furchtbares Gefühl. Wir haben ja früher auch Live-Sketche in der TV-Show „bullyparade“ vor Publikum aufgezeichnet, und da kam es schon mal vor, dass eine Pointe nicht wie geplant gezündet hat. Aber weil wir immer viele Fans im Studio hatten, wurde meist auch bei den schlechten Gags freundlich gelacht. (lacht) Für einen Comedian ist es ein Albtraum, wenn nicht gelacht wird. Vor allem, wenn man selber denkt: Warum lachen die nicht, das war doch ‚ne spitzenmäßige Pointe.

Wie geht man damit um?

Ganz schnell zum nächsten Gag. Es gibt übrigens auch die gegenteilige Erfahrung: Du bringst einen Gag, von dem du gar nicht so überzeugt bist, und alle schmeißen sich weg. Diese Erfahrung habe ich schon das ein oder andere Mal gemacht, wenn ich mich ins Kino geschlichen habe, um die Reaktion der Zuschauer auf meine Filme zu beobachten. Da wurde hin und wieder auch an Stellen losgebrüllt, die ich gar nicht so gelungen fand – und bei meinen Favoriten kam nur verhaltenes Gekicher. Das kann übrigens auch von Publikum zu Publikum regional verschieden sein.

In der Show spürt man auch etwas von der Irritation der Comedians, wenn bei ihrem Auftritt nicht gelacht wird, obwohl das ja zum Spiel gehört.

Auch weil plötzlich das Timing nicht mehr stimmt. Du berechnest bei einer Nummer die Lachpausen intuitiv mit ein, und wenn in diesen paar Sekunden überhaupt nichts passiert, ist das erst mal komplett irritierend. Damit muss man erst mal umgehen.

Die Stars der dritten Staffel von „LOL – Last One Laughing“ (von links): Axel Stein, Palina Rojinski, Christoph Maria ...
Die Stars der dritten Staffel von „LOL – Last One Laughing“ (von links): Axel Stein, Palina Rojinski, Christoph Maria Herbst, Carolin Kebekus, Michael „Bully“ Herbig, Mirco Nontschew, Abdelkarim, Hazel Brugger, Anke Engelke, Michelle Hunziker und Olaf Schubert. | Bild: Frank Zauritz/Prime Video/dpa

Wer von den Kollegen hat Sie am meisten überrascht?

Ich war von Teddy Teclebrhan unheimlich überrascht. Wir haben vor der Aufzeichnung jedem gesagt, man sollte so drei, vier Nummern im Gepäck haben. Bereitet einfach was vor, was euch gefällt. Ich hatte den Eindruck, Teddy hat kaum etwas vorbereitet, der ist einfach reingegangen und hat sich gesagt: Okay, ich improvisiere mich da durch. Dabei ist eine Form von Anarchie entstanden, die ich mir erhofft hatte, und die meine Erwartungen weit übertroffen hat. Das war einfach toll. Wir hatten einfach alles am Start: vom Wortwitz eines Torsten Sträter bis zum Slapstick von Mirco Nontschew.

Was finden Sie denn persönlich lustiger – intellektuellen Wortwitz oder körperbetonte Komik aus dem Instinkt heraus?

Kann ich gar nicht so genau sagen, ich bin prinzipiell allem gegenüber sehr offen. Hauptsache lustig, würde ich sagen. Wenn der Impuls zu lachen ausgelöst wird, ist doch alles gut.

Und was mögen Sie gar nicht?

Wenn es übertrieben zynisch wird oder gemein, wenn Menschen beleidigt werden. Dann kann ich einfach nicht so befreit auflachen. Wobei mir schon klar ist, dass jeder diese Schmerzgrenze für sich anders definiert – was der eine noch lustig findet, geht beim anderen gar nicht. Die sogenannte Gürtellinie trägt der eine oben am Hals und der andere hat sie am Knöchel. Wenn ich mir zum Beispiel die japanische Version unserer Serie so angucke …

Was machen die japanischen Kollegen denn anders?

Die sind ungemein brachial: Da wird geschrien, die ziehen auch mal blank und schrecken sogar vor leichten Schlägen nicht zurück. (lacht) So wollten wir es jedenfalls nicht haben: Unsere Sendung ist absolut familientauglich, da kann ein Zehnjähriger genauso drüber lachen wie ein 90-Jähriger.

„LOL“ ist nach längerer Zeit Ihre erste Arbeit fürs Fernsehen. Warum haben Sie so lange pausiert?

In erster Linie, weil ich mit meinen Kino-Projekten beschäftigt war. Wobei ich zugeben muss, dass mir auch die zündende Idee für eine Fernseh-Show fehlte. Ich freue mich sehr, dass wir diese Show mit dem Streaminganbieter Amazon realisieren konnten, ich hätte sie aber auch im klassischen Fernsehen gemacht, wenn sich das angeboten hätte.