Ein Clownskopf löst Carmens Hand auf der Bregenzer Seebühne ab. 13,5 Meter hoch und bis zu 11,3 Meter breit ist er. Er ist das neue Wahrzeichen der Festspiele, die in diesem und dem nächsten Sommer Giuseppe Verdis „Rigoletto“ zeigen. Der Kopf ist an einem riesigen Kran-Arm befestigt, der weit über die Hinterbühne ragt. Die massive Stahlkonstruktion mit allerlei hydraulischen Vorrichtungen ermöglicht Bewegungen.
Der Kopf soll sich drehen und neigen können, Augen und Mund werden sich öffnen – und irgendwie kann man sich vorstellen, dass das bis dahin freundliche Gesicht dann vielleicht etwas von einem Gruselclown bekommt. Wie genau es werden wird, kann man am 17. Juli erfahren, wenn „Rigoletto“ Premiere hat. Danach wird die Oper bis zum 18. August täglich außer montags gespielt.
Verdi – der Popmusiker
„Wir wollten die Kraftfelder an Emotionen aus der Oper ins Monumentale hochziehen, sodass ein filmischer Effekt entsteht, ohne aber das ausgelutschte Mittel des Films zu bemühen“, erklärte der Bühnenbildner und Regisseur Philipp Stölzl.
Ihn treibt nach eigener Aussage die Liebe zur Pop-Kultur an. Und Verdi, sagt er, sei der Popmusiker unter den Opernkomponisten. Stölzl hat Musik-Videos für Rammstein, Madonna und die Toten Hosen gedreht, aber auch Spielfilme wie „Nordwand“, „Goethe“ und „Der Medicus“. Auch die Opernbühne ist ihm nicht fremd.
Stölzl will den „Rigoletto“ kontrastreich zwischen Spektakel und intimem Kammerspiel anlegen. Er findet die Oper wegen der populären Musik (Die Melodie von „La donna è mobile“ wurde schon vielfach in Werbespots verwendet) ideal für einen erlebnisreichen Sommerabend am See. Zugleich aber sei es „eine Geschichte, die auch etwas sagen will“. Der „Rigoletto“ sei das passende Stück zur MeToo-Debatte, weil es hier auch um Machtmissbrauch und ungewollten Sex gehe.
Die Männer sind zurück
Die Bregenzer Festspiele bestehen nicht alleine aus dem Spiel auf dem See. Mehr als 80 Veranstaltungen stehen während des Sommers auf dem Spielplan. Und nach den Frauen im vergangenen Sommer bestreiten nun wieder die Männer die Titelrollen der wesentlichen Werke. Diese Männer seien, näher betrachtet, allesamt Narren, erläutert Festspielintendantin Elisabeth Sobotka.
Auf den Narren Rigoletto folgt Don Quijote, für Sobotka der „Prototyp des Theaterschaffens“. Er liest so viele Ritterromane, dass er irgendwann Dichtung und Wahrheit nicht mehr auseinanderhalten kann und sich selbst für einen Ritter hält. Als solcher erlebt er auch in Jules Massenets Oper „Don Quichotte“ allerlei Abenteuer. Das Stück wird in Bregenz als Oper im Festspielhaus gezeigt.
Cervantes-Klassiker: Don Quijote
Zwei Tage später zeigt das Deutsche Theater Berlin den Cervantes-Klassiker „Don Quijote“ in einer Bühnenfassung. Niemand Geringeres als Jan Bosse führt Regie. Und auf der Bühne stehen mit Ulrich Matthes und Wolfram Koch zwei renommierte Schauspieler.
Noch stärker als in vorangegangenen Jahren zeigt sich das Programm für 2019 thematisch wie aus einem Guss. Auch im Konzertprogramm geht es um Don Quijote: Das Symphonieorchester Vorarlberg widmet dem „Ritter von der traurigen Gestalt“ seine traditionelle Konzertmatinee. Rund um die Geschichte von Don Quijote stehen Werke von Maurice Ravel, Jacques Ibert und Richard Strauss auf dem Programm.
Zu den Figuren Rigoletto und Don Quijote gesellt sich eine dritte Figur: Eugen Onegin. Für Sobotka ist im Grunde auch er ein Narr. Die schöne Tatjana, die ihn liebt, weist er zurück. Als er sie Jahre später wiedersieht, ist es zu spät: Sie hat den Fürsten geheiratet und geht auf seine Liebesbeteuerungen nicht mehr ein. Tschaikowskys Oper wird im Opernstudio erarbeitet, das seinerseits sein 5-jähriges Bestehen feiert.
Schnitzlers „Reigen“ als Oper
Spannend wird es auch auf der Werkstattbühne. Dort ist als österreichische Erstaufführung Bernhard Langs „Reigen“ zu sehen. Das Musiktheater nach Arthur Schnitzler wurde 2014 bei den Schwetzinger Festspielen uraufgeführt. Man darf gespannt sein, wie Regisseurin Alexandra Liedtke das frivole Stück auf die Bühne bringen wird. Denselben Stoff verarbeitet auch die Tiroler Musicbanda Franui unter dem Titel „Arthur Schnitzler. Reigen“ zu einem Konzert mit Drama. Franui begleitet die Lesung sämtlicher Rollen durch die Schauspieler Sven-Eric Bechtolf und Regina Fritsch mit Prater-Karussellmusik, Belcanto und böhmischen Weisen.
Zum Festspielfinale gibt es noch eine Koproduktion mit den Donaueschinger Musiktagen: Der französische Multimedia-Künstler François Sarhan realisiert mit „Wunderwandelwelt“ eine musiktheatrale Installation an zwei Abenden auf der Werkstattbühne. Es gibt viel zu entdecken in diesem Bregenzer Jahrgang.
Bregenzer Festspiele: 17. Juli bis 18. August 2019. Infos und Tickets:
http://www.bregenzerfestspiele.com