Bern – 140 Tage: So schnell will die Schweiz ab 1. März die meisten Asylverfahren abschließen. Ab März gilt das neue Asylgesetz bei den Eidgenossen. Der Kern: Wer Recht auf Asyl hat, soll dies schnell bekommen. Wer kein Recht darauf hat, muss die Schweiz wieder verlassen – und das zügig. Etwa 60 Prozent aller Asylgesuche sollen künftig innerhalb der neuen Frist rechtskräftig entschieden und abgewiesene Asylsuchende direkt zurückgeführt werden.
Das neue Konzept fußt auf Dezentralisierung: Alle zuständigen Behörden sollen unter einem Dach sitzen, die Asylsuchenden sich dort aufhalten, wo die Entscheidungen gefällt werden. Derzeit gibt es solche Bundesasylzentren in Boundry, Basel, Bern Zürich, Altstätten und Balerna Novazzano.
Bis zu vier Bundesasylzentren sollen in den sechs Regionen mit insgesamt 5000 Unterbringungsplätze geschaffen werden. Derzeit sind nach Angaben des zuständigen Staatssekretariats für Migration (SEM) etwa 80 Prozent der Kapazitäten erreicht, 16 der 18 Standorte seien demnach bestätigt.
Dublin-Prüfung zuerst
In den Zentren werden die Asylsuchenden registriert, Fingerabdrücke werden genommen und die Pässe eingezogen. Außerdem bekommen sie von Anfang an einen Rechtsbeistand, der sie durch das Verfahren begleitet.
Das SEM prüft zunächst, ob der Asylsuchende in einem anderen Staat des Dublin-Abkommens Asyl beantragt hat. Die Schweiz ist zwar kein EU-Mitglied, hat sich aber als Mitglied des Schengenraums am Dublin-Verfahren beteiligt. Dieses sieht vor, dass der Staat für das Asylverfahren zuständig ist, über den der Antragsteller in die EU gelangt ist.
Erst nach dieser Prüfung und sofern kein anderer Staat zuständig ist, wird der Asylsuchende in der Schweiz angehört. Acht Tage nach der Anhörung soll dem beschleunigten Verfahren nach bereits eine Entscheidung fallen.
Bei schwierigen Fällen, in denen die Prüfung schwieriger ist, greift das sogenannte erweiterte Verfahren, das bis zu einem Jahr dauern kann. Nur dann werden Asylsuchende bei noch laufender Prüfung in kantonale Zentren gebracht. Dies betrifft etwa 40 Prozent der Fälle.
In allen anderen Fällen gilt: Erst nach dem Entscheid wird der Asylsuchende bei einer Bewilligung von Asyl oder temporärem Schutz einem Kanton zugewiesen, bis dahin müssen sie sich in den Bundesasylzentren aufhalten.
Geregelter Ausgang
Diese dürfen zwar zu geregelten Zeiten verlassen werden, müssen aber abends zurückkehren. Ist ein negativer Bescheid absehbar, häufen sich allerdings sogenannte unkontrollierte Abreisen. Denn bei einem negativen Bescheid droht die Abschiebung, sofern die Rückkehr zumutbar ist und "keine Gefahr für Leib und Leben" darstellt.
Dennoch zog die Schweiz eine positive Bilanz aus dem Pilotprojekten. Im Vergleich mit dem früheren System konnte die Verfahrensdauer um ein Drittel verkürzt werden, die Zahl der Beschwerden, die eine rechtliche Prüfung nach sich ziehen, sei ebenfalls um ein Drittel reduziert worden und drei Mal mehr Schutzsuchende hätten das Land freiwillig verlassen und seien in ihre Heimat zurückgekehrt.
Bundesasylzentrum
Die Schweiz eröffnet heute mehrere neue Bundesasylzentren. Einige mit, einige ohne Verfahrensfunktion. So funktionieren sie:
- In Bundesasylzentren ohne Verfahrensfunktion halten sich überwiegend Personen auf, deren Asylverfahren unter das Dublin-Abkommen fallen oder deren Asylgesuche abgelehnt wurden. Dort bleiben sie bis zur Abschiebung und werden nicht mehr wie bisher in die kantonalen Asylzentren gebracht.
- In Bundesasylzentren mit Verfahrensfunktion werden Asylgesuche eingereicht, geprüft und entschieden. Alle dazu notwendigen Akteure befinden sich nach Möglichkeit unter einem Dach. Die Gesuchstellenden bleiben für die Dauer ihres Verfahrens in diesen Zentren und werden nicht mehr an die Kantone überwiesen.
- In besonderen Zentren werden Asylsuchende untergebracht, die die "öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gefährden" oder den "Betrieb der normalen Bundesasylzentren durch sein Verhalten stört". Überregional sind zwei solcher Zentren für je etwa 60 Personen vorgesehen. (mim)