Frau Eisenmann, derzeit gibt es aus dem Kultusministerium eine Empfehlung an die Schulleitungen, wie mit klima-streikenden Schülern umzugehen ist. Es häufen sich aber die Berichte, dass dies sehr unterschiedlich gehandhabt wird. Wie lange werden Sie das so laufen lassen, wenn die Streiks anhalten?

Ich will engagierte Schülerinnen und Schüler. Deshalb habe ich die Schulen gebeten, das Thema Klimaschutz im Unterricht zu behandeln. Aber die Demonstrationen müssen nicht während der Schulzeit sein. Wer Klimaschutz ernst meint, kann das auch außerhalb der Schulzeit machen. Wir müssen hier zu Maß und Mitte zurückfinden. Deshalb muss auch der geschwänzte Unterricht nachgeholt werden. Ich habe die Lehrerinnen und Lehrer gebeten, das pädagogisch sinnvoll zu machen – und das tun sie ja auch. Wir verhängen keine Bußgelder. Aber es kann nicht auf Dauer gehen, dass wir Unterricht ausfallen lassen für den Klimaschutz.

Warum halten Sie sich da weitgehend heraus?

Ich sehe nicht, dass ich mich aus der Debatte oder dem Thema heraushalte. Im Gegenteil: Ich habe die Schulen aktiv dazu ermuntert, das Thema aufzugreifen, um den Schülern damit zu zeigen, dass wir ihr Engagement ernst nehmen und es etwas bewirkt. Auf das Schreiben erhalten wir übrigens viele positive Rückmeldungen, auch von Lehrern, die diese Anregung aufgreifen und mit ihren Schülern Antworten zu Fridays for Future gefunden haben. Wie zum Beispiel das Gymnasium in Mengen. Dort hat der Ethikkurs mit seiner Lehrerin eine Aktion zum Thema Klimafasten gemacht, also zur Frage, wie jeder Einzelne von uns zum Klimaschutz beitragen kann.

Ist es gerecht, wenn einerseits Lehrkräfte die Demonstration zu einer Exkursion erklären und anderswo Schüler deshalb zu zusätzlichen Hausarbeiten verdonnert werden?

Dass landesweit unterschiedlich auf die Demonstrationen reagiert wird, liegt in der Natur der Sache. Jede Schule muss für sich die beste Lösung finden. Doch klar ist, Schule und Klimaschutz sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden. Beides muss nebeneinander funktionieren. Dass das Thema wunderbar in den Unterricht eingebunden werden kann, das zeigen die vielen guten Beispiele aus den Schulen.

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Warum gibt es keine einheitliche Anweisung, wie mit Schulschwänzern umzugehen ist?

Die gibt es selbstverständlich. Im Schulgesetz sind Vorgaben für den Umgang mit unentschuldigtem Fehlen festgelegt. Zudem habe ich in meinem Brief alle Schulleitungen darum gebeten, das Engagement der Schüler ernst zu nehmen, das Thema im Unterricht aufzugreifen und auf das unentschuldigte Fehlen mit pädagogischen Maßnahmen zu reagieren.

Was sagen Sie zu Äußerungen von Schulleitern, die Politik lasse sie mit diesem Problem allein, und zu Forderungen nach einem Machtwort?

Ich habe mich bewusst dafür entschieden, in meinem Brief für pädagogische Lösungen zu werben. Und hier habe ich viele Rückmeldungen von Schulleitungen bekommen, dass sie das begrüßen und mit der aktuellen Situation zurechtkommen. Und man muss auch feststellen, dass viele Schulen sehr sinnvolle Lösungen gefunden haben, wie das erwähnte Beispiel des Gymnasiums in Mengen zeigt. Im Rahmen eines Schulprojekts will der Ethikkurs bis Ostern auf Dinge verzichten, die dem Klima schaden, und anschließend auswerten, wie viel CO2 man eingespart hat. Genau das meine ich mit einem sinnvollen Umgang mit dem Thema Klimaschutz im Unterricht.

Gibt es Abstimmungen mit den Kultusministerien anderer Bundesländer?

Natürlich bin ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen im Gespräch, keine Frage. Auch diese schätzen das Engagement der Schülerinnen und Schüler, weisen jedoch ebenfalls zu Recht darauf hin, dass dafür nicht dauerhaft der Unterricht ausfallen kann. Auch wird häufig gar nicht mehr von „Schülerdemos für den Klimaschutz“ gesprochen, sondern von „Schülerstreiks“, das sollte zu denken geben. Zumal es viele weitere wichtige Themen wie Menschenrechte oder Tierschutz gibt. Wenn nun jeden Tag für eines dieser Themen demonstriert wird, dann haben wir am Ende gar keinen Unterricht mehr. Und das kann es ja nicht sein.

Fragen: Ulrike Bäuerlein