Das Graf-Zeppelin-Gymnasium in Friedrichshafen lässt da keinen Zweifel: Wer während der Unterrichtszeit streiken geht, fehlt unentschuldigt. Dass dem so ist, hat die Schule kürzlich auch im vierteljährlich erscheinenden Elternbrief dargelegt. Was das konkret bedeutet, ist dann Sache der Fachlehrer. „Der eine gibt vielleicht eine Strafarbeit, der andere lässt den Unterricht nachholen“, sagt Schulleiter Axel Ferdinand. Das größte Problem der Schüler seien aber die Wissenslücken, die durch versäumten Unterricht entstehen.

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An diesem Freitag wird wieder gestreikt: In Dresden, Dortmund, Norderstedt, in Berlin, wo dieses Mal die schwedische Initiatorin von Fridays for Future, Greta Thunberg, mitdemonstrieren wird, oder auch in Konstanz und in Singen. Der Umgang der Schulen mit dem Phänomen ist so unterschiedlich wie die Plakate, mit denen der Unmut über die Klimapolitik zum Ausdruck gebracht wird – und damit auch so ungerecht. Das unentschuldigte Fehlen bei der Klassenarbeit kann im Zweifelsfall eine Sechs bedeuten, andere Klassen unternehmen mit ihrem Lehrer eine Exkursion zur Demo.

So wie eine andere Friedrichshafener Schule, die Gemeinschaftsschule Schreien-
esch
: Zwei Klassen der Gemeinschaftsschule, für die Nachhaltigkeit ein fester Teil des Schulprogramms ist, machten vergangenen Freitag eine Exkursion zur Demo. Allerdings: Jeden Freitag könnten sie das nicht machen. Wer auf eigene Faust streikt, muss die verpassten Inhalte nachholen. „Es gibt selbstverständlich keine Strafen“, sagt Rektor Kai Nopper. „Die jungen Leute müssen doch irgendwann lernen, sich politisch zu engagieren und für Dinge, die ihnen wichtig sind, auf die Straße zu gehen.“

Nachsitzen fürs Klima? Am Suso-Gymnasium in Konstanz gibt es das. Wobei man nicht weiß, ob man von Strafe sprechen soll, wenn einem ein Professor für Physikalische Chemie einen Vortrag zum Klimawandel hält. Dementsprechend voll war das Klassenzimmer kürzlich – einige Schüler nahmen freiwillig teil. Ebenfalls kreativen Umgang mit den Demos beweist die Gewerbliche Schule in Donaueschingen: Dort haben die Schulschwänzer eine Broschüre zum Klimawandel erstellt – und darin zum Beispiel Alternativen zum Verbrennungsmotor aufgezeigt. Auf dem Platz am Hanselbrunnen in Donaueschingen informierten die Schüler Bürger über Klimaschutz. „Das kam sehr gut an“, berichtet der stellvertretende Schulleiter Reiner Jäger.

Auch der Sprecher des Landesschülerbeirats, Roman Jauch, berichtet von der ganz unterschiedlichen Handhabung von Schule zu Schule. „Es gibt einzelne harte Sanktionen mit bis zu drei Tagen Schulausschluss“, sagt der Tuttlinger Jauch. „Bei uns am Otto-Hahn-Gymnasium in Tuttlingen haben wir mit dem Rektor eine faire Lösung auf Vertrauensbasis gefunden. Wer freitags während der Unterrichtszeit auf eine Demonstration gehen will, trägt sich am Donnerstag davor in eine Liste ein, damit die Lehrer Bescheid wissen.“ Am Montagnachmittag dann müsse das Versäumte nachgearbeitet werden, was auch funktioniere. Es ist aber nicht immer nötig, die Schule zu schwänzen, um zu demonstrieren. Am 15. März etwa hätten sie am Nachmittag außerhalb der Unterrichtszeit demonstriert, so Jauch. „Ich denke, dass die Demonstrationen so lange weitergehen müssen, bis tatsächlich Reaktionen der Politik sichtbar werden.“

Die ganz großen Strafen scheinen bislang übrigens deutschlandweit nicht verhängt zu werden. Olaf Wegner, der für die Elternorganisation parallel zu Fridays for Future, Parents for Future, Rechtsberatung gibt, ist jedenfalls noch kein Rausschmiss oder Ähnliches untergekommen. Kontaktiert werden der Kinderrechtsaktivist und ehemalige Abgeordnete der Piratenpartei im Landtag von Nordrhein-Westfalen und seine vier Mitstreiter von besorgten Eltern und Schülern, die nach einem rechtlich sauberen Weg der Schulbefreiung suchen.

„Die Schulen sind sehr zurückhaltend“, so Wegners bisherige Einschätzung. Matthias Fiola, stellvertretender Vorsitzender des Landeselternbeirats, teilt die Meinung: „Die Anfragen von Eltern bei uns zu dem Thema Klimastreik gehen gegen null. Wir schließen daraus, dass die Handhabung an den Schulen funktioniert. Allerdings ist die Frage, was passiert, wenn das jetzt immer freitags so weitergeht. Dann wird es spannend.“