Mariele Schulze Berndt

„Willkommen an diesem Sunday for Future“ rief der Überraschungssieger und grüne Parteichef Werner Kogler seinen Anhängern auf der grünen Wahlparty im Wiener Metropol-Kino zu. Er hat die Grünen wieder ins österreichische Parlament gebracht. Mehr als zehn Prozent haben die Grünen dazugewonnen und ein Comeback gefeiert, nachdem sie 2017 nach einer Spaltung mit nur 3,8 Prozent der Stimmen aus dem Parlament geflogen waren, in Österreich gilt die Vier-Prozent-Hürde.

Natürlich hat die Hochkonjunktur für das Klimathema ihnen Auftrieb gegeben. Doch das gute Ergebnis kam für viele überraschend. Jetzt müssen sich die Grünen auf Koalitionsverhandlungen einstellen. Das ist für Österreich eine neue Erfahrung.

„Die Bevölkerung hat uns zurückgewählt“

Ähnlich siegreich war Sebastian Kurz, der alte und wohl neue Kanzler der Republik. Seine „Liste Kurz-Neue Volkspartei“ legte mit etwa sechs Prozent kräftig zu. Fast 4000 vor allem junge Anhänger feierten ihn auf der türkisen Wahlparty euphorisch. Ihnen rief er zu: „Die Bevölkerung hat uns zurückgewählt“.

Und er gestand, so ein Ergebnis habe er nicht erwartet. „Ich bin unendlich dankbar.“ Er versprach, mit allen Parteien im Parlament zu sprechen. 2017 war Kurz mit 31 Jahren als Traumkanzler vieler Konservativer zum ersten Mal angetreten und hatte seine Partei aus dem politischen Tief geholt.

Besseres Ergebnis als 2017

Am Sonntag fiel das Ergebnis für ihn mit 37 Prozent noch besser aus als 2017. Die erträumten 40 Prozent wurden es zwar nicht, die sich noch wütende ÖVP-Mitglieder im Mai gewünscht hatten, als die Regierung Kurz wegen der Ibiza-Affäre von der Parlamentsmehrheit abgewählt worden waren.

Aber das schmälerte die Freude der Wahlkämpfer im früheren Tanzlokal „Kursalon Hübner“ nicht, wo einst Walzerkönig Johann Strauß aufspielte. Hunderte adrette junge Leute in türkisen T-Shirts wurden durch das Wahlergebnis für ihr wochenlanges Engagement belohnt.

FPÖ muss großen Verlust verkraften

Früher kannte das auch die rechtspopulistische Freiheitliche Partei (FPÖ). Einen Verlust von zehn Prozent und mehr haben sie zu verkraften. Ein trauriges Häuflein mit Spitzenkandidat Norbert Hofer, dem früheren Innenminister und Scharfmacher Herbert Kickl, dem Wiener Spitzenkandidaten Dominik Nepp und der Abgeordneten Dagmar Berlakovich hatte schon am Freitagabend wenig enthusiastisch am Viktor-Adler-Markt die rot-weiß-roten Fahnen geschwenkt.

Bild 1: Triumph für ÖVP, Debakel für FPÖ: Die Wahl in Österreich bringt ein politisches Machtbeben
Bild: HANS PUNZ

Die Teilnehmerzahl blieb weit hinter den Vorjahren zurück. Die Affären um den ehemaligen Vizekanzler und Parteivorsitzenden Heinz Christian Strache, die mit dem Ibiza-Video begonnen hatten und jetzt mit einem großdimensionierten und auch strafrechtlich relevanten Spesenskandal endeten, schlugen ganz offensichtlich auf die Lust der Stammwähler.

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Straches Rolex und die Chanel-Taschen seiner Frau und seiner Mutter, die in den Tagen vor der Wahl in Zeitungen abgebildet wurden, haben die möglichen FPÖ-Wähler dann doch nicht unberührt gelassen. „Ich bin es gewohnt, ein paar Steine im Rucksack mitzutragen“, sagte der neue Parteichef Hofer gestern, als er wählte.

Monatelang hatte er hemmungslos um die Fortsetzung der türkis-blauen Regierung gebuhlt, obwohl deren Wahrscheinlichkeit nicht besonders hoch war. Denn über der FPÖ schwebt das Damoklesschwert der Spaltung. Die kann Kurz keine reibungslose nächste Legislaturperiode garantieren, in der er seine politischen Ziele umsetzen kann.

Ob dies mit den Sozialdemokraten möglich wäre, ist für Kurz auch nicht kalkulierbar. Die Chemie zwischen ihm und der erst seit Kurzem amtierenden SPÖ-Chefin Pamela Rendi–Wagner stimmt jedenfalls offensichtlich nicht. Die SPÖ erhielt mit 22 Prozent das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte.