Parteien sind gezwungen, sich früher um gutes Personal zu kümmern

Jahrelang musste sich die Union nicht um einen geeigneten Kandidaten oder Kandidatin für das Kanzleramt kümmern, Merkel war ja da und bei den vergangenen Wahlen auch immer unschlagbar. Da ist die Gefahr groß, es sich als Partei in dieser Komfortzone bequem zu machen. Bei der Suche nach einem Nachfolger taten und tun sich CDU/CSU noch immer schwer. Wenn nun aber die Amtszeit des Bundeskanzlers klar begrenzt wäre, müssten sich die jeweiligen Regierungsparteien schon früh Gedanken machen, wen sie für das Amt aufbauen wollen. Die Suche nach geeigneten Kandidaten wäre ein ständiger Prozess, bei dem klar wäre, wann ein neuer Kandidat bereitstehen muss. Parteien, die um das Kanzleramt kämpfen, wären dadurch angewiesen, sich viel aktiver um den politischen Nachwuchs zu kümmern.

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Mehr Motivation für politische Talente

Mit der Aussicht, sich sowieso nicht mehr für den Job im Kanzleramt in Stellung bringen zu können, da der Platz dort im ungünstigsten Fall für unbestimmte Zeit belegt ist, fördert nicht gerade den Wettbewerb um das zweithöchste Amt im Staat. Wenn aber klar ist, dass es alle acht Jahre zu einem Wechsel an der Spitze kommen muss, führt das zu einem größeren Ansporn unter jüngeren Talenten. Das zeitlich klar definierte Amt des Kanzlers ist plötzlich für mehr Kandidaten realistischer zu erreichen.

Er regierte als Kanzler von 1982 bis 1998: Helmut Kohl, hier am CDU-Parteitag 1991 neben Angela Merkel.
Er regierte als Kanzler von 1982 bis 1998: Helmut Kohl, hier am CDU-Parteitag 1991 neben Angela Merkel. | Bild: Michael Jung, dpa

Mehr politischer Wettbewerb zwischen den Parteien

Eine zeitlich begrenzte Kanzleramtszeit führt auch zu einer größeren Auseinandersetzung mit den eigenen Inhalten innerhalb einer Partei. Wenn man nicht alle vier Jahre auf die gleiche Person setzen kann, ist man gezwungen, mehr mit Inhalten zu punkten als mit Persönlichkeiten. So müssen sich also Parteien öfter und stärker mit Themen beschäftigen und mit diesen auch für sich werben. Das immer gleiche, wenn auch erfolgreiche, Gesicht und eine dazugehörige schlichte Botschaft auf dem Wahlplakat reicht dann nicht mehr aus, um genügend Wähler zu überzeugen. Es kommt dann in Wahlkämpfen nicht mehr so stark auf die Sympathie des Kandidaten an, sondern vor allem auch auf die Inhalte, für die er steht.

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Der Bundeskanzler geht seine Amtszeit anders an

Wenn dem Kanzler, im Fall seiner Wiederwahl, lediglich zwei Amtszeiten zur Verfügung stehen, muss er oder sie sich ganz genau überlegen, was in dieser begrenzten Zeitspanne auf seiner Agenda abgearbeitet werden soll und was nicht, der Blick aufs Wesentliche wäre im besten Fall dann fokussierter. Das Ansinnen, unbequeme Themen einfach in die nächste Legislaturperiode zu schieben, wäre keine Option mehr. Kanzler in ihrer zweiten Amtsperiode wären dazu gezwungen umzusetzen, was sie in ihrer verbleibenden Zeit noch angehen wollten. Denn das prägt auch das Bild, das später von ihnen gezeichnet wird.

Ein Mittel gegen Politikverdrossenheit

Wenn bis zum 17. Dezember in diesem Jahr noch keine neue Bundesregierung nicht, dann hat Angela Merkel länger regiert als Helmut Kohl und damit als alle Kanzler vor ihr. Dann gibt es neben dem ewigen Kanzler auch eine ewige Kanzlerin. Viele Menschen unter 30 Jahren können sich gar nicht erinnern, dass mal jemand anderes das Amt innehatte. Und wenn schon in den Kindheits- und Jugendjahren sich einprägt, dass an der Spitze des Staates sowieso nur einer oder eine steht, dann darf man sich nicht wundern, wenn die Lust auf Demokratie sich in Grenzen hält. Ein regelmäßiger Wechsel im Kanzleramt zeigt hingegen, dass eine Demokratie ständig im Wandel ist. Ein Dauerschlaf wie am Ende von Kohls Amtszeit kommt dann nur noch in Geschichstsbüchern vor.