Welche Partei steht bei der Bundestagswahl am 23. Februar für welche Positionen? Welche Ideen haben Union, SPD, Grüne, FDP, AfD, Linke und BSW, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln? Wie soll es im Kampf gegen die Klimaerwärmung weitergehen? Ein Überblick über die zentralen Positionen der Parteien.
Steuern runter, Deutschlandfonds, Prämien: Ideen der Parteien für mehr Wachstum Stagnation, Firmenabwanderung, Druck durch globale Konflikte: Bei der Diagnose der Probleme der deutschen Wirtschaft herrscht unter den Parteien weitgehend Einigkeit. Die Konzepte, um die angeschlagene Konjunktur wieder ans Laufen zu bekommen, gehen allerdings auseinander:
Union Die Union zieht mit dem Versprechen niedrigerer Unternehmensteuern in den Wahlkampf, um die Kosten der Firmen zu senken und deren Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Statt 30 Prozent sollen es maximal 25 Prozent sein – umsetzbar in drei bis vier Schritten. „Überflüssiger Papierkram“ soll beseitigt werden, etwa mit einem eigenständigen Digitalministerium, das auch beim Bürokratieabbau helfen soll. Zur Stärkung der Landwirte sollen diese wieder Agrardiesel-Subventionen bekommen, die Umsatzsteuer auf Speisen in der Gastronomie soll auf sieben Prozent sinken. Stromsteuer und Netzentgelte sollen gesenkt werden. Über eine Senkung der Einkommensteuer für Privathaushalte und eine „regelmäßige“ Anpassung an die Inflation soll die Kaufkraft der Haushalte gestärkt werden. Die Pendlerpauschale soll erhöht werden. An der Schuldenbremse will die Union aber festhalten. Finanzieren will sie ihre Pläne durch Einsparungen beim Bürgergeld sowie bei Flüchtlingen und durch höhere Steuereinnahmen aus mehr Wachstum. SPD Die SPD will das Wachstum durch mehr Investitionen in Infrastruktur, Wirtschaft und Bildung ankurbeln. Mit einem „Deutschlandfonds“ mit anfangs 100 Milliarden Euro Grundkapital will sie dafür staatliches und privates Kapital für Zukunftsinvestitionen mobilisieren. Unternehmen sollen außerdem für Investitionen in Deutschland einen „Made-in-Germany-Bonus“ erhalten: Zehn Prozent der Investitionen sollen steuerlich erstattet werden. Durch Zuschüsse für den Kauf von E-Autos soll die Automobilindustrie gestärkt werden, die ein enormer Wirtschaftsfaktor ist. Die SPD steht zudem für eine Reform der Schuldenbremse – das soll mehr Spielraum für Investitionen schaffen. „95 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern“ verspricht die SPD Steuerentlastungen, das eine Prozent „mit den allerhöchsten Einkommen“ soll hingegen mehr zahlen. Grüne Auch die Grünen setzen auf mehr staatliche und privatwirtschaftliche Investitionen. Um letztere anzukurbeln, wollen sie laut Entwurf ihres Wahlprogramms eine auf fünf Jahre befristete Prämie von zehn Prozent einführen, die mit der Steuerschuld der Unternehmen verrechnet wird. Mit einem ebenfalls „Deutschlandfonds“ getauften Topf im dreistelligen Milliardenbereich sollen Investitionen in Bund, Ländern und Kommunen in Klimaschutz und Infrastruktur unterstützt werden. Bei der Elektromobilität streben die Grünen eine „gezielte Förderung für die Ladeinfrastruktur und sozial ausgewogene Kauf- und Leasinganreize“ an. Um all das zu finanzieren, will die Partei Steuerschlupflöcher schließen, die Schuldenbremse reformieren und eine Milliardärssteuer einführen. FDP Bei der Entlastung der Firmen geht die FDP noch weiter als die Union und will die Unternehmensteuern laut Programmentwurf „auf unter 25 Prozent drücken“. Die Mehrwertsteuer in der Gastronomie soll einheitlich auf sieben Prozent reduziert werden, die dortigen Firmen sollen bessere Abschreibungsmöglichkeiten erhalten. Den „Bürokratie-Burnout“ der Unternehmen wollen die Liberalen mit einem dreijährigen Moratorium für Bürokratie heilen. Die Schuldenbremse will die FDP einhalten – das sei eine Frage der „Generationengerechtigkeit“. AfD Die AfD setzt auf Entlastungen für Beschäftigte und Arbeitgeber und will die Einkommensteuer und die Unternehmensteuern senken sowie den Soli abschaffen. Vorschriften für die Firmen sollen reduziert, Umweltauflagen abgeschafft werden. Das soll auch den Bürokratieaufwand senken. Für entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Firmen hält die Partei bezahlbare Energie und setzt dabei auf fossile Brennstoffe und Atomkraft. Der Automobilsektor soll als Leitindustrie unterstützt werden. Linke Die Linke formuliert es so: „Wenn wir den Reichtum teilen, dann kann die Regierung auch in die Zukunft des Landes investieren, damit hier die Industrien und Arbeitsplätze von morgen entstehen.“ Die Partei fordert eine Reichensteuer und die Wiedereinführung der Vermögensteuer für Millionäre und Milliardäre. Kleine und mittlere Einkommen will sie entlasten. Sie fordert zudem einen 200 Milliarden Euro schweren Investitionsfonds für die Industrie. Die Schuldenbremse – eine „Investitionsbremse“ – soll abgeschafft werden. BSW „Billige Energie“ ist für das BSW der Schlüssel für die deutsche Industrie. Die Partei lehnt daher die Wirtschaftssanktionen gegen Russland ab und fordert wieder den Bezug von russischem Gas. Der CO2-Preis soll abgeschafft und die Netzentgelte auf ein Minimum reduziert werden. Die Partei fordert weiterhin „ein großes Investitionsprogramm“ sowie den Abbau von Bürokratie und die Rücknahme des Verbrenner-Verbots.
Sicherheit in unsicherer Zeit: Positionen der Parteien zu Bundeswehr und Ukraine Die Themen Verteidigung und äußere Sicherheit gehören aller Voraussicht nach zu den zentralen Herausforderungen der nächsten Bundesregierung. In ihren Wahlprogrammen räumen die Parteien diesen Politikfeldern unterschiedlich breiten Raum ein: Im Wahlprogramm der Union etwa kommt das Wort „Bundeswehr“ 24 Mal vor, bei der SPD wird es nur sechs Mal erwähnt. Ein Überblick über die Forderungen und Vorschläge der Parteien:
Schnittmengen und Abweichungen In der Verteidigungs- und Ukrainepolitik weisen die Wahlprogramme bei einem großen Teil der Parteien eine größere Übereinstimmung auf als in anderen Politikbereichen. CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP fordern allesamt eine personelle und materielle Stärkung der Bundeswehr. Sie wollen wehrtaugliche Bürger wieder zentral erfassen, der Wehrdienst soll aber freiwillig bleiben. Und die Ukraine wollen sie weiter im Abwehrkampf gegen Russland massiv unterstützen. Ganz andere Akzente setzen hingegen AfD, Linke und BSW. Union Die Union nennt eine konkrete Zielgröße für die Bundeswehr: Sie soll von 180.000 auf 203.000 Soldatinnen und Soldaten anwachsen. CDU/CSU werben für das Konzept einer „aufwachsenden Wehrpflicht“. Junge Menschen sollen wieder gemustert werden. Wer tauglich ist, soll zum Wehrdienst einberufen werden, wenn er seine Bereitschaft dazu signalisiert hat. Als Ziel gibt die Union eine „kampffähige Bundeswehr“ aus. Die Wehrausgaben sollen bei mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen. Die Ukraine soll weiterhin „mit allen erforderlichen diplomatischen, finanziellen und humanitären Mitteln sowie mit Waffenlieferungen“ unterstützt werden. SPD Auch die SPD will die Bundeswehr modernisieren und stärken. Sie will zügig die Grundlagen für eine Wehrerfassung schaffen und einen auf Freiwilligkeit basierenden „neuen flexiblen Wehrdienst“ einführen, der zum „Aufbau einer durchhaltefähigen Reserve“ führen soll. Der Wehretat soll dauerhaft bei mindestens zwei Prozent des BIP liegen. Die SPD bekennt sich zur weiteren „diplomatischen, militärischen, finanziellen und humanitären Unterstützung“ der Ukraine, betont aber auch diplomatische Bemühungen: „Zugleich achtet Bundeskanzler Olaf Scholz darauf, dass der Krieg nicht zur direkten Konfrontation zwischen Nato und Russland eskaliert.“ Grüne Von der pazifistischen Grundüberzeugung in den Anfangsjahren der Grünen ist im Entwurf für das Wahlprogramm 2025 nicht mehr viel übrig. Es gehe nun „wieder darum, unseren Frieden und unsere Sicherheit im äußersten Notfall auch militärisch verteidigen“. Dafür sei eine „gut ausgerüstete“ Bundeswehr nötig. Den freiwilligen Wehrdienst wollen die Grünen „für eine breite Zielgruppe attraktiver machen“. Auch die Grünen wollen die Ukraine weiterhin massiv unterstützen. Angesichts der Bedrohung für die europäische Friedensordnung durch Russland sei dies „unser bester Selbstschutz“. FDP „Wir wollen die Bundeswehr zur stärksten konventionellen Streitkraft in Europa machen“, heißt es im Entwurf des Wahlprogramms der Liberalen. Sie fordern „eine bessere Finanzierung und Ausstattung“ der Bundeswehr, ohne hier konkret zu werden. Eine allgemeine Wehrpflicht lehnt die FDP ausdrücklich ab. Sie schlägt aber eine „nationale Datenbank zur Erfassung wehrfähiger Männer und Frauen“ vor. Die Ukraine wollen die Liberalen weiterhin unterstützen. Als einzige Partei haben sie die Forderung nach Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine in ihrem Wahlprogramm verankert. AfD Einen komplett anderen Ton schlägt die AfD an. Ihr geht es im Wahlprogramm weniger um eine militärische Stärkung als um eine Neuausrichtung der Gesinnung in der Truppe. Die Bundeswehr müsse „einen starken Korpsgeist, ihre Traditionen und deutsche Werte pflegen“, schreibt die Partei. Dafür zählen für die AfD auch „militärisches Liedgut und Brauchtum“. Die AfD setzt sich in ihrem Wahlprogramm nicht für die Unterstützung der Ukraine ein, Russland wird für den Angriffskrieg nicht verurteilt. Die Partei klagt über die „fortlaufenden Abgabe von einsatzfähigem Material und Waffensystemen aus Beständen der Bundeswehr an die Ukraine“. Die Linke Anders als andere Parteien strebt die Linke nicht eine Stärkung der Bundeswehr an, sondern eher eine Schwächung. Die Bundeswehr müsse „zu einer strukturell nicht angriffsfähigen Verteidigungsarmee umgebaut“ werden. Auch soll sich die Truppe aus allen Auslandseinsätzen zurückziehen. Die Linke verurteilt Russland für den Angriff auf die Ukraine, kritisiert zugleich aber die Waffenlieferungen an Kiew. BSW Das BSW will die Bundeswehr „ausschließlich zu einer Verteidigungsarmee machen“. Für diese Aufgabe müsse sie „angemessen ausgerüstet“ sein. Das BSW lässt offen, ob sie für dieses Ziel eine personelle und finanzielle Stärkung der Bundeswehr für nötig hält. Die finanzielle und militärische Unterstützung für die Ukraine kritisiert das BSW als „nutzlos verschleudertes Steuergeld“. Die Partei fordert ein Ende der Sanktionen gegen Russland und die Wiederaufnahme russischer Gasimporte.
In der Klimapolitik liegen die Positionen der Parteien teils weit auseinander In der Klimapolitik vertreten die Parteien in ihren Wahlprogrammen teils sehr unterschiedliche Positionen. Gemeinsamkeiten gibt es in den Wahlprogrammen vor allem zwischen Grünen, SPD und Linkspartei sowie zwischen CDU/CSU und FDP. Die AfD hält Klimaschutz generell für falsch, das BSW will vom Ziel der Treibhausgasneutralität abrücken. Ein Überblick:
Grüne Die Partei bekennt sich klar zu allen nationalen und europäischen Emissionszielen sowie zur Treibhausgasneutralität in Deutschland bis 2045. Der Weg dorthin soll sozial gerecht ausgestaltet werden. Mittel sind neben dem CO2-Emissionshandel unter anderem der weitere Ausbau erneuerbarer Energien, die Modernisierung von Gebäudeheizungen und der Kohleausstieg möglichst bis 2030. Ein besonderer Akzent liegt auf der klimaneutralen Modernisierung der Industrie. Klimafreundliche Mobilität wollen die Grünen stärken. Für Elektroautos soll es „Kauf- und Leasinganreize“ geben. Das Deutschlandticket soll wieder 49 Euro kosten. Eine Rückkehr zur Atomkraft schließen die Grünen aus. Als Kompensation für Belastungen soll es „so schnell wie möglich“ ein Klimageld geben. SPD Für ähnliche Ziele wirbt auch die SPD. Die Klimaziele auf Grundlage des Pariser Klimaabkommens werden auch von ihr bekräftigt, ebenso das 1,5-Grad-Ziel und der Atomausstieg. Industriepolitisch pochen die Sozialdemokraten darauf, Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit miteinander zu verbinden. Der Staat soll dafür sorgen, dass alle sich den Umstieg auf klimafreundliche Technologien leisten können. Wie auch die Grünen dringen die Sozialdemokraten zudem auf Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen durch eine Senkung der Stromkosten, insbesondere durch niedrigere Netzentgelte. Das Deutschlandticket soll dauerhaft zum aktuellen Preis angeboten werden. Für Belastungen soll es Kompensationen geben, zum Beispiel durch ein Klimageld. Union Die Ziele des Pariser Klimaabkommens werden auch von CDU und CSU bekräftigt, „die Klimaneutralität bis 2045 haben wir fest im Blick“, heißt es im Entwurf ihres Wahlprogramms. Verbunden wird dies allerdings mit der Notwendigkeit des Erhalts der Wettbewerbsfähigkeit sowie der sozialen Tragfähigkeit. Den Emissionshandel will die Union als zentrales Klimainstrument stärken. Stromkosten sollen sinken. EU-Vorgaben zur Abkehr vom Verbrennungsmotor will die Union abschaffen, ebenso das Heizungsgesetz. Eine Dekarbonisierung soll bei Gebäudeheizungen durch CO2-Preise erreicht werden. Am vereinbarten Kohleausstieg wird festgehalten, sofern hinreichende Alternativen wie neue Gaskraftwerke vorhanden sind. Eine Wiederinbetriebnahme abgeschalteter Atomkraftwerke wollen CDU und CSU prüfen, zudem die Atomforschung weiterführen. AfD Die AfD bestreitet den menschengemachten Klimawandel als wissenschaftlich anerkannte Tatsache, ebenso eine Zunahme von Extremwetterereignissen. Entsprechend sieht die Partei keinen Grund für eine Abkehr von fossilen Energieträgern. Die AfD will alle klimapolitischen Subventionen und Förderprogramme beenden und CO2-Abgaben abschaffen. Windkraft und Freiflächen-Solaranlagen werden abgelehnt. Gefordert werden eine Rückkehr zur Atomkraft und ein Festhalten an Kohlekraftwerken. In der Verkehrspolitik will die AfD den motorisierten Individualverkehr schützen und den Flugverkehr stärken. FDP Die FDP setzt auf Klimaschutz durch Innovation und Marktwirtschaft. Der Emissionshandel soll das Leitinstrument der Klimapolitik sein, weitere Regelungen weitgehend entfallen. Einnahmen aus dem Emissionshandel sollen über eine Klimadividende pauschal an Bürgerinnen und Bürger zurückfließen. Das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 will die FDP um fünf Jahre bis 2050 aufschieben. Einen Kohleausstieg soll es nicht vor 2038 geben. Verbote bestimmter Technologien lehnt die FDP ab. Die Abkehr der EU von fossilen Antrieben soll zurückgenommen werden. EU-Flottengrenzwerte sollen entfallen. Die Linke Die Linkspartei bekennt sich klar zu den nationalen und internationalen Klimazielen. Betont wird die soziale Ausgewogenheit. Den CO2-Emissionshandel für Verkehr und Heizen lehnt die Linke als „unsozial“ ab. Für den ökologischen Umbau der Industrie soll es einen Investitionsfonds geben, auch der Austausch von Heizungen soll gefördert werden. Kosten für den Klimaschutz sollen vorrangig „Reiche und Konzerne“ tragen. Den Ausbau erneuerbarer Energien will die Linke vorantreiben. Alle Menschen in Deutschland sollen ab 2025 ein soziales Klimageld von zunächst je 320 Euro erhalten. E-Mobilität soll vorangetrieben, Individualverkehr aber generell verringert werden. Für öffentliche Verkehrsmittel soll es wieder ein Neun-Euro-Ticket geben. Der Kohleausstieg soll bis 2030 erfolgen. BSW Das BSW fordert, das Ziel einer raschen Treibhausgasneutralität aufzugeben. Gewarnt wird vor einer drohenden Deindustrialisierung. Die Abkehr vom Verbrennungsmotor und das Gebäudeenergiegesetz will die Partei rückgängig machen. CO2-Preise einschließlich des EU-Emissionshandels will das BSW abschaffen, zumindest solange es keine globalen Lösungen gibt. Gefordert werden neue Gaskraftwerke, dafür soll die Nord-Stream-Pipeline für russisches Gas wieder geöffnet werden. Den Neubau von konventionellen Atomkraftwerken lehnt das BSW ab, Wind- und Solarenergie sollen weiter ausgebaut werden.
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(AFP)