Ob Energie oder Lebensmittel – viele Menschen ächzen unter den steigenden Preisen. Im Sommer soll es mit dem am Mittwoch vom Kabinett verabschiedeten Entlastungspaket nun zusätzliche Hilfen für Verbraucherinnen und Verbraucher geben. Ein Überblick:
Preisdrosselung an der Zapfsäule
Für Autofahrerinnen und Autofahrer war der Blick auf die Tankrechnung zuletzt oft eine böse Überraschung. Für den Zeitraum von drei Monaten soll nun die Energiesteuer auf Kraftstoffe gesenkt werden. Der Benzinpreis wird damit um knapp 30 Cent je Liter billiger, Diesel um 14 Cent. Nach Angaben des Finanzministeriums ermöglicht es die temporäre Absenkung des Steuersatzes den Versorgern, „die Steuersenkung vollständig an die Endverbraucherinnen und Endverbraucher weiterzugeben“.
ÖPNV für neun Euro im Monat
Parallel zu den Entlastungen für Autofahrer soll in den Monaten Juni, Juli und August auch das Fahren mit Bus und Bahn im ÖPNV deutlich günstiger werden. Dafür wird dem Kabinettsbeschluss zufolge in den Verkehrsverbünden ein Monatsticket für jeweils neun Euro eingeführt. Gelten soll dies bundesweit – das bedeutet, dass beispielsweise mit einem Berliner Nahverkehrsticket über den Nah- und Regionalverkehr eine Fahrt bis an die Ostsee möglich wäre. Ausgenommen sind der Fernverkehr der Deutschen Bahn sowie die Flix-Züge und Busse.
Die Inhaber von Jahresabos sollen für den betreffenden Zeitraum die über die neun Euro pro Monat hinausgehenden Beträge von den Verkehrsunternehmen erstattet bekommen. Ansonsten ändert sich für sie nichts: Wenn sie etwa abends oder an Wochenenden üblicherweise Kinder oder andere Erwachsene auf ihrem Monatsticket mitnehmen dürfen oder ein Fahrrad, dürfen sie dies von Juni bis August auch für neun Euro im Monat.
Nach Angaben des Verkehrsministeriums arbeiten die Verkehrsunternehmen derzeit an der Umstellung der Vertriebswege; auch eine gemeinsame Online-Plattform ist geplant, über die das Neun-Euro-Ticket digital gebucht werden kann. Erhältlich sein soll es aber auch an Automaten und Schaltern. Bei den Akteuren in der Region sorgt das Neun-Euro-Ticket aber für gemischte Gefühle. Bodo-Chef Jürgen Löffler erklärt die Fallstricke für Verkehrsverbünde und Kommunen.
Einmalig 300 Euro mehr
Alle einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen sollen einmalig eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro als Zuschuss zum Gehalt ausgezahlt bekommen. Die Pauschale unterliegt dabei allerdings der Einkommensteuer, die 300 Euro sind also brutto. Selbständige sollen die 300 Euro über eine einmalige Senkung ihrer Vorauszahlung bei der Einkommensteuer bekommen.
Familienzuschuss und weitere Einmalzahlung für Hartz-IV-Empfänger
Familien sollen – ergänzend zum Kindergeld – im Juli 2022 für jedes Kind einen Einmalbonus in Höhe von 100 Euro über die Familienkassen ausgezahlt bekommen. Der Kinderbonus wird nach Angaben des Finanzministeriums automatisch von der zuständigen Familienkasse ausgezahlt. Außerdem verdoppelt der Bund die geplante Einmalzahlung an Hartz-IV-Empfänger auf 200 Euro.
Was sind die nächsten Schritte?
Als nächstes muss der Bundestag zustimmen und dann der Bundesrat. Mit dem Neun-Euro-Ticket befasst sich die Länderkammer voraussichtlich am 20. Mai, damit es zum 1. Juni gelten kann. Streit könnte es hierbei allerdings noch mit Blick auf die ÖPNV-Finanzierung geben. Die Länder drängen auf mehr Geld vom Bund auch über die erwarteten Einnahmeausfälle durch die zeitweilige Absenkung der Ticketpreise hinaus – unter anderem wegen der höheren Energiepreise für die Verkehrsbetriebe.
Welche Kritik gibt es noch?
Unter anderem aus der Union gibt es Forderungen an die Ampel-Koalition, beim Entlastungspaket nachzubessern. Die Kritik entzündet sich vor allem daran, dass Rentner mit den rasant steigenden Energiekosten allein gelassen würden. Auch Sozialverbände und Gewerkschaftsvertreter fordern, dass auch Rentner die Energiepreispauschale von 300 Euro erhalten sollten.
Die Umweltschutzorganisation WWF kritisiert unterdessen, der beschlossene „Tankrabatt“ zementiere die fossile Abhängigkeit weiter. Stattdessen seien kurzfristig wirksame Maßnahmen wie ein befristetes Tempolimit nötig. (AFP)