Der Steuerzahler wird weniger belangt
Der Bundestag platzt aus allen Nähten: Die Zahl von 735 Abgeordneten hat Auswirkungen auf den Bundeshaushalt. Laut dem Bund der Steuerzahler sorgt der aktuell gewählte Bundestag bis 2025 für Mehrkosten von mindestens 410 Millionen Euro. Hätte der neue Bundestag dagegen nur 500 Sitze, wären Einsparungen von 700 Millionen Euro gegenüber 735 Sitzen problemlos möglich, so die Vereinigung. Präsident Reiner Holznagel fordert daher bereits eine Veränderung: „Wenn Bürger Effizienz und wirtschaftliches Handeln unseres Staates einfordern, darf sich das Parlament davon nicht ausnehmen.“
In Berlin-Mitte gibt es Platzprobleme
Viele Abgeordnete, viele Ausschüsse, viele Meetings – das erfordert auch viel Platz im politischen Berlin. Deshalb wird beispielsweise das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus gegenüber dem Bundestag seit 2010 ausgebaut. Für mehr als 300 Millionen Euro sollen dort künftig Abgeordnete und ihre Mitarbeiter arbeiten und speisen können. Eigentlich war geplant, den Erweiterungsbau bereits in diesem Jahr fertigzustellen.
Doch dieses Datum hat Bundestagspräsidentin Bärbel Bas vor kurzem auf frühestens 2024 verschoben. Damit die Abgeordneten derzeit überhaupt in Berlin-Mitte arbeiten können, werden seit dem Umzug von Bonn nach Berlin externe Büroräume teuer angemietet. Wenn man frühzeitig die Zahl der Abgeordneten reduziert hätte, wäre dieses Problem womöglich nicht so gravierend.
Das aktuelle Wahlrecht passt nicht mehr zur Parteienlandschaft
Ursprünglich war das Wahlsystem auf die Wahl von zwei starken Volksparteien ausgelegt. Doch die Zugkraft der großen Volksparteien hat nachgelassen und kleinere Parteien sind in den vergangenen Jahren immer größer geworden. Bei mittlerweile sechs Fraktionen, mehr als 700 Abgeordneten, 25 ständigen Ausschüssen und zahlreichen Arbeitsgruppen und -kreisen erscheint es umso schwieriger, zu Entscheidungen zu kommen. So sieht es auch Joachim Behnke, Professor für Politikwissenschaften an der Zeppelin-Universität Friedrichshafen. Er sagt: „Durch das aktuelle Wahlrecht ist die Arbeitsfähigkeit des Bundestags gefährdet.“
Die Bundesländer werden nicht gleichermaßen repräsentiert
Grundsätzlich sollen die Bundesländer in gleichwertiger Anzahl durch Abgeordnete im Parlament vertreten sein. Momentan ist das aber nicht der Fall, so Politikprofessor Behnke. „Aktuell gibt es drei unausgeglichene Überhangmandate in Bayern, die eine ziemlich deutlich Verzerrung des Proporzes darstellen“, sagt Joachim Behnke. Mit dem Vorschlag der Ampelkoalitionäre soll das ändern: Der Sitzanteil im Bundestag soll dem Zweitstimmenergebnis einer Partei entsprechen, Abgeordnete gelangen über Listenplätze ins Parlament.
Mit einer Ersatzstimme sollen Wähler eine Zweitpräferenz für einen Direktkandidaten angeben können. Das soll verhindern, dass es Wahlkreise gibt, die über keinen Abgeordneten im Bundestag verfügen. „Auf jedes Bundesland entfielen dann genauso viele Sitze wie ihnen dort aufgrund der Zweitstimmen zustehen würden“, sagt Behnke.
Das Wahlrecht ist verfassungswidrig
Das aktuelle Wahlrecht hat seine paradoxen Seiten. Denn es ist möglich, dass eine Partei weniger Sitze erhält, da sie mehr Zweitstimmen bekommen hat. Andersherum lohnt es sich für Parteien, mehr Erststimmen zu haben und somit mehr Sitze durch Direktmandate zu erhalten. Das Phänomen nennt sich negatives Stimmgewicht und ist laut Bundesverfassungsgericht verfassungswidrig. „Mit dem Reformvorschlag der Ampel würde es kein negatives Stimmgewicht geben“, sagt Behnke.