Rund um den Besuch im Sterne-Restaurant gibt es viele Vorbehalte: Zu teuer, winzige Portionen und überhaupt kommt man nur mit Krawatte hinein. Was davon stimmt, was nicht? Ein Sternekoch und eine Knigge-Expertin geben Antworten.
Gibt es einen Dresscode?
Das ist von Restaurant zu Restaurant unterschiedlich. Für Küchenchef Kevin Leitner vom Kaisersaal ist das Thema Dresscode nicht mehr zeitgemäß: „Ich glaube, die gehobene Gastronomie im Allgemeinen ist sehr im Wandel, auch was die Konzepte betrifft. Wir versuchen, einfach zugänglich für unsere Gäste zu sein.“
Das 1-Sterne-Restaurant Mühle am Schluchsee empfiehlt auf seiner Website: „Casual chic ist unser Motto. Euer Restaurantbesuch soll entspannt sein. Eine Krawatte bei den Herren ist daher nicht notwendig, lange Hose und geschlossene Schuhe wären jedoch wünschenswert.“
Auch im 3-Sterne-Restaurant der Schwarzwaldstube in Baiersbronn überlässt man die Outfitwahl weitgehend den Gästen: „Einzig Badekleidung, Flipflops oder Sportoutfits wären ein „No Go“, doch im Grunde vertrauen wir auf das Gespür unserer Gäste, und damit fahren wir im gesamten Haus sehr gut.“
Knigge-Trainerin Susanne Helbach-Grosser empfiehlt: „Am besten passt man sich dem Ambiente des Lokals an.“ Das könne sowohl jung und modern, als auch elegant oder kreativ sein. „Kleidung drückt immer auch die Einstellung und Wertschätzung für den Ort aus, an dem sie getragen wird“, erklärt sie.
Gibt es bestimmte Regeln, an die man sich halten sollte?
Allgemein rät Helbach-Grosser neugierig und offen zu sein. Ungewohnte Gefäße oder Besteckformen auf dem Tisch seien Teil des Erlebnisses. Gute Tischmanieren seien von Vorteil: „Beilagen-Brot mit den Fingern in mundgerechte Stücke brechen, mit dem Brotmesser können Butter und Aufstriche auf das abgebrochene Stück gegeben werden, fettiges Knoblauchbaguette oder Pizzabrot darf abgebissen werden, die Serviette benutzen“, so die Knigge-Trainerin.
Das Fotografieren der Gerichte sieht sie kritisch. Bilder sollten – wenn überhaupt – diskret gemacht werden, ohne andere Gäste zu stören. Am Ende empfiehlt sie ein Trinkgeld von sieben bis zehn Prozent und einen freundlichen Abschiedsgruß wie „Es hat uns sehr gut bei Ihnen gefallen!“ oder „Danke für den guten Service!“.
Küchenchef Leitner führt den Kaisersaal im modernen Stil und möchte den Gästen vor allem die Nervosität nehmen. Keiner solle das Gefühl haben, sich an bestimmte Regeln halten zu müssen. „Und das finde ich immer das Allerschlimmste. Es soll doch Essen bleiben, also wieso sollte ich einem Gast etwas vorschreiben? Die Gerichte sind alle lecker und die kann man alle nacheinander essen, die Reihenfolge ist völlig wurst. Die Gerichte sollen einfach zugänglich sein, sodass der Gast sich kein Kopf machen muss und einen schönen Abend hat“, erklärt Leitner.
Wie ist die Klientel?
„Unterschiedlich“, sagen sowohl Leitner als auch Helbach-Grosser. „Meistens sind das Freunde der guten Küche, zum Teil sehr erfahrene (und damit auch ‚lässige‘) Gäste“, erklärt die Knigge-Trainerin.
Auch Kevin Leitner beschreibt das Publikum im Kaisersaal sehr vielfältig: „Es gibt die Businessreisenden, es gibt 20-Jährige, die Interesse an der Gastronomie haben oder vielleicht auch selber in der Gastronomie arbeiten. Es gibt 60-Jährige, die schon seit 20 Jahren in sehr guten Restaurants essen gehen.“ Er selbst ist stolz auf die Vielfältigkeit seiner Gäste: „Das spricht auch für das Produkt, wenn man die breite Masse abholt.“
Was kostet ein Besuch in einer Sterneküche?
Die Menüpreise lassen sich meist auf den Websites der Restaurants finden. Sie variieren je nach Aufwand und Anzahl der Komponenten in den Gerichten.
„Ein Sieben-Gänge-Menü kostet beispielsweise 179 Euro und die französische Wachtel als Hauptgang 58 Euro. Für 200 Euro Essen bei uns muss man ordentlich Gas geben. Da müsste man acht Gänge essen, dann hat man auch die 200 Euro zusammen“, so Leitner.
Preise im Kaisersaal:
4 Gang – 119 Euro
5 Gang – 139 Euro
6 Gang – 159 Euro
7 Gang – 179 Euro
Preise im Bareiss:
Das Degustationsmenu – 335 Euro
Das Mittagsmenu – 178 Euro
Das vegetarische Menu – 285 Euro
Das Sommermenu – 285 Euro
Preise in der Mühle:
Menu – 179 Euro

Warum sind die Gerichte so teuer?
Das liege vor allem am Einkauf, erklärt Leitner. Er schaue immer nach der Qualität und diese habe seinen Preis. Der Fisch, den er anbietet, stamme beispielsweise nicht aus einer Zucht, sondern aus dem Wildfang. Auch beim Gemüse schaut Leitner genau hin: „Das sind keine Tiefkühlpilze, sondern frische Pilze. Es sind immer hochwertige Bio-Produkte und dessen Preis ist einfach wahnsinnig hoch.“
Bei ihm in der Küche wird außerdem alles selbst gemacht. Von Fertigprodukten lässt Leitner die Finger. „Es wird alles hier produziert. Und somit brauchen wir natürlich auch den ein oder anderen Mitarbeiter mehr, aber das ist natürlich auch unser Qualitätsanspruch.“
Wird man von den Portionen überhaupt satt?
Im Kaisersaal auf jeden Fall, erklärt Leitner. „Wir passen alle Portionsgrößen an. Wenn jemand nur zwei Gänge isst, bekommt er natürlich größere Portionen als jemand, der sechs Gänge bestellt.“ So setzen sich schlussendlich auch wieder die Preise zusammen, erklärt Leitner. „Eine Wachtel allein im Hauptgang ist dann natürlich wesentlich größer als im Sieben-Gänge-Menü. Und nach sieben Gängen ist man im Kaisersaal mehr als pappsatt. Erst recht durch dieses ganze Rahmenprogramm, welches da dazu kommt.“