Richtig zufrieden sind die deutschen Bauern nie. Mal nervt sie ein bockiger Minister in Berlin, mal gängelt sie eine weltfremde EU-Kommission in Brüssel mit überzogenen Vorgaben. Und immer ist es – natürlich – das Wetter, das die Geschäfte der rund 500.000 Landwirte in Deutschland verhagelt.

Die Rolle des Mahners und Warners übernimmt dabei seit Jahrzehnten zuverlässig der Deutsche Bauernverband, der sich beim kleinsten Anzeichen politischen Gegenwinds wie eine Bärenmutter zähnefletschend vor seine Schützlinge wirft.

Die Litanei der Leiden passt auf keine Kuhhaut

Das war auch beim letzte Woche in Berlin zu Ende gegangenen Bauerntag so. Die Liste der vermeintlich existenzbedrohenden Probleme für die deutsche Bauernschaft passt nach Ansicht der Funktionäre auf keine Kuhhaut. Die Zukunft der Landwirte wird infrage gestellt von der Zollpolitik von Donald Trump, die wie ein Damoklesschwert über der exportorientierten Branche hängt.

Da ist die Maul- und Klauenseuche, deren Nachwirkungen die Viehhalter in Mitleidenschaft zieht. Und natürlich tut der Mindestlohn, Kosten durch Klima- und Tierschutz, fehlende Spritzmittel, Düngevorschriften und steigende Pachtpreise für Äcker ein Übriges.

Seit Jahren oberster Vertreter der Bauern im Südwesten, im Bund und in Europa: Joachim Rukwied.
Seit Jahren oberster Vertreter der Bauern im Südwesten, im Bund und in Europa: Joachim Rukwied. | Bild: Christoph Soeder,dpa

Das alles führe dazu, dass immer mehr Höfe aufgeben würden, was letztlich auch die Versorgung der Bevölkerung mit heimischen Nahrungsmitteln gefährde, heißt es aus der Branche.

Manche Branchen verdienen sehr gut

Tatsächlich umschreiben alle diese Punkte die Lage der Bauern kurz vor Beginn der Erntesaison nur unzureichend. Landwirtschaft ist kein homogener Wirtschaftssektor, in dem alles für alle immer gleich läuft.

Während Ackerbauern und Milchviehhalter im vergangenen Jahr empfindliche Einbußen hinzunehmen hatten, fuhren Schweinehalter Rekordgewinne ein. Während Bauern mit viel eigenem Land aufgrund stark gestiegener Pachtpreise seit Jahren prächtig verdienen, wird es für Höfe ohne große Äcker zusehends eng.

Ein Winzer in Stümpfelbach erntet Weintrauben. Winzer mussten im letzten Geschäftsjahr Einbußen hinnehmen.
Ein Winzer in Stümpfelbach erntet Weintrauben. Winzer mussten im letzten Geschäftsjahr Einbußen hinnehmen. | Bild: Bernd Weißbrod, dpa

Wenn es eine Gemeinsamkeit gibt, dann die, dass die vergangenen Jahre für die Branche nicht die schlechtesten waren. Immer wenn Preise steigen, wie nach Beginn des Ukraine-Kriegs im Lebensmittelbereich geschehen, profitiert man entlang den Wertschöpfungsketten.

In der Landwirtschaft waren es vor allem die Jahre 2022 und 2023, die die Gewinne in der Branche nach oben schnellen ließen. Im vergangenen Jahr haben sie sich auf einem niedrigeren Niveau eingependelt, liegen aber immer noch deutlich über den Durchschnittswerten des vergangenen Jahrzehnts.

Alois Rainer (CSU), Bundesminister für Landwirtschaft, Ernährung und regionale Identität: Einen Spitznamen haben ihm Kritiker schon ...
Alois Rainer (CSU), Bundesminister für Landwirtschaft, Ernährung und regionale Identität: Einen Spitznamen haben ihm Kritiker schon gegeben: Der Schwarze Metzger. Das spielt auf seine Parteizugehörigkeit und seinen Beruf an. Das er für die Bauern tun kann, muss sich noch zeigen. | Bild: Albert Zawada, dpa

Für die kommenden Jahre deutet sich zudem ein politischer Richtungswechsel an, der den Bauern in die Karten spielt. Der neue Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) hat bei seinem ersten öffentlichen Auftritt beim Bauerntag klargemacht, dass er vielen zentralen Forderungen der Landwirte nachkommen will – von billigem Agrardiesel, über weniger Vorschriften beim Düngen bis hin zu neuen Subventionen für die Viehhaltung.

Dass sich das in der Stimmungslage der Bauern noch nicht hinreichend widerspiegelt und die Miesepetrigkeit nicht weichen will, hat maßgeblich damit zu tun, dass sich die Erzeuger in einer Rolle befinden, mit der sie ganz grundsätzlich nicht zurechtkommen. Denn eigentlich wollen sie nur ihren Job machen. Und zwar Lebensmittel produzieren. Jahrzehntelanges erfolgreiches Lobbying hat aber eine Bauernschaft hervorgebracht, deren Einkommen zur Hälfte von staatlichen Transfers bestritten werden.

Hohe Subventionen verlangen nach Gegenleistungen

Als Gegenleistung für die milliardenschweren Morgengaben will die Gesellschaft natürlich mitreden – sei es über das Thema Tierwohl oder den Einsatz von Dünger und Pestiziden, die Extensivierung von Flächen oder den biologischen Anbau. Anders ausgedrückt: Die hohe gesellschaftliche Bedeutung des Sektors zusammen mit ihrer hohen Abhängigkeit von Subventionen kollidiert mit dem Anspruch der Bauern, Herren über die eigene Scholle zu sein. Es ist diese psychologische Dimension der oft zitierten Agrarkrise, über die viel zu wenig gesprochen wird. Ohne die daraus entstehenden Widersprüche zu klären, werden die deutschen Bauern nie richtig zufrieden sein können.