Während der Hitze-Tage, die Baden-Württemberg gerade erlebt, werden Duschkabinen zu einer Art Oase und Ort unbeschwerter Freude. Was leicht aus dem Blick gerät, ist der Umstand, dass die schöne chromblitzende Sanitär-Installation auch gereinigt werden muss. Damit ist deutlich weniger Glücksgefühl verbunden. Die Wasserrechnung zu lesen, die sich wegen des Duschregenfalls erhöhen kann, zählt ebenfalls nicht zu den Lieblingsbeschäftigungen der Deutschen.

Die Bürger sollen Wasser sparen. Die Zeiten, in denen aus einer Handbrause pro Minute 15 Liter spritzen, sollten vorbei sein. Andererseits möchte keiner Einbußen bei der Körperhygiene hinnehmen und mit einem schlechten Gefühl nur halb gewaschen aus der Dusche steigen.

Testduschen warten auf Probanden

Deshalb darf in der neu eingerichteten und acht Mitarbeiter starken Strahlforschungsabteilung des Sanitärtechnik-Herstellers Hansgrohe in Schiltach im Schwarzwald geduscht werden. Hinter weißen Kunststoff-Vorhängen blitzt das Chrom einer großen Kopfbrause, jeder aus der fast 2000 Köpfe starken Belegschaft des Standortes kann sich online anmelden.

Allerdings nicht als Spaßduscher, sondern als Testperson. „Wir freuen uns über das ehrliche Feedback unserer Probanden“, sagt Markus Woehrle, seit 25 Jahren bei Hansgrohe und heute dort Leiter der Strahlforschung.

Markus Woehrle vor einer der Testduschen Video: Alexander Michel

Eines seiner Lieblingswörter heißt „Duscherlebnis“. Sein Forschungsteam tut alles dafür, den Kunden dieses zu verschaffen und Dusch-Unmut zu vermeiden. Den Probanden drückt man daher Tablets in die Hand, damit sie Fragen beantworten. Denn gratis ist das Vergnügen nicht.

Die Tester wollen etwa wissen, ob Haarshampoo vollständig aus den Haaren gespült worden ist, wie es sich anfühlt, wenn die Tropfen auf der Haut auftreffen und ob der Tester meint, dass sich trotz begrenzter Durchflussmenge das allgemeine Wunschgefühl von „viel Wasser“ einstellt. Denn es sind nur etwa sieben Liter pro Minute, die zur Verfügung stehen. Ohne Begrenzung wäre es mehr als das Doppelte.

Handbrausen werden unter verschiedenen Bedingungen getestet Video: Alexander Michel

US-Präsident Donald Trump, der – wie jüngst – per Dekret die Begrenzung des Wasserdurchflusses aufgehoben hat, wäre als Tester bei Hansgrohe wohl ohne Sorge um die nötige Feuchtigkeit in seinem Haar. Allerdings ist sein Motto „Mehr Druck!“ von gestern. Dank intelligenter Technik. Wie im Labor indes zu erfahren ist, machen sich leider viele Privatleute oft aber auch Hoteliers wenig Gedanken zum Wassersparen, das gleichzeitig auch Energiesparen bedeutet. Es fehlt hier an Expertise. Damit bleibt ein Faktor zur Kostendämpfung unberücksichtigt.

Was die Entwicklung nicht einfacher macht: „Jeder hat beim Duschen ein anderes Empfinden“, sagt der Versuchsingenieur Marcel Bilger. Man könnte ihn den Herrn der Tropfen nennen. Denn die Labors und Prüfstände wälzen die Frage, wie der Wasserstrahl durch die Düse – abhängig von Druck und Wassermenge – haut- und gefühlsoptimal geformt werden kann. Dazu wird der Duschregen in einem der Prüfstände mit einer Kamera erfasst, die hochaufgelöste Fotos von den Strahlen macht, aus denen die Tropfenkundler ihre Erkenntnisse ziehen.

Wie viel Überlegung in einem modernen Duschkopf steckt, weiß Marcel Bilger, Versuchsingenieur bei Hansgrohe. Eine einzelne Düse hat ...
Wie viel Überlegung in einem modernen Duschkopf steckt, weiß Marcel Bilger, Versuchsingenieur bei Hansgrohe. Eine einzelne Düse hat einen Querschnitt von nur 0,35 Millimeter – und soll dennoch zuverlässig einen präzisen Strahl abliefern. | Bild: Alexander Michel

Daran arbeitet man bei Hansgrohe seit Jahrzehnten und wird es auch weiter tun. „Die Entwicklung ist nie abgeschlossen“, sagt Bilger. Denn nicht nur die Technik bewegt sich weiter, sondern auch die Bedürfnisse und Ansprüche der Kunden ändern sich.

Auf Duscheputzen ist niemand scharf

„Im Moment ist die Reinigung ein ganz großes Thema“, sagt der Ingenieur. Die gekachelte klassische Nasszelle ist von gestern, heute soll die Dusche eine ästhetisch ansprechende Komfortzone sein, bei der mit Glassegmenten nicht gegeizt wird. Nachteil: Kalkränder trüben das Vergnügen, der leidige Putzdienst ist gefragt.

Auf den Kalkgehalt des Wassers hat man bei Hansgrohe zwar keinen Einfluss, aber auf die Verkalkung von Brause- und Duschköpfen durchaus. Eine neue und erst vor kurzem vorgestellte Düsengeneration sagt dem Kalk aktiv den Kampf an, indem sie sich bei Erhöhung des Wasserdrucks automatisch vergrößert. Dabei platzt der Kalk ab. Wird der Druck zurückgenommen, verkleinert sich die Düse wieder. Ermöglicht wird diese Flexibilität durch ein Silikonmaterial, dessen Verhalten im Labor unter dem Mikroskop erfasst wird.

Bei den Düsen der Duschköpfe und Handbrausen schauen die Experten wie Deepale Nandakumar im Hansgrohe-Labor ganz genau hin. Auf dem ...
Bei den Düsen der Duschköpfe und Handbrausen schauen die Experten wie Deepale Nandakumar im Hansgrohe-Labor ganz genau hin. Auf dem Laptop kann man sehen, wie sich eine Düse – je nach Druck – verformt, um Kalkablagerungen loszuwerden. | Bild: Alexander Michel

Wohin ein Kunde selten sieht, nämlich auf die winzigen Wasserdüsen einer Dusche, das ist für Techniker wie Marcel Bilger die große Arena, in der über den Fortschritt entschieden wird. Bisher waren die Düsen für gewöhnlich rund. Inzwischen haben sie bei Hansgrohe auch die Silhouette einer Blume mit vier Blütenblättern. So lässt sich der Strahl noch besser kontrollieren, die Verkalkung noch effizienter verhindern. Das Unternehmen unterhält externe Prüfstände, in denen Tests mit besonders kalkhaltigem Wasser vorgenommen werden.

Akustische Störgefühle sind unerwünscht

Die Leute wollen nicht viel putzen, sie wollen bei ihrer Spar-Dusche trotzdem – je nach Vorliebe – unter einem feinen Niesel- oder einem starken Tropenregen stehen. Und sie wollen keine akustischen Störgeräusche. Damit die nicht aufkommen, arbeitet Melanie Grüner hinter einer 30 Zentimeter dicken Tür in ihrem Schalllabor. Sie ist die Sound-Spezialistin der Schiltacher Forschungsgemeinschaft. „Über die Akustik von Duschen und Brausen hat man sich lange keine Gedanken gemacht“, sagt sie. Aber Duschen hat auch etwas mit Hören zu tun – und da soll es harmonisch zugehen.

Die Kunst der leisen Berieselung: Melanie Grüner, Akustik-Ingenieurin bei Hansgrohe, in ihrem schalldichten Labor mit zwei Handbrausen ...
Die Kunst der leisen Berieselung: Melanie Grüner, Akustik-Ingenieurin bei Hansgrohe, in ihrem schalldichten Labor mit zwei Handbrausen in Aktion. Außengeräusche bleiben draußen, es interessiert nur der Laut des Wassers beim Fallen. Für diese Vorführung sind die Brauseköpfe ausnahmsweise an einer Aluschiene montiert. | Bild: Alexander Michel

Selbstverständlich ist das nicht. Verirrt sich ungewollt Luft in einen Wasserstrahl, droht ein Gurgelgeräusch, das keiner will. Wird die Durchflussmenge zu scharf reguliert, gibt es Schwingungen, die in ein Pfeifen übergehen. Das passt nicht zu einem Duscherlebnis. Eine Brause kann Schwingungen über die Rohrleitung in die angrenzende Wand übertragen. Das Duschen ist im Nebenraum vernehmbar – gerade in Hotels nicht beliebt.

Das Geräusch des Wassers beim Fallen

Um die Dusch- und Brauseköpfe in Ruhe belauschen zu können, hat die Verfahrensingenieurin Grüner eine große Testbox entworfen, über der die verchromten Prüflinge frei schwingend hängen. Die Strahlen fallen auf eine Art kleinen Weihnachtsbaum aus Kunstrasen, um das Aufschlagsgeräusch in der Wanne abzustellen.

Eine Handbrause in der Testbox des Schall-Labors Video: Alexander Michel

Übrig bleibt nur das rauschend-plätschernde Geräusch der Strahlen, verschieden je nach Art des Duschkopfs. Dank digitaler Auswertung am Bildschirm kommt Grüner unerwünschten Dissonanzen und dem perfekten Wasser-Sound auf die Spur.

Für einen erlaubten Geräuschpegel einer Brause gibt es keine DIN-Norm. „Aber auf längere Sicht wäre es wünschenswert, eine Klassifizierung einzuführen“, sagt Melanie Grüner. „Ähnlich wie bei den Effizienzklassen von Elektrogeräten.“