Das Telefon klingelt, man geht dran – aber niemand meldet sich. Das ist nicht nur zeitraubend, es macht auch nervös: Wer will etwas von mir, ist die Sache wichtig? Habe ich ein dringendes Gespräch verpasst? Mitunter gibt es eine einfache Erklärung für die Anrufe. Kommt es jedoch zu ständigen Belästigungen oder handelt es sich um Betrugsversuche, sollten sich die Betroffenen wehren.

Rund 155.000 Beschwerden über den Missbrauch von Rufnummern hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) im vergangenen Jahr registriert – mehr als je zuvor. In 23.643 Fällen ging es dabei um belästigende Anrufversuche, wie eine Sprecherin der Aufsichtsbehörde auf Anfrage mitteilte. Die BNetzA rät generell zur Vorsicht bei Anrufen von unbekannten Nummern.

Was steckt hinter den mysteriösen Anrufen?

Bei Anrufen aus dem Inland ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie von einem Call-Center stammen, das zum Beispiel eine Umfrage durchführt oder Marketingzwecke verfolgt. Dass sich niemand meldet, kommt so: Viele Call-Center setzen automatische Wählprogramme ein, die zur bestmöglichen Auslastung des Personals gleichzeitig mehrere Nummern anwählen. Im Idealfall ist dann für alle, die abheben, eine Kontaktperson im Call-Center tatsächlich frei.

Aber so reibungslos geht das nicht immer auf, und es heben mehr Leute ab als erwartet. Für einige der Angerufenen ist dann keine Zeit, sodass die Leitung stumm bleibt oder nur Hintergrundgeräusche zu hören sind. In der Branche werden diese Anrufversuche als Lost Calls bezeichnet. Beschwerden darüber gehen bei der Bundesnetzagentur in die Kategorie „Belästigende Anrufversuche“ ein, wie die Sprecherin der Behörde erklärte.

Muss ich mir diese Werbe-Anrufe gefallen lassen?

Das Anklingeln von Leuten, ohne sich zu melden, ist nicht prinzipiell unrechtmäßig. Um einen Rechtsverstoß kann es sich im Einzelfall aber doch handeln. Entscheidend ist, wann und wie oft die Anrufe erfolgen. Je häufiger das Telefon früh am Morgen oder spät am Abend bimmelt, desto eher liegt eine Belästigung vor, die von der BNetzA geahndet werden kann.

Um den Fall zu prüfen, benötigt die Behörde Angaben über Anrufversuche, die sich mehrfach innerhalb der Woche sowie mehrmals am Tag zu unterschiedlichen Zeiten wiederholen. Dies gilt besonders auch für Anrufe an Samstagen sowie Sonn- und Feiertagen. Wichtig ist, der BNetzA die im Display angezeigte Nummer des Anrufers zu nennen – sonst fehlt ihr eigenen Angaben zufolge ein Ermittlungsansatz.

Tipp: Ein Beschwerde-Formular steht auf der Webseite der BNetzA: www.bundesnetzagentur.de, Verbraucherportal, Anfragen und Beschwerden, Ärger mit Rufnummern und Anrufen, belästigende Anrufversuche.

Was kann meine Beschwerde bringen?

Liegt ein Rufnummernmissbrauch durch belästigendes Anrufverhalten vor, kann die BNetzA die Anrufer abmahnen, ihnen eine Rüge erteilen und – als schärfstes Schwert – die Abschaltung ihrer Rufnummern anordnen. In Betracht kommt das hauptsächlich bei Verstößen gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Laut § 7 sind geschäftliche Handlungen unzulässig, durch die ein Marktteilnehmer „in unzumutbarer Weise belästigt“ wird.

Kann ich mich auch selbst gegen diese Anrufe wappnen?

Wer wissen will, ob ein Lost Call vorliegt oder der Anruf möglicherweise doch privat war, kann sich über Rufnummern informieren, die auch anderen Betroffenen bereits unangenehm aufgefallen sind. Internetangebote wie www.tellows.de und www.cleverdialer.de sammeln entsprechende Meldungen und nennen die jeweiligen Gründe der Anrufe. Die Tabellen mit fraglichen Nummern werden von den Webseiten regelmäßig aktualisiert.

Tipp: Wer sich belästigt fühlt, kann diese Nummern vorsorglich sperren. Das geht sowohl fürs Smartphone (in den Einstellungen) als auch fürs Festnetz im Router oder direkt beim Telefonanbieter. Teilweise lassen sich auch ganze Rufnummernblöcke sperren.

Wann habe ich es mit Betrug zu tun?

Zeigt das Display des Handys eine ausländische Nummer an, kann ein sogenannter Ping-Anruf vorliegen. Die Verursacher wollen ihre Opfer zu einem teuren Rückruf ins Ausland verleiten, an dem sie dann mitverdienen. Deshalb lassen sie das Telefon nur so kurz klingeln, dass ein Abnehmen kaum möglich ist. Wer dann zurückruft, hört der BNetzA zufolge oft Bandansagen, die den Anrufer animieren sollen, die Verbindung lange zu halten. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs erfüllen die Ping-Anrufe den Tatbestand des Betrugs.

Tipp: Beschwerden über Ping-Anrufe können bei der BNetzA unter Angabe der Rufnummer, des Datums und der Uhrzeit des Anrufs sowie einer möglichst detaillierten Beschreibung des Vorfalls eingereicht werden.

Gibt es für die Anfrufe noch weitere Erklärungen?

Denkbar ist auch, dass sie von Unbekannten stammen, die Rufnummern nach dem Zufallsprinzip ausprobieren, um festzustellen, ob sie aktiv genutzt werden. Die Information darüber können sie anschließend für ihre eigenen Zwecke einsetzen oder sie an andere verkaufen – so wie es auch einen Handel mit E-Mail-Adressen gibt.

Der Bundesnetzagentur liegen eigenen Angaben zufolge allerdings keine Kenntnisse über solche Praktiken vor. Es bleibt dennoch der Rat zur Vorsicht bei unbekannten Rufnummern. Denn das Missbrauchspotenzial ist groß, wie ein Blick in die Webangebote Clever-Dialer und Tellows zeigt.

Es reicht von der telefonischen Ankündigung angeblicher Gewinnspiele bis zur behaupteten Rückzahlung von Krankenkassenbeiträgen, bei denen es den Anrufern aber hauptsächlich um das Abgreifen von privaten Daten ihrer Opfer geht.

Die Verbraucherzentralen empfehlen, die angezeigte Rufnummer auf ihre Echtheit zu überprüfen – oder das Gespräch im Zweifel sofort zu beenden. Möglicherweise gibt das Handy schon beim Klingeln den Hinweis „Spamverdacht“. Dann kann man die Nummer sperren.