Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel, soviel kann man jetzt schon sagen. Der Bund hat den Kommunen zwar vorübergehend zusätzliches Geld zugesagt, aber reichen wird das hinten und vorne nicht. Grundsätzliche Entscheidungen wurden aufgeschoben. Bis zum nächsten Gipfel, oder dem übernächsten. Ob man dann weiter ist? Daran kann gezweifelt werden.
Es fängt beim Geld an: Die Finanzströme sind unübersichtlich. Nicht mal in den Ministerien hat man immer den Durchblick, wurde dem SÜDKURIER kürzlich von informierter Seite verraten. Der tiefere Grund dafür ist, dass noch immer nicht fix geregelt ist, wer dauerhaft welche Lasten zu tragen hat. Ein Hauptkritikpunkt von Ländern und Kommunen, der aber auch bei diesem Gipfel nicht geklärt wurde.
Krieg, Krisen, Klima – all dies treibt Menschen in die Flucht
Man könnte meinen, der Flüchtlingszustrom sei ein neues Phänomen, etwas, mit dem man erst umgehen lernen muss. So unvorbereitet wirkt die Bundesregierung. Dabei ist längst klar, dass jährlich Hunderttausende ihr Heil in Deutschland suchen – schon ganz ohne Ukraineflüchtlinge. Angesichts der unsicheren Weltlage und der Klimaveränderungen wird sich das Problem in Zukunft noch verschärfen. Und so wie sich Europa präsentiert, ist praktisch ausgeschlossen, dass man auf dieser Ebene Lösungen findet.
Was also tun? Die Lage ist schwierig, aber nicht aussichtslos. Es gibt Dinge, die man tun kann, die nicht von EU-Zustimmung abhängen. Zum Beispiel: Die praktischen Probleme der Kommunen angehen – das immerhin steht in der Macht von Bund und Ländern. Städte und Gemeinden müssen so ausgestattet werden, dass sie ihre Aufgabe bewältigen können. Dort, wo die Flüchtlinge letztlich landen, die Sprache lernen, einen Job finden, entscheidet sich, ob aus dem Flüchtlingsschicksal eine Perspektive wird und dadurch auch etwas Positives für Deutschland erwächst. Damit das überhaupt gelingen kann, braucht es zunächst mal so grundlegende Dinge wie ein Dach über dem Kopf – und seien es Container, die Kommunen bereithalten können, ohne dass dies auf ihre Kosten geht.
Den Helfern geht die Puste aus
Landräte und Bürgermeister hört man immer häufiger darüber klagen, dass den Helfern, professionell wie ehrenamtlich, nach jahrelangem Krisenmodus die Puste ausgeht. Das ist nur verständlich. Nicht verstehen kann man hingegen, dass man sie so hängen lässt. Denn Flüchtlinge sind kein Betriebsunfall, sie kommen nicht aus dem Nichts. Man kann, man muss mit ihnen rechnen – und deshalb rechtzeitig die Infrastruktur dafür stärken. Damit nicht alle paar Jahre von neuem am Limit gearbeitet werden muss, braucht es die Finanzmittel, mit denen Städte und Gemeinden verlässlich rechnen können. Dann bleibt allerdings immer noch das Personalproblem: Lehrerinnen, Erzieher und Verwaltungsmitarbeiter werden dadurch nicht mehr.
Die Akzeptanz der Bevölkerung steht und fällt damit, ob die Politik es schafft, das Flüchtlingsthema vernünftig zu managen. Das meint neben dem Bereithalten der nötigen Infrastruktur auch eine vernünftige Verwaltung – eine digitale Plattform für Erfassung von Flüchtlingen wäre längst überfällig, doch es gibt sie nicht. Und dann geht es auch um die Logik von Entscheidungen: Wer keine Bleibeperspektive hat, muss das Land wieder verlassen. Alles andere lässt sich nicht vermitteln.
Keine Lösung von der EU zu erwarten
Hier ist der Flüchtlingsgipfel aber keinen Meter weiter gekommen. Diskutiert wird – wie schon vor Jahren – über schärfere Grenzkontrollen und über Asylverfahren an den Außengrenzen der EU. Das eine hat nach Ansicht vieler Experten kaum Wirkung, das andere dürfte kaum durchsetzbar sein – dazu bräuchte man ja die EU. Letztlich bleibt auch der Ampel nur das Agieren auf bilateraler Ebene: Sichere Herkunftsländer müssen ausgewiesen, Rücknahmeabkommen geschlossen, Regelungen mit den angrenzenden Staaten getroffen werden. Das Problem des Flüchtlingszustroms kann man nicht lösen, aber man kann es managen. Man muss es sogar.