Seit Einführung des Prostitutionsgesetzes unter Rot-Grün im Jahr 2002 gilt Prostitution in Deutschland nicht mehr als sittenwidrig. Die Unionsbundestagsfraktion spricht sich für ein strafbewehrtes Sexkaufverbot für Freier aus.

Damit ist sie nicht allein: Auch das Europaparlament hat sich für ein Sexkauf-Verbot nach dem sogenannten Nordischen Modell ausgesprochen. Mit diesem Konzept wird der Kauf sexueller Dienstleistungen unter Strafe gestellt. Bordelle müssten schließen.

Bundesfrauenministerin Lisa Paus (Grüne) erklärte zuletzt, dass die Bundesregierung keine Änderungen am Prostituiertenschutzgesetz plane. Unsere Autorin ist davon überzeugt, dass das aber sinnvoll wäre:

1. Prostitution ist eben kein normaler Job

Seit 2002 ist Prostitution zwar legal. Doch von 28.300 überwiegend Frauen waren laut Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit im vergangenen Jahr gerade einmal 50 sozialversicherungspflichtig beschäftigt und zehn über einen Mini-Job angemeldet. Die meisten Frauen sind (schein-)selbständig tätig. Wie viele krankenversichert sind, darüber gibt es keine Statistik. Daten zur Höhe der Einkommenssteuer der Sexarbeiterinnen fehlen ebenso.

Für die Besteuerung zuständig sind die Länder. In Baden-Württemberg wird das sogenannte Düsseldorfer Verfahren angewandt. Dabei zahlen Prostituierte meist 25 Euro pro Tag als Steuer-Vorauszahlung an den Bordell- oder Barbetreiber. Ob die das Geld ans Finanzamt abführen, wird aber kaum geprüft.

2. Sexuelle Ausbeutung darf nicht legal sein

Die wenigsten Frauen und Männer verkaufen ihren Körper freiwillig für Sex. Für eine sechsstellige Zahl bestehe „eine faktisch totale Abhängigkeit von den Zuhältern“, schreibt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in ein Positionspapier, in dem das Sexkaufverbot gefordert wird. Sie seien sexueller Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch schutzlos ausgeliefert.

Laut Gesetz macht sich ein Freier zwar schon heute strafbar, wenn er auch nur ahnt, dass sich die Person unter Zwang verkauft. Allerdings wurde seit 2018 bundesweit nicht ein Freier für diesen Tatbestand verurteilt. Dabei wissen Sexkäufer vielfach, was sie tun. Laut einer aktuellen Freierstudie der amerikanischen Psychologin Melissa Farley gab jeder Zweite der 100 befragten Freier in Deutschland zu, beim Sexkauf einen Zuhälter oder Menschenhändler beobachtet oder bezahlt zu haben.

3. Das Gesetz schützt Prostituierte nicht

2017 hat der Bundestag das Prostitutionsschutzgesetz beschlossen. Seither gibt es die Kondompflicht für Freier. Geschäftsmodelle wie Flatrate-Bordelle oder Gang-Bang-Partys wurden verboten. Dazu kamen Hygiene- und Sicherheitsvorschriften für Bordelle. Und es wurde die Freierbestrafung eingeführt. Doch obwohl auch das Strafrecht für Menschenhandel und Zwangsprostitution ausgeweitet wurden, laufen diese Schutzvorschriften „größtenteils ins Leere“, steht im Positionspapier der CDU/CSU-Fraktion.

In ihrem aktuellen Lagebild zu Menschenhandel und sexueller Ausbeutung schreibt das Bundeskriminalamt, dass Opfer regelmäßig unter Druck gesetzt werden, um sie in der Ausbeutung zu halten. Ohne Aussage der Prostituierten können Polizei und Justiz aktuell jedoch nicht gegen Täter vorgehen. Ausdruck dessen sind nur wenige Ermittlungsverfahren. 2022 wurden 346 bundesweit abgeschlossen.

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4. Prostitution betrifft uns alle

Wie viele Menschen sich in Deutschland für Sex verkaufen, ist schwer zu beziffern. Das Dunkelfeld ist groß. Experten gehen von 250.000 bis 400.000 aus. Von den 28.300 angemeldeten Prostituierten im Jahr 2022 hatten 80 Prozent keinen deutschen Pass. Was geht uns das als Gesellschaft an? Sehr viel. Weil gerade jungen Männern immer noch suggeriert wird, dass sie im Puff gegen Geld alles bekommen, was sie wollen – und das völlig legal.

Frau und Mann gleichberechtigt? Wie tief verwurzelt alte Rollenbilder sind, zeigte erst im Sommer eine Studie der Hilfsorganisation Plan International, die für große Diskussionen sorgte. Demnach findet jeder dritte junge Mann unter 35 Jahren gelegentliche Gewalt gegenüber Frauen in Ordnung, um ihnen Respekt einzuflößen. Gleichberechtigung sieht anders aus.

5. Wenn Sexkauf verboten wird, nehmen auch keine Vergewaltigungen zu

Männer brauchen Sex? Ja, Frauen aber auch. Der Sexualtrieb unterscheidet sich nicht, sagt die Wissenschaft. Es ist mehr als verachtend zu fordern, dass sich Prostituierte quasi opfern sollen, um andere Frauen zu schützen. Der Deal geht auch nicht auf.

Bei Vergewaltigung geht es um Gewalt, nicht um Sex. Doch wo sich Männer Sex kaufen können, wissend, dass die Frau das gegen ihren Willen machen muss, bestärkt das möglicherweise ihre Vorstellung, dass auch Vergewaltigung außerhalb des Rotlichtmilieus in Ordnung sei. Prostitution jedenfalls sorgt nicht für mehr Sicherheit der Frauen.