Christian Streich ist sichtlich mitgenommen nach der 2:4-Niederlage gegen Borussia Dortmund. „Brutal“ nennt er das Ergebnis, das „nicht dem Spielverlauf entspricht“. Das ist richtig, aber Fußball ist eben so, faszinierend, mitreißend, aber oft ungerecht und der, der eigentlich den Sieg verdient gehabt hätte, steht mit leeren Händen da.
Mit mangelndem Feingefühl des imaginären Fußballgotts hat das aber nichts zu tun. Und so gab es auch diesmal drei Schlüsselszenen, die entscheidend waren dafür, dass Dortmund siegte und nicht der SC Freiburg.
Die 55. Minute, Spielstand 2:1 für den Sport-Club: Nach einem sensationellen Solo an der rechten Außenbahn legt Ritsu Doan dem Kollegen Vincenzo Grifo den Ball maßgerecht auf den Fuß. Zwölf Meter vor dem Tor, völlig freie Schussbahn und unbedrängt muss der Freiburger Edeltechniker die Kugel im Dortmunder Tor versenken, doch Grifo schießt haushoch über den Querbalken und beglückt die SC-Fans auf der Südtribüne mit dem Ball, den sie nicht haben wollten.
Nach dem Spiel mochte er nicht über seine Fahrlässigkeit reden, mit der er das 3:1 vergeben hatte, das möglicherweise hätte spielentscheidend sein können. „Im Training macht er die immer rein“, sagt der Trainer, „in so einer Phase halt nicht.“ Streich musste es nicht aussprechen, man sah es ihm an, was er dachte: Die Dortmunder wären dann am Boden gewesen.
Das Spiel wendet sich
Die 82. Minute, Spielstand 2:2 nach Malens Ausgleichstreffer: Im Niemandsland nahe der Mittellinie attackiert Nicolas Höfler mit einem Spagatschritt den Dortmunder Sabitzer. Ein Allerweltsfoul, das Schiedsrichter Stieler mit der gelben Karte bestraft?
Nein, ein hässliches Foul, das Videoschiedsrichter Dingert sofort erkennt und ihn zurecht dazu bewegt, den Kollegen auf dem Rasen zur Bildschirmüberprüfung zu rufen. Korrekte Folge: Rot für den in dieser Szene indisponierten Höfler und Freiburger Unterzahl.
Die 88. Minute, immer noch steht das 2:2 auf der Anzeigetafel: Marco Reus schlägt einen Freistoß in den Strafraum und dann wird es kurios. In einem Pulk von vier Spielern (unbeteiligt Junior Adamu) köpfelt Matthias Ginter den Ball gegen den Kopf von Dortmunds Schlotterbeck, von dort prallt er gegen den Hinterkopf von Grifo und von da Hummels vor die Füße, der die Kugel aus zweieinhalb Metern Entfernung zur Torlinie zum 2:3 in den Kasten spitzelt.

Viel zu lange hatte SC-Torhüter Noah Atubolu auf der Linie verharrt, und als er endlich eingreifen wollte, kugelte der Ball auch noch durch seine Beine. Maximal unglücklich, aber auch maximal schlecht. Den letzten Treffer zum 2:4 erzielte Marco Reus (90.+2).
Hinterher spricht niemand über den Fehler des 21-Jährigen, vermutlich weil er auch so schon geknickt war. Fakt ist: In seinen ersten vier Bundesligaspielen hat Atubolu noch keinen Schuss abgewehrt, aber schon zehn Gegentreffer kassiert.
Viele davon hatten seine Vorderleute zu verantworten, das 2:3, den letztlich entscheidenden Gegentreffer gegen Dortmund aber er. Unausgesprochen blieb die Frage: Was tun?