Das epische Duell
Der starke Honda-Motor im Red Bull-Rennwagen macht endlich das Duell der Generationen möglich. Soviel Druck hatte Rekordweltmeister Lewis Hamilton noch nie in einem Titelkampf. 44:43 steht es noch für den 36-Jährigen, der Sonderpunkt für die schnellste Runde von Imola bringt den leichten Vorteil für den Mercedes-Mann.
In Wirklichkeit aber herrscht Augenhöhe, die Tagesform wird entscheiden, so eng liegen die beiden zusammen. Der 13 Jahre jüngere Verstappen, der sich außerhalb des Cockpits nicht anmerken lässt, wie sehr ihn Hamilton ignoriert, versucht es mit einer nonchalanten Ansage: „Ich freue mich sehr, auf das, was da noch kommt. Wir müssen nur fokussiert bleiben.“
Der Rempler in der Startkurve von Imola, der die Grundlage für Verstappens Sieg gelegt hat, war ein Zeichen dafür, dass sich hinter harmlosen Worten harte Bandagen verstecken. Verstappen hat schon die meisten Runden in dieser Saison angeführt – aber noch nie in seiner Karriere die WM-Wertung.
Und wie reagiert Hamilton? Der klimpert auf einer Gitarre, die ihm die Familie von David Bowie geschenkt hatte, so melodisch vor sich hin, dass eine Instagram-Userin fragt: „Gibt es eigentlich irgendetwas, das Du nicht kannst?“ Gelassenheit gegen die Gefahr, überholt zu werden.
Das Duell gegen das eigene Auto
Auch Sebastian Vettels zweiter Auftritt im Aston Martin war am Ende wieder nur ein gebrauchter Rennsonntag. Hinteres Mittelfeld, das ist ja noch schlimmer gekommen als bei Ferrari. Ein Pech für den Hessen, dass sein neues Team in einer technischen Krise steckt. Die Konzeptfrage greift sofort auf den Fahrer über.
Mit 33 fehlt es dem vierfachen Weltmeister sicher nicht an Routine, allerdings an Erfahrung mit dem Auto. Einen Formel-1-Renner wechselt man nicht einfach so wie einen Mietwagen. Bloß 2006 Kilometer hat er bisher in Grün drehen können, die geringste Kilometerzahl von allen Umsteigern in dieser Saison.

Aber da ist immer noch dieser Trotz. „Portimao ist ein guter Ort, ein sauberes Wochenende zu haben“, glaubt Vettel. Er wisse, dass er noch nicht das Maximum aus sich herausgeholt hat. Besser und besser werde es, behauptet Teamchef Otmar Szafnauer: „Er hat hohe Erwartungen an sich und wird unermüdlich arbeiten.“ Es ist der Versuch, den Frust mit Fleiß zu besiegen.
Das Duell der Stellvertreter
Valtteri Bottas hat schon häufig eine unglückliche Figur gemacht, aber dann meist nur gegen seinen Teamkollegen Lewis Hamilton verloren, um im besten Auto doch noch Zweiter zu werden. Das Schicksal einer Zweitbesetzung, es gibt Schlimmeres. Zum Beispiel, wenn der Mercedes nicht mehr das beste Auto ist, und bei Red Bull plötzlich kein Nachwuchsfahrer mehr an Max Verstappen verzweifelt, sondern mit Sergio Perez ein erfahrener Pilot, der sich nicht ins Nummer-Zwei-Schicksal fügen will.
Für die beiden Adjutanten geht es darum, der Konkurrenz Punkte wegzunehmen und im Ernstfall auch taktisch zu fahren. Ausgerechnet unter diesem Druck ist Bottas in eine Formkrise geraten. Dass er sich in ein fatales Duell mit seinem Quasi-Nachfolger George Russell verwickeln ließ und daraus ein gewaltiger Schrotthaufen resultierte, hilft nicht fürs Selbstvertrauen.

Immerhin ermöglichte der Rennabbruch nach diesem Crash, dass der zurückgefallene Hamilton am Ende doch Zweiter werden konnte. Mission also halb erfüllt.
Das Duell gegen die Aussichtslosigkeit
Wie gut lebt es sich von Komplimenten? „Er ist sehr ruhig, sehr vorbereitet, ich habe ihn noch nie in Panikstimmung gesehen“, sagt Haas-Teamchef Günter Steiner über seinen Schützling Mick Schumacher. Der Formel-2-Champion macht sich nach dem Aufstieg in die Erstklassigkeit den Umständen entsprechend wirklich gut. Zweimal ins Ziel gekommen, wenn auch ganz hinten, aber aufsteigende Lernkurve.
Die Freude über Platz 16 ist groß, und sie ist echt. Er weiß, dass er in einem veralteten Auto sitzt, dem vermutlich schlechtesten im Feld. Aber vielleicht gar nicht so schlecht, um Erfahrungen zu sammeln. Das ist die Erwartung des 22-Jährigen, und das ist eine Haltung. Solange er seinen Teamkollegen in Gegenspieler Nikita Mazepin weiterhin im Griff behält, sind die Aussichten nicht schlecht.
Das Duell mit der Pandemie
Imola war China und Portimao ist Vietnam, gewaltige geographische Unterschiede, aber Hauptsache Ersatz. Der Rekordkalender von 23 Rennen war schon vor dem Saisonstart mächtig durcheinander geraten, samt Auftakt in Bahrain statt in Melbourne.
Dennoch ist der neue Formel-1-Boss Stefano Domenicali versessen darauf, den Rekordkalender durchzuziehen. Gerade musste Montreal wegen der harten kanadischen Quarantänebestimmungen zurückgeben.
Es wandert nach Istanbul, der aktuellen Inzidenz von 850 dort zum Trotz. Es geht, natürlich, ums Geld. In Gefahr durch das Virus scheinen momentan auch zwei weitere Klassiker – die Rennen im Interlagos und in Suzuka.