Es ist noch gar nicht so lange her, da war die Fußball-Nationalmannschaft eine Wohlfühloase. Da wurde geflachst, gelacht, gespielt, da wurde mancher Spieler wieder aufgepäppelt, bei dem es zuvor im Verein nicht lief. Und Joachim Löw war wahlweise ein Trendsetter, Trainer-Genie und/oder Liebling der Nation.

Demütigung gegen Spanien

Heute, im tristen November dieses vermaledeiten 2020, ist alles anders. Erschreckend anders. Das 0:6 gegen Spanien war die höchste Niederlage einer deutschen Fußball-Nationalmannschaft seit 1931. Um es ganz deutlich zu sagen: Ohne die Erfolge der Vergangenheit wäre Joachim Löw gestern Abend mit einem Handschlag in die Arbeitslosigkeit verabschiedet worden. Nicht nur wegen der Statistik, wegen der sechs Tore, die teilweise einer Demütigung gleichkamen. Es war das, was zwischen den Situationen passierte – eben nichts! Kein Aufbäumen, keine Körpersprache, keine aggressiven Zweikämpfe.

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Es gibt Tage, an denen der Ball bei jeder Gelegenheit verspringt, an denen einfachste Pässe verrecken. Aber dann, und das zeichnete eine deutsche Nationalmannschaft stets aus – wurde zumindest gekämpft, gegrätscht, gefaucht. Pardon, ein Stefan Effenberg hätte beispielsweise doch eher vier Spanier von den Füßen geholt, als sich so vorführen zu lassen.

Wäre ein Neuanfang ohne Löw nicht besser?

Die Nationalmannschaft ist auf einigen Positionen erstklassig besetzt, einen Anführer sucht man aber vergeblich. Kann man das dem Bundestrainer vorwerfen? Ja, denn auch Joachim Löw weiß, dass ein Mats Hummels gestern bei Kopfballduellen besser abgeschnitten hätte als die bedauernswerten Kollegen, die in Sevilla die Abwehr bildeten. Ein Jérôme Boateng an seiner Seite hätte besser gespielt, ein Thomas Müller hätte zumindest gefaucht. Das Trio wurde von Löw aussortiert, ein Fehler, den er öffentlich freilich nicht eingestehen will.

Viel Zeit bis zum März

„In jeglicher Beziehung war alles schlecht“, sagte Löw nach dem Debakel. Die nächste Länderspieleinheit ist erst im März, viel Zeit also für negative Gedanken mit Blick auf die EM im Sommer. Ob es ohne einen sofortigen Neuanfang mit neuem Trainer und eigentlich ausgemusterten Spielern ein schöner Fußball-Sommer werden wird? Nach dem 0:6 kann man sich das nicht vorstellen. Von Wohlfühloase ganz zu schweigen.