Es ist nicht lange her, da setzte Fifa-Präsident Gianni Infantino einen Brief auf an die 32 Teilnehmer der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. „Konzentrieren wir uns auf den Fußball“, schrieb der Schweizer da.
Und am Tag vor dem Eröffnungsspiel, bei dem tatsächlich einmal der Sport im Mittelpunkt stehen sollte, präsentiert er der Welt seine bizarr inszenierte Propagandashow – ganz im Sinne der Turnier-Organisatoren.
Dabei hat sich einmal mehr gezeigt, dass der Fokus des 52-Jährigen und des von ihm geführten Verbandes mitnichten dem Fußball oder gar, wie stets betont, der Menschenrechtslage in Katar gilt.
Bei vergangenen Turnieren regierten die Fifa und ihre Macher mit harter Hand. Nun hat sie in der Außenwirkung längst das Bild einer Marionette des Geldgebers angenommen. Wer sich früher glücklich schätzen und eine WM ausrichten durfte, musste nach der Pfeife des Verbandes tanzen. Erinnert sei nur, wie 2014 von der Fifa das Alkoholverbot (!) in brasilianischen Stadien für die WM-Zeit gekippt wurde.
Der Gast- und Geldgeber entscheidet
Und nun? Verlegt Katar das Turnier in den Winter, zieht das Eröffnungsspiel einen Tag vor und verbietet kurzerhand den Verkauf von Alkohol rund um die Stadien. Gianni Infantino & Co. sehen diesmal zu.
Teile seiner Kritik mögen zutreffen, wie die an Unternehmen, die mit Katar zusammenarbeiten und sich nicht um Arbeitsmigranten kümmern. Dennoch zeigt der Auftritt einen schwachen Präsidenten. Statt Brücken zu bauen und zu vermitteln, reißt der Schweizer Gräben auf.
Er verbietet Sportlern harmlose Statements zu Menschenrechten, macht aber selbst Politik auf großer Bühne. Und mit schrägen Bildern. Mobbing ist ohne Frage schlimm, aber Hänseleien gegen rothaarige Kinder mit der Verfolgung Homosexueller zu vergleichen oder die Lebensbedingungen der Wanderarbeiter in Katar mit seiner Jugend in der Schweiz? Nun ja...
Seit der WM-Vergabe hatte das Land zwölf Jahre Zeit für Änderungen, passiert ist laut Experten nur wenig. Wirklich verwundern darf das nicht. Schließlich hatte auch Infantino fast sieben Jahre, um die Fifa zu reformieren, seit er deren Chef-Posten übernahm. Zu einem Zeitpunkt, als viele dachten, dass es nicht noch schlimmer werden könnte.