Fußballplätze und Sporthallen sind gesperrt, bei vielen Hobbysportlern liegen nach dem wochenlangen Lockdown allmählich die Nerven blank. Am Mittwoch wollen sich in Berlin wieder die Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über den weiteren Kurs austauschen, was erneute Auswirkungen auf die Amateursportler beinhalten könnte.
Falls sich der Stillstand durch eine Verlängerung des Lockdowns über den 14. Februar hinaus fortsetzen sollte, fürchten viele Vereine und Dachverbände einen erheblichen Mitgliederschwund und das Erlahmen des Ehrenamts. Einer Erhebung der Deutschen Sporthochschule Köln zufolge erwartet jeder zweite Sportverein in den kommenden zwölf Monaten eine existenzbedrohliche Lage wegen fehlender Mitglieder- und Zuschauereinnahmen.
Der Landessportbund Sachsen meldete am vergangenen Donnerstag, dass es im vergangenen Jahr 20 000 Vereins-Austritte gab, was knapp drei Prozentpunkten entspricht. Mit rund 12 000 Abmeldungen fand der Großteil der Austritte aus den Sportvereinen im Altersbereich bis zu 14 Jahren statt.
Wie aber sieht es bei den badischen Vereinen aus? Myriam Hanser vom Badischen Sportbund in Freiburg kann auf SÜDKURIER-Anfrage bezüglich eines Mitgliederschwundes etwas Entwarnung geben, auch wenn die endgültigen Zahlen erst im Juli vorliegen. 1,5 Prozent Rückgang seien nach bisherigem Stand bei den badischen Vereinen zu verzeichnen, was in Summe 14 000 Vereinsaustritte bedeutet.
Weniger Fußball-Mannschaften
Bei den Fußballern des Südbadischen Verbandes (SBFV) sind die bisherigen Auswirkungen überschaubar. „Die gemeldeten Mannschaftszahlen der Saison 2020/2021 bewegen sich unter dem Niveau von 2019/2020, insgesamt aber im Rahmen der üblichen Schwankungen mit leichter Tendenz nach unten“, so Thorsten Kratzner. „Konkrete Zahlen werden gerade erst im Rahmen der DFB-Statistik zusammengestellt“, führt der Pressesprecher des SBFV weiter aus. Bei den Mitgliederzahlen könne aktuell noch keine Aussage getroffen werden, da hier die Meldefrist Ende März ist.
Zumindest beim FC 03 Radolfzell ist ein Mitgliederschwund derzeit kein Thema. „Wir haben erst vor Kurzem die Beiträge eingezogen. Wegen Corona hat sich niemand abgemeldet“, sagt Oliver Preiser. Der Präsident des Clubs vom Bodensee glaubt sogar, dass die Entbehrungen während der Pandemie mittelfristig einen positiven Effekt auf den Amateurfußball haben könnten. „Ich denke, dass gerade viele Jugendliche derzeit merken, wie sehr ihnen die sozialen Kontakte fehlen, sodass die Bindung zu den Vereinen sogar noch größer werden könnte.“
Bei den Tennis-Vereinen ist die Situation nicht bedrohlich. Samuel Kainhofer, Geschäftsführer des Badischen Tennisverbandes, kann zwar keine aktuellen Zahlen vorlegen, die die Mitgliedererhebung erst am 30. Juni durchgeführt wird. „Zu Beginn der Pandemie hatten wir aber eher einen Zulauf, da wir unseren Sport draußen weiter ausüben durften. Ich befürchte auch keine Probleme, weil wir eine Freiluft-Sportart sind, die schnell wieder gespielt werden dürfte“, so Kainhofer.
Und beim Handball? Einen Mitgliederrückgang von immerhin zehn Prozent hat die HSG Konstanz zu beklagen – hauptsächlich Kinder und Jugendliche. Und Geschäftsführer Frank Meisch befürchtet, „dass noch mehr dazukommen könnten, wenn es so weitergeht. Kinder müssen sich bewegen und brauchen Vorbilder. Und beides fehlt im Moment.“ Der drohende Abbruch der Saison im südbadischen Bereich, über den noch in dieser Woche beraten wird, würde den Stillstand im Handball noch verlängern.
Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sport Bundes, ruft die Amateursportler daher zu Solidarität den Vereinen gegenüber auf. Große Dankbarkeit zeigt Markus Rues vom Karate-Fitness-Dojo in Konstanz gegenüber seinen Mitgliedern, die ihm die Treue halten – trotz Corona. „Ich musste im vergangenen Jahr weniger Kündigungen als sonst hinnehmen“, sagt er. Dafür muss der Jugendnationaltrainer des Deutschen JKA-Karate-Bundes aber auch viel tun. Tägliches Online-Training mit bis zu 400 Teilnehmern in der Woche ist die Regel. „Mich stört vor allem, dass bei den Maßnahmen alles über einen Kamm geschert wird. Ich habe mein Dojo so umgebaut, dass gefahrlos trainiert werden kann und sogar Luftreinigungsgeräte angeschafft.“
Sport-Strategie in der Kritik
Deshalb fordert der Freiburger Kreis, die Interessensvertretung der 180 größten deutschen Amateur-Sportvereine, eine Perspektive. „Die Strategie kann nicht sein, darauf zu warten, bis wir alle geimpft sind“, erklärt der Vorstandsvorsitzende Boris Schmidt. Einfach alle Sportangebote zu verbieten, sei nach fast einem Jahr Pandemie nicht mehr zeitgemäß. Es müsse eine differenzierte Betrachtungsweise her.