Pfullendorf – Für den ums Überleben kämpfenden Küchenbauer Alno hat eine entscheidende Phase begonnen. Zum einen beschloss das Amtsgericht Hechingen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wie der Insolvenzverwalter Martin Hörmann mitteilte. Zum anderen muss die Traditionsfirma nun wieder selbst Personalkosten stemmen. In den vergangenen Monaten hatte die Bundesagentur für Arbeit diese Kosten übernommen. Das ist seit dem 1. Oktober vorbei. Man arbeite mit Hochdruck an einer Lösung, heißt es vom vorläufigen Insolvenzverwalter Hörmann.
Die Option, den Alno-Konzern als Ganzes zu verkaufen, war schon lange eher unwahrscheinlich; seit Montag ist sie definitiv vom Tisch. Denn der Insolvenzverwalter Martin Hörmann verkündete auch den Verkauf der Tochterfirma Pino aus Coswig in Sachsen-Anhalt. An wen und wie hoch die Kaufsumme war, wurde nicht mitgeteilt. Dieses im Billigsegment tätige Unternehmen mit 230 Beschäftigten gilt als finanziell vielversprechendster Teil des Alno-Konzerns. Laut dem "Westfalen-Blatt" soll es sich beim Käufer um den Küchenhersteller Nobilia aus dem ostwestfälischen Verl handeln. Damit der Verkauf gültig wird, müssen die Kartellbehörden noch zustimmen – das gilt als sehr wahrscheinlich.
Die Produktion ruht weiterhin
Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens dürfte Hörmann bald harte Ansagen machen müssen. So könnte er Mitarbeitern kündigen. Zudem könnte er sich von Miet- oder Leasingverträgen trennen, um finanziellen Ballast zu drücken. Am morgigen Mittwoch soll die Belegschaft der Konzernstandorte über die neuen Entwicklungen informiert werden.
Alno hat noch rund 1600 Mitarbeiter, davon sind etwa 700 in der Zentrale in Pfullendorf angestellt – dort gibt es neben dem Edelküchen-Fabrikanten Alno AG noch ein Logistikunternehmen. Für die auf Mittelklasse-Küchen spezialisierte Tochterfirma Wellmann in Enger (Nordrhein-Westfalen) arbeiten 400 Menschen, für die Billigküchen-Tochter Pino in Coswig (Sachsen-Anhalt) 230. Die Übrigen sind im Ausland tätig.
Derzeit ruht die Produktion, da nicht genug Geld für Materialkauf und andere Posten vorhanden ist. "Die Produktion bei Alno, Wellmann und Pino ist derzeit darauf beschränkt, den Wiederanlauf vorzubereiten", teilt Insolvenzverwalter Hörmann mit. Immerhin eine gute Nachricht hatte der Insolvenzspezialist in der vergangenen Woche verkünden können: Alno bekam einen Kredit über sechs Millionen Euro. Mit dem Geld kann die Firma vorerst Personalkosten stemmen – wie lange, ist unklar. Der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zufolge kam dieses Darlehen von der britischen Investmentgesellschaft Riverrock. Für die anderen Konzernteile gibt es laut Insolvenzverwalter weitere Interessenten.
Das sagt die Gewerkschaft
Michael Föst, stellvertretender Geschäftsführer der IG Metall Albstadt, spricht über den Pino-Verkauf und die Chancen, möglichst viele Arbeitsplätze in Pfullendorf zu retten.
- Pino-Verkauf: Pino habe in den letzten Jahren immer ein Plus beim Alno-Konzern abgeliefert. Deshalb komme der Verkauf einem "Raußreißen eines Sahnestückchens" gleich, sagt Michael Föst. Für die 230 Pino-Beschäftigten gebe es nun Sicherheit. Die Ängste und Sorgen der 700 Alno-Mitarbeiter in Pfullendorf blieben allerdings erhalten. Denn zentrale Verwaltungsfunktionen wie zum Beispiel die Buchführung werden bei einem Einzelverkauf nicht mehr benötigt. Deshalb wäre aus Arbeitnehmersicht ein Verkauf des Gesamtkonzerns günstiger gewesen. "Wenn Wellmann auch noch verkauft wird, dann wird es für Pfullendorf düster", sagt Michael Föst.
- Wirtschaftliche Konsequenzen: Durch den Pino-Verkauf entstehe Alno ein zusätzlicher Konkurrent, so Föst. Zudem sei die ursprüngliche Marktpositionierung mit drei Marken (Alno, Wellmann und Pino) für drei Preissegmente (hoch, mittel und niedrig) dahin. Das schwäche den Alno-Konzern.
- Das weitere Insolvenzerfahren: Auch nach dem Pino-Verkauf sei der Insolvenzverwalter Martin Hörmann nach wie vor unter Zeitdruck. Prinzipiell könne er zwar weiter wirtschaften so lange der Kredit reicht, erklärt Föst. Allerdings komme derzeit durch die stillstehende Produktion kein Geld rein, so dass die fehlenden Einnahmen den Zeitdruck für die Suche nach einem Investor erhöhen. Die schlechteste Lösung sei eine Abwicklung.