Thomas Domjahn und Walther Rosenberger

Das Corona-Virus hat Europa erreicht und breitet sich vor allem in Norditalien aus, auch Fälle in Deutschland sind mittlerweile bestätigt. Da gerade die nördlichen Regionen Italiens eine besonders hohe Wirtschaftskraft haben und mit dem Rest Europas wirtschaftlich eng verflochten sind, sind dadurch auch viele Unternehmen in Baden-Württemberg betroffen. Wir haben uns in der Region umgehört und zusammengefasst, wie sich Unternehmen aus Südbaden und Oberschwaben vorbereiten:

ZF Friedrichshafen

Der Automobilzulieferer ZF hat Dienstreisen seiner Mitarbeiter nach Italien stark eingeschränkt. „Dienstreisen in die betroffenen Regionen dürfen vorläufig nur in dringenden Fällen und mit ausdrücklicher Sondergenehmigung durch den Vorgesetzten unternommen werden“, sagte ein ZF-Sprecher.

Die ZF-Mitarbeiter seien frühzeitig über diese Reiseeinschränkungen informiert worden, hieß es. Überdies schütze das Unternehmen seine Mitarbeiter durch besonders striktes Beachten von Hygienevorschriften, etwa „regelmäßiges gründliches Händewaschen, Vermeiden von Körperkontakt und durch genaue Zugangskontrollen zu den Werken“.

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Eingehende Waren würden desinfiziert, bei Lieferanten würden Fiebermessungen vorgenommen. Erkrankt seien bislang keine ZF-Mitarbeiter in Italien. Auch Produktionseinrichtungen seien nicht geschlossen worden. „Die Werke produzieren“, sagte der Sprecher. ZF unterhält in Italien 8 Werke und 2 Vertriebsbüros mit insgesamt rund 1750 Mitarbeitern, schwerpunktmäßig im Norden des Landes. Im Jahr 2018 erzielten sie einen Umsatz von ca. 970 Millionen Euro.

Rolls-Royce Power Systems (RRPS)

Das Friedrichshafener Unternehmen unterhält einen Standort in Ligurien. Dieser liegt aber außerhalb der Provinzen, in denen Sperrzonen eingerichtet wurden. „Unsere Mitarbeiter dürfen nur in geschäftskritischen Fällen und nur mit Sondergenehmigung nach Italien reisen“, teilt ein RRPS-Sprecher mit. Behördlich angeordnete Sperrzonen dürften sie nicht betreten. Nach ihrer Rückkehr aus der Lombardei inklusive Mailand müssten sie sich zwei Wochen lang in Selbstquarantäne begeben und dürften keine Einrichtungen von Rolls-Royce betreten.

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Zudem würden Besucher, die sich in den letzten 14 Tagen in der Lombardei aufgehalten hätten, in Einrichtungen von Rolls-Royce derzeit nicht empfangen. Italien ist für den Motorenbauer ein attraktiver Markt. Vor allem das Yachtgeschäft mit MTU-Motoren, das großteils mit Werften entlang der nordwestlichen Küste Italiens stattfindet (also ebenfalls außerhalb der Sperrzonen), sei für RRPS lukrativ.

Soldaten mit Atemschutzmaske kontrollieren einen Autofahrer an einer Straßensperre vor der roten Zone von Turano Lodigiano in Norditalien.
Soldaten mit Atemschutzmaske kontrollieren einen Autofahrer an einer Straßensperre vor der roten Zone von Turano Lodigiano in Norditalien. | Bild: Claudio Furlan

IMS Gear

Der Autozulieferer aus Donaueschingen ist von der Ausbreitung des Corona-Virus in Italien bislang nicht betroffen. „Wir haben dort Kunden, aber keine Produktionsstätte“, teilt Kristin Schäkel, IMS Gear-Personalleiterin mit. Man verfolge aber die Entwicklung der Situation sehr genau und leite bei Bedarf entsprechende Maßnahmen ein, so Schäkel weiter.

„Aufgrund der aktuellen Situation vor Ort haben wir Dienstreisen von und nach Italien – deren Menge und Frequenz im Übrigen ohnehin vergleichsweise gering ausfällt – zwar nicht eingeschränkt, unsere Mitarbeiter sind aber gehalten, den Sperrgebieten in Italien weiträumig aus dem Weg zu gehen“, sagt Schäkel.

Hymer

Ein Vorarbeiter kontrolliert beim Reisemobilhersteller Hymer ein halbfertiges Reisemobil.
Ein Vorarbeiter kontrolliert beim Reisemobilhersteller Hymer ein halbfertiges Reisemobil. | Bild: Felix Kästle/dpa

Der Wohnwagenhersteller aus Bad Waldsee hat derzeit wegen der Fasnacht Betriebsferien. „Ohnehin haben wir zwar Händler in Italien, aber keine Produktion vor Ort“, teilt eine Hymer-Sprecherin mit. Mit Wiederaufnahme der Arbeit in der kommenden Woche werde die Situation neu bewertet.

Verband der Maschinenbauer

Für den Verband der Maschinenbauer in Baden-Württemberg ist Italien nach China zweitwichtigster Importeur von Maschinen und Anlagen. Wie der VDMA mitteilt, belief sich der Wert der Importe aus Italien im Jahr 2019 auf fast zwei Milliarden Euro. Bei den Ausfuhren von Baden-Württemberg nach Italien stehe Italien schon seit Jahren auf Platz 4 der wichtigsten Bestimmungsländer von Maschinen.

Wie sich der Corona-Virus auf den Handel auswirke sei bisher noch nicht abzuschätzen, sagte Dietrich Birk, Geschäftsführer des VDMA in Baden-Württemberg.

wvib Schwarzwald AG

Der Wirtschaftsverband aus Freiburg warnt vor einer zunehmenden Unsicherheit. „Diese Unsicherheit ist in der globalen Wirtschaft und in der exportorientieren deutschen Industrie spürbar – auch bei den Unternehmen der Schwarzwald AG“, sagte wvib-Hauptgeschäftsführer Christoph Münzer. „Viele Lieferbeziehungen stehen dank hoher Lagerbestände oder bereits versandten Teilen noch, aber so manche Lieferkette ist bereits unterbrochen“, so Münzer weiter. Das habe realwirtschaftliche Folgen bis hin zur Kurzarbeit, die nicht so schnell wieder ausgeglichen werden könnten.

Trigema

Wolfgang Grupp, Geschäftsführer des Textilunternehmens Trigema.
Wolfgang Grupp, Geschäftsführer des Textilunternehmens Trigema. | Bild: Christoph Schmidt/dpa

Trigema-Chef Wolfgang Grupp sagte dem SÜDKURIER, sein Unternehmen sei derzeit nicht von den aktuellen Entwicklungen in Italien betroffen. Rohstofflieferungen liefen wie gewohnt. Die Abhängigkeit vom italienischen Markt als Abnehmer von Textilien sei gering. Der Burladinger Textil-Hersteller verkauft den ganz überwiegenden Teil seiner Produktion in Deutschland.