Segel- und Motorbootkapitäne in Deutschland geben sich immer seltener mit kleineren Booten zufrieden. Anders als bei großen Yachten sei die „Nachfrage im mittleren Bootssegment verhalten“, sagte der Präsident des Deutschen Boots- und Schiffbauerverbands (DBSV), Torsten Conradi, am Dienstag in Friedrichshafen. Ein Drittel der deutschen Werften berichten von Umsatzeinbußen im bisherigen Jahresverlauf in diesem Marktsegment, das einst das Rückgrat des deutschen Bootsbaus darstellte.

Kunden wollen große Schiffe – das Geld ist da

Vollständige Zulassungszahlen über die einzelnen Bootsgrößen hat der Verband nicht. Allerdings existiert eine Import-Export-Statistik des Statistischen Bundesamts, das den Trend weg von gewöhnlichen Freizeitschiffen zu untermauern scheint. Demnach brach der Import von Segelbooten unter 12 Meter Länge zwischen Januar und Juni diesen Jahres um gut 35 Prozent ein. Bei kleinen Motorbooten betrug der Rückgang sogar 40 Prozent. Die Ausfuhren der deutschen Werften ins Ausland entwickelten sich ähnlich.

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„Der Trend geht klar zu größeren und teureren Booten“, sagte Conradi. Der sportliche Charakter des Segelns trete in den Hintergrund und Komfortgesichtspunkte würden wichtiger. Boote dienten stärker als früher als „Ferienwohnungsersatz“. Abzulesen ist das an deren Einrichtung.

Boote wie dieses mit gut 13 Metern Länge verkaufen sich laut dem Branchenverband DBSV gut, kleinere Exemplare nicht. Bild: dpa
Boote wie dieses mit gut 13 Metern Länge verkaufen sich laut dem Branchenverband DBSV gut, kleinere Exemplare nicht. Bild: dpa | Bild: Felix Kästle

Schiffe ohne mannshohe Kajüten treffen derzeit ebensowenig den Geschmack der Kunden wie solche mit spärlicher Campingausstattung unter Deck. Kaufkriterien seien dagegen immer öfter „vollständig ausgestattete Badezimmer und Küchenzeilen“, sagte Conradi. Dem entspricht eine derzeit hohe Nachfrage nach besonders großen und geräumigen Katamaranen. Die Lieferzeiten der Mehrrümpfer betragen nach Branchenangaben bis zu zwei Jahre.

Segler werden immer älter

Die Gründe für die Entwicklung sind vielschichtig. Deutschlands Sportbootfahrer – insbesondere Segler – werden immer älter. Damit einher gehen höhere Ansprüche an Komfort und eine größere Zahlungsbereitschaft. In der Schweiz, wo der ausschließlich von Binnenseen geprägte Wassersportmarkt recht genau die Verhältnisse am Bodensee widerspiegelt, macht man auch die aktuelle Niedrigzinsphase für die Marktverschiebung verantwortlich.

Micker-Zinsen treiben Verkäufe an

Niedrige Zinsen bei der Geldanlage führten zu einem Anreiz, höherwertige Boote zu kaufen, sagte Beat Plüss, Präsident des Schweizer Bootsbauerverbands. In der Schweiz sei zudem ein Trend – „weg vom Segelboot, hin zum Motorboot“ – zu beobachten, sagte Plüss. Auf Deutschland trifft dies generell auch zu.

Grundsätzlich stehen die deutschen Werften aber unter Dampf. 80 bis 90 Prozent der Unternehmen beurteilen ihre Lage gleich gut oder besser als 2018. Das strahlt auch auf die Friedrichshafener Interboot, Deutschlands zweitgrößte Wassersportmesse, ab. Das Konzept, die Messe über neun Tage laufen zu lassen, werde 2020 aufrechterhalten, sagte Messe-Chef Klaus Wellmann.