„Und jetzt voll draufdappen. Voll drauf.“ Hans Keck sitzt in einem alten Daimler-Diesel und drückt aufs Gas. Gerade hat er an einer Straßeneinmündung halt gemacht, nach links und rechts geblickt und ist dann langsam losgefahren. Einen Moment später fliegen die Gänge nur so durch die Schaltbox der Mercedes A-Klasse. Bei 25 Stundenkilometern ist der Dritte dran, bei knapp 40 der Vierte und bei gut 50 Km/h der Fünfte. „Schnell hochbeschleunigen, früh schalten und ab 60 nur noch dahingleiten“, sagt der 63-jährige Spritspartrainer. „Das ist der Schlüssel für wenig Benzinverbrauch. Und Spaß macht es auch.“

Lektion eins des Spritspar-Fuchses: Wie man richtig hoch beschleunigt Video: Rosenberger, Walther

Seit mehr als 30 Jahren bringt Keck Automobilisten landauf landab Spritsparen bei. Rentner buchen ihn, damit er ihnen die Kniffs ihrer neumodischen Autos erklärt und Firmen klopfen bei ihm an, weil sie die Betriebskosten ihrer Dienstwagenflotten senken wollen. Sogar für Motormagazine im Fernsehen ist er schon über Autobahnen und Passstraßen gekurvt und hat versucht, die Tachonadel oben und den Verbrauch unten zu halten. Sein Fazit nach all den Jahren: „Spritsparen ist eigentlich ziemlich banal.“

20 Cent pro Liter Sprit sind an Ersparnis locker drin

Dabei hätte eine kollektiv-achtsame Fahrweise der rund 47 Millionen deutschen Autofahrer wahrscheinlich deutlich mehr positive Auswirkungen auf Klima und Umwelt als sämtliche Öko-Anreizprogramme der Bundesregierung zusammen. 15 Prozent Spritersparnis sind laut Keck durchaus drin, wenn man einige Grundregeln beachtet. Bei den aktuellen Benzinpreisen wären das umgerechnet etwa 20 Cent pro Liter. „Das lohnt sich massiv“, sagt Keck der derzeit beim Fahrdynamischen Zentrum Bodensee (FZB) in Steißlingen seine Kurse anbietet.

Geschwindigkeit machts: Zu schnell fahren ist verheerend für den Spritverbrauch. Zügiges Reisetempo zwischen 80 und 120 Stundenkilometer ...
Geschwindigkeit machts: Zu schnell fahren ist verheerend für den Spritverbrauch. Zügiges Reisetempo zwischen 80 und 120 Stundenkilometer ist aber locker drin. | Bild: Tesche, Sabine

Den Bleifuß anzuheben fällt auch global ins Gewicht. Knapp 56 Millionen Tonnen Kraftstoff haben die Bundesbürger im Jahr 2018 durch ihre Motoren geblasen. Trotz Dieselkrise und hohen Spritpreisen werden es immer mehr. Nicht weil die Normverbräuche steigen, sondern weil es immer mehr Autos auf den Straßen gibt. Ein effizienterer Kraftstoffeinsatz wäre ein wichtiger Hebel gegenzusteuern. „Aber zu wenige tun es“, sagt Keck.

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In einem Landstraßen-Kreisel hat sich gerade ein grauer Mittelklassewagen vor den Fahrtrainer gesetzt. Offenbar ist es ein Spritspar-Anfänger. Als die Straße leicht bergab geht, gewinnt Kecks Vordermann zusehends Abstand. „Der drückt jetzt aufs Gas“, sagt Keck und schüttelt den Kopf. „Falscher geht‘s nicht.“ Richtig wäre es, bei Bergabfahrt einfach vom Gas zu gehen und das Auto rollen zu lassen. Das Auto verliert dann nämlich kaum Geschwindigkeit, der Spritverbrauch sinkt aber auf Null. Das oftmals praktizierte auskuppeln sei dagegen kontraproduktiv, sagt Keck. Weil der Motor vom Antriebsstrang getrennt werde, müsse die Elektronik Sprit in die Zylinder einspritzen, damit das Aggregat nicht abgewürgt werde. Anders ausgedrückt tuckert der Motor dann bei Tempo 100 in Leerlaufdrehzahl den Berg hinunter, und das kostet bis zu zwei Liter Sprit pro Stunde.

Lektion zwei des Spritspar-Fuchses: Wie man bei Gefällstrecken den Schwung richtig ausnutzt Video: Rosenberger, Walther

Nach einem halben Leben als Fahrlehrer hat Keck einige solche Tipps parat. Sie quellen förmlich aus ihm heraus. Vor der roten Ampel ja keine Motorbremse machen. Immer einen Gang höher fahren, als man eigentlich denkt. Abrupte Brems- oder Beschleunigungsmanöver unterlassen. Und, und, und.

Nach der Drehzahl fahren

Besonders wichtig ist Keck, das Gaspedal nicht wie einen Säbel zuschwingen, sondern wie ein Florett einzusetzen. „Federfuß“ fahren, nennt er diesen besonders feinfühligen Umgang mit dem Pedal, bei dem das Gas nur millimeterweise be- oder entlastet wird. So wie Rennfahrer, die mit ihren extrem dünnsohligen Schuhen sprichwörtlich am Gas hängen.

Richtiger Reifendruck? Richtiges Öl? Alles senkt dem Verbrauch. Fahrtrainer Keck mustert so ziemlich alles am Auto mit einem krtitischen ...
Richtiger Reifendruck? Richtiges Öl? Alles senkt dem Verbrauch. Fahrtrainer Keck mustert so ziemlich alles am Auto mit einem krtitischen Blick. | Bild: Tesche, Sabine

Seltsamerweise ist es der spritintensive Rennsport, von dem auch die Benzin-Sparfüche viel lernen können. Rennfahrer fahren nach Gehör, sagt Keck. Und sie achteten nicht auf den Tacho, sondern auf den Drehzahlmesser. Auch Keck sagt: „Die Drehzahl ist entscheidend.“ Die aus der Praxis gewonnene Erkenntnis hat wissenschaftliche Substanz. Die Drehzahl habe erheblichen Einfluss auf die Verbräuche, sagt Klaus Schreiner, Professor für Verbrennungsmotoren an der Hochschule HTWG in Konstanz. Um ökologisch unterwegs zu sein, sollte man die Motordrehzahl „prinzipiell so niedrig wie möglich halten“. Der Wirkungsgrad der Aggregate ist bei niedrigen Touren am höchsten. Bei Dieselmotoren liege dieser optimale Drehzahlbereich bei „unter 2000 Umdrehungen pro Minute, sagt der Motoren-Professor.

Lektion drei des Spritspar-Fuchses: Wie man am Berg richtig Gas gibt Video: Rosenberger, Walther

Keck hat auf seiner kleinen Testfahrt mit dem alten Daimler eine recht verkehrsarme Zone erreicht. Zeit sich mit vermeintlichen Nebensächlichkeiten zu beschäftigen. Er prüft, ob die Heckscheibenheizung noch aktiv ist, dann schaltet er die Lüftung zurück und die Klimaanlage aus. „Ist doch Winter“, sagt er. „Da muss der Kühlschrank nicht laufen.“

Klimaanlage kostet viel Sprit

Allein die Klimaanlage kann den Verbrauch nach Daten des Automobilverbands VDA um bis zu 2 Liter pro Hundert Kilometer nach oben treiben. Dazu kommen immer mehr sogenannte Nebenverbraucher. Der Trend zu mehr Komfort ist im Auto angekommen. Nahezu alle Fahrzeugfunktionen sind heutzutage elektrifiziert erhältlich. „Alle brauchen Energie“, sagt Keck. Die Hersteller haben dem Rechnung getragen und installieren mittlerweile in ihre Fahrzeuge 48-Volt-Systeme, um all die elektrischen Helferlein mit Strom zu versorgen. Der normale 12-Volt-Bleiakku reicht einfach nicht mehr aus, den wachsenden Energiehunger an Bord zu befriedigen.

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Es geht auf Mittag zu und auch der Energie-Sparer Keck bekommt langsam Hunger. Er steht auf dem Steißlinger Gelände des Fahrerlebniszentrums FZB und zieht Bilanz. Für den rund 20 Kilometer langen Rundkurs von Steißlingen über Radolfzell nach Singen und wieder zurück hat er im Spar-Modus nur rund 20 Minuten gebraucht. Manchmal macht er sich einen Spaß und lässt seine Zöglinge am Anfang einfach drauf los fahren, ohne vorangehende Tipps. Sie brauchen dann meist trotz Bleifuß etwas länger für den Parcours – und mehrere Liter Sprit mehr.