Der tägliche Gang ins Büro kommt bei vielen Arbeitnehmern nicht gut an – nur Homeoffice aber genauso wenig. Knapp drei von vier Beschäftigten (74 Prozent) bevorzugen das hybride Arbeiten, also eine Mischung aus beidem. Zu diesem Ergebnis kommt die jüngste Befragung der Homeoffice Studie der Universität Konstanz, die die Organisationsforscher Florian Kunze und Kilian Hampel am Donnerstag vorstellen.
„Von 2020 bis 2023 beobachten wir in unseren Befragungen konstant eine große Präferenz für das hybride Arbeiten“, sagt Kunze. Im Vergleich zur letzten Erhebung vom März 2022 sei der Wunsch nach hybridem Arbeiten noch um zehn Prozent gestiegen. „Die Mehrheit wünscht sich, frei wählen zu können, an wie vielen Tagen sie im Büro oder im Homeoffice arbeitet.“ Dabei bevorzugen die meisten eine Mischung aus drei Tagen mobiler Arbeit und zwei Tagen Präsenz im Unternehmen.

Mehr als zwei Drittel der Befragten geben an, dass sich ihre Arbeitssituation durch die Corona-Pandemie in Bezug auf Homeoffice verbessert hat. Trotzdem wollen die wenigsten sich komplett darin einnisten, weiß Kunze. „Wir bauen viele soziale Bindungen am Arbeitsplatz auf und das geht viel besser, wenn man in direkten Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen kommt.“ Zudem gebe es einige Tätigkeiten, bei denen es auf Interaktion ankäme und darauf, dass Teams unmittelbar zusammenarbeiten.
„Gerade in unserer Region müssen Firmen Flexibilität ermöglichen“
Für 70 Prozent der Befragten sind flexible Arbeitsmodelle ein wichtiger Faktor bei der Jobsuche – ein Anteil, der im Vergleich zu den vorherigen Befragungen noch gestiegen ist. Und Arbeitnehmer haben aktuell eine hohe Verhandlungsmacht. Kunze: „Für Arbeitgeber ist diese Flexibilität deshalb fast schon ein Standard, den sie anbieten müssen. Gerade bei uns in der Region, wo der Fachkräftemangel ein Riesenthema ist, ist es ganz schwer darstellbar, wenn Firmen dies nicht ermöglichen.“
Wer Flexibilität bietet, erhöhe demnach nicht nur die Chancen, bessere Bewerberinnen und Bewerber zu gewinnen, sondern auch gute Beschäftigte im Unternehmen zu halten. „Die Motivation, das sehen wir auch in unserer Studie, steigt sehr stark an oder ist konstant hoch bei denen, die sich ihre Zeit flexibel einteilen können“, so der Konstanzer Wissenschaftler.
Diskrepanz zwischen Wunsch und Realität
Und doch klaffen Wunsch und Wirklichkeit oft auseinander: So wollen nur 24 Prozent der Beschäftigten freitags ins Büro gehen – aber 46 Prozent müssen. Ein Viertel der Befragten gibt außerdem an, die Führungskraft wünsche sich deutlich mehr Büro-Präsenz als sie selbst.
„Bei diesen Mitarbeitenden sehen wir eine doppelt so hohe Erschöpfung und Belastung“, sagt Kunze. Diese Spannung sorge für kein gutes Arbeitsumfeld. „Viele gute und engagierte Mitarbeiter werden sich das wahrscheinlich nicht lange bieten lassen und dann auch nach Alternativen umgucken.“

Arbeitgeber sind laut Kunze deshalb gut beraten, ein hybrides Modell anzubieten und zu gestalten. Vereinbarungen zum mobilen Arbeiten gibt es dem Konstanzer Professor zufolge immer häufiger, mittlerweile in 60 Prozent der Betriebe. „Im Umkehrschluss heißt das aber auch: 40 Prozent gibt es eben keine Leitlinie zur Orientierung.“ Das sei gerade für Führungskräfte ein Problem, die das meistens umsetzen müssen.
Homeoffice-Regelungen sind für Unternehmen eine Herausforderung
Wie viel Homeoffice ist erlaubt? Wie viel Präsenz im Büro nötig? Und wie viel dürfen die Beschäftigten dabei mitbestimmen? Hier gebe es keine Musterlösung, sagt der Experte.
Für Arbeitgeber sei es eine Herausforderung, Arbeitsmodelle so zu gestalten, dass sie den Bedürfnissen innerhalb der Belegschaft, aber auch den jeweiligen Aufgaben gerecht werden. „Gerade wenn Regelungen unterschiedlich gestaltet werden in einem Team oder im ganzen Unternehmen, kann das auch dafür sorgen, dass dies als ungerecht wahrgenommen wird.“ Auch deshalb sei es wichtig, dass es Vereinbarungen gebe, die etwa einen festen Anwesenheitstag für alle regeln.
Trotz aller Spannungen und Herausforderungen: „Bei vielen Unternehmen ist angekommen, dass sie sich da jetzt bewegen müssen – auch die, die bisher extrem zurückhaltend waren“, sagt Kunze. Er ist sicher, dass flexible Arbeitsmodelle weiterhin ein großes Thema bleiben werden. Denn auch bei Tätigkeiten, die sich nicht zu Hause aus erledigen lassen, versuchen Betriebe mittlerweile mehr Flexibilität zu schaffen, etwa durch die Vier-Tage-Woche.