Nicht unbedingt Vollzeit arbeiten, damit genügend Zeit bleibt für die Familie. Oder für oft teure Hobbys. Die Elternzeit vielleicht für eine ausgiebige Reise nutzen. Auf jeden Fall regelmäßig in den Urlaub fahren. Hohe Mieten zahlen. Trotzdem noch gerne ausgehen wollen. Wer nach 1980 geboren ist, also zur Generation der sogenannten Millennials gehört, dem wird gern nachgesagt, dass ein ausgewogenes Berufs- und Privatleben über allem steht.

Auf jeden Fall über einem so unattraktiven Thema wie der Altersvorsorge. Immerhin hieß es für die heute 30- bis 40-Jährigen schon beim Start ins Berufsleben: „Die gesetzliche Rente wird später nie zum Leben reichen. Und private Altersvorsorgen lohnen sich oft nicht.“ Warum dann nicht einfach das Geld ausgeben und jetzt ein schönes Leben haben?

Warum sparen die Millennials nicht fürs Alter?

Solche Gedanken sind legitim, findet Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Er sagt aber auch: „Wer fürs Alter sparen möchte, für den gibt es gute Möglichkeiten, aber das „Wie“ ist eben entscheidend.“ Denn es habe durchaus Gründe, dass das Thema Altersvorsorge in der angesprochenen Generation so einen schlechten Ruf hat.

Niels Nauhauser ist Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Niels Nauhauser ist Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. | Bild: Wolfram Scheible

Vorsicht bei Provisionsberatung der Banken

„Es kommen viele Leute aus dieser Altersgruppe zu uns in die Beratung, die durchaus private Verträge für die Altersvorsorge haben. Nur sind sie damit sehr oft unzufrieden.“ Manchmal hätten noch die Eltern in bester Absicht die Verträge für Riester, Rürup oder andere Rentenversicherungen für die Kinder abgeschlossen. Oder sie seien zu Beginn ihres Berufslebens an einen sehr hartnäckigen Versicherungsmakler oder Bankberater geraten. Sie alle arbeiten auf Provisionsbasis.

Das bedeutet: Empfohlen wird nicht unbedingt das, was bedarfsgerecht ist oder die höchsten Renditen abwirft. Denn für einen ETF-Sparplan oder das schnelle Tilgen eines Eigenheims gibt es keine Provision. Fürs Alter vorsorgen lässt sich aber auch damit.

Zauberwort ETF

„Gerade in der angesprochenen Generation haben ja viele schon Erfahrungen mit ETFs gemacht. Und da sehen sie jetzt eine viel bessere Rendite als bei den Altersvorsorgeprodukten, die sie haben“, sagt Nauhauser. Häufig sei es dann auch sinnvoll, die klassischen Rentenverträge zu kündigen – selbst wenn dabei oft hohe Abschlusskosten von bis zu 10.000 Euro verloren gehen.

Aber wer das Geld stattdessen dann mit höherer Rendite anlege – etwa in einen ETF-Sparplan auf einen weltweiten Aktienindex – der könne über die lange Anlagezeit von rund 30 Jahren diese Verluste auch gut wieder wettmachen und höhere Renten erzielen.

Viele Jahre lang gab es keine Zinsen mehr auf gewöhnliche Spareinlagen. Das hat sich zwar jetzt geändert, aber die Bäume wachsen immer ...
Viele Jahre lang gab es keine Zinsen mehr auf gewöhnliche Spareinlagen. Das hat sich zwar jetzt geändert, aber die Bäume wachsen immer noch nicht in den Himmel. | Bild: DANIEL KARMANN, dpa

Wer bislang noch nicht privat fürs Alter vorsorgt, bekommt meist dann einen Schreck, wenn er zum ersten Mal eine Renteninformation bekommt, mit der die deutsche Rentenversicherung über zu erwartende Rentenansprüche informiert. „Geht man damit dann zu einem Versicherungsmakler, gibt man diesem eine Steilvorlage zum Verkauf diverser Versicherungen. Denn in dem Alter wird natürlich noch eine unglaublich niedrige Rente angezeigt“ sagt Nauhauser. Denn es fehlen noch sehr viele Beitragsjahre und das Gehalt wird in der Regel im Laufe des Arbeitslebens auch eher mehr als weniger.

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Auf mehr als ein Standbein setzen

Panik ist also nicht angebracht. Auf mehr als ein Standbein zu setzen, wenn man so lange in die ungewisse Zukunft hinein spart, aber durchaus. Denn die Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung ist an die Entwicklung des Lohnniveaus gekoppelt, dieses wiederum hängt mit der Inflation zusammen. Wie all das in 20, 30 Jahren aussieht, kann heute keiner vorhersagen.

Gleiches gilt für die Entwicklung von Immobilienpreisen. Oder für den Aktienmarkt. Weil das aber alles mit so vielen Unsicherheiten begleitet wird, lohnt es sich, zumindest einen Teil des Geldes flexibler zu sparen als das in einer privaten oder betrieblichen Altersvorsorge oder über eine selbst genutzte Immobilie möglich ist.

Sparpläne sind oft eine gute Entscheidung – etwa mit ETFs

Nauhauser empfiehlt, auf einen ETF-Sparplan zu setzen. „Es sei denn, ich weiß schon heute, dass ich in fünf Jahren ein Haus bauen möchte oder einen Neuwagen kaufen will und das gesparte Geld dafür brauche.“ Denn aufgrund der Schwankungen am Aktienmarkt könne es dann sein, dass genau zu diesem Zeitpunkt deutlich weniger Geld vorhanden sei, als man angelegt habe.

Ein Ordner mit einem Aufkleber “Riester-Rente„ steht in einem Regal. Verbraucherschützer raten mittlerweile vom Abschluß von ...
Ein Ordner mit einem Aufkleber “Riester-Rente„ steht in einem Regal. Verbraucherschützer raten mittlerweile vom Abschluß von Riesterverträgen eher ab. Nur in ganz bestimmten Konstellationen lohnen sie sich. | Bild: Jonas Walzberg, dpa

„Wenn es um Aktien geht, hört man oft, dass auf den richtigen Zeitpunkt gewartet wird, um mit dem Sparen anzufangen. Aber den gibt es nicht“, sagt Andreas Irion vom Bundesverband der Rentenberater. „Wichtig ist, dass man überhaupt etwas spart und nicht alles für den Konsum ausgibt.“

Diese Gefahr bestehe vor allem dann, wenn mal weniger Geld zu Hause verfügbar sei – beispielsweise aufgrund von Kindererziehungszeiten und darauf folgende Teilzeitbeschäftigungen. „Lege ich dann weniger Geld fürs Alter auf die Seite, wird die Rentenlücke natürlich größer“, so Irion.

Zinseszinseffekt nicht unterschätzen

Dass die Löhne heute oft niedriger seien als früher, die Mieten und Lebenshaltungskosten gleichzeitig höher, ist ein gern genannter Grund der Millennial-Generation, warum sie nichts für die Zukunft beiseitelegt. Die Experten lassen das nicht gelten. „Wer noch so viele Jahrzehnte bis zum Renteneintritt vor sich hat, kann auch mit kleinen Sparbeträgen über den Zinseszinseffekt viel erreichen“, sagt Irion.

Vorausgesetzt, man wähle die richtige Anlageform. „Viele setzen nach wie vor auf Dinge wie Sparbücher, Lebensversicherungen oder Tagesgeld, mit denen sich einfach nicht so viel herausholen lässt.“

Lebensversicherungen zählen zu den beliebtesten Anlagen der Deutschen. Warum nur? Oft lohnen sie sich nicht wirklich.
Lebensversicherungen zählen zu den beliebtesten Anlagen der Deutschen. Warum nur? Oft lohnen sie sich nicht wirklich. | Bild: Jens Büttner, dpa

Statt Neuwagen lieber Rentenvorsorge

Auch Nauhauser beobachtet, dass Sparen meist weniger damit zusammenhängt, wie viel jemand verdient – sondern eher damit, wofür er es ausgibt. Er rechnet folgendes Beispiel vor: Entscheidet man sich, statt eines Neuwagens einen Gebrauchten zu kaufen, spart man locker 10.000 Euro. „Man könnte dieses Geld auch 35 Jahre lang am Aktienmarkt breit gestreut anlegen. Die historische Rendite seit 1900 liegt bei real 5,1 Prozent. Nach Kosten für einen ETF in Höhe von 0,2 Prozent könnte daraus mit einem entsprechenden Entnahmeplan schon eine Rente von 266 Euro pro Monat über 25 Jahre Rentenbezug entstehen.“

In Rentenversicherung einzahlen

Um im Alter von mehreren Standbeinen profitieren zu können, kann es sich auch lohnen, freiwillig mehr in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen. Irion empfiehlt allen mit langen Ausbildungszeiten, wie einem Studium, sich zu überlegen, ob man für diese Jahre die Möglichkeit nutzen möchte, nachträglich noch Rentenbeiträge zu zahlen. Nauhauser verweist ebenfalls auf diese Option.

Allerdings sei das Geld dann fix gebunden. „Die Möglichkeit, sich zusätzliche Rentenpunkte zu erwerben gibt es auch bis kurz vor dem Rentenalter noch.“ Wie sich das finanziell darstellt, kann man sich über eine Beratung bei der deutschen Rentenversicherung ausrechnen lassen.