Nach der angekündigten Schließung des Betriebs beim Küchenbauer Alno besteht für die Mitarbeiter Hoffnung, bei anderen Firmen unterzukommen. Das Unternehmen erreichten viele Anfragen anderer Firmen, die Mitarbeiter übernehmen wollten, so Jochen Braun, Co-Geschäftsführer der Neue Alno GmbH, dem SÜDKURIER. „Es gibt großes Interesse an qualifizierten Leuten“, sagte er.
Laut Waldtraud Klaiber, langjährige Betriebsratschefin des Küchenbauers, suchten manche Unternehmen händeringend Mitarbeiter. Man tue das Mögliche, entsprechende Kontakte herzustellen.
Kommt die Transfergesellschaft für die Mitarbeiter?
Der Küchenbauer aus dem Linzgau hatte Anfang der Woche mitgeteilt, insolvent zu sein und den Geschäftsbetrieb der beiden Alno-Gesellschaften Neue Alno GmbH und BBT Bodensee Bauteile GmbH Ende September einstellen zu müssen. Mehrere Monate lang hatte das Unternehmen versucht, sich in Eigenregie zu sanieren.
Nun könne der Geschäftsbetrieb „aus eigener Kraft nicht mehr fortgeführt werden“, teilte die Geschäftsführung am vergangenen Dienstag mit und besiegelte damit das Ende des Küchenbaus am Standort nach knapp 65 Jahren. 230 Mitarbeiter verlieren dadurch Ende September ihren Arbeitsplatz.

Über eine Transfergesellschaft, die Löhne weiterbezahlt und in der die Mitarbeiter sich weiterqualifizieren können, ist noch nicht entschieden. Derzeit werde versucht, eine Transfergesellschaft einzurichten, sagte Alno-Co-Chef Braun. Ob sie zustande komme, sei aber noch nicht klar.
Bereits 2017 rutschte Alno in die Pleite
Bereits 2017 war Alno in die Pleite gerutscht. Mit dem britischen Investor Riverrock fand sich Anfang 2018 aber ein Kapitalgeber, der dem von hohen Verbindlichkeiten belasteten Unternehmen einen schuldenfreien Neuanfang ermöglichte und auch investierte. In diesem Frühjahr teilte Riverrock mit, auf Käufersuche für Alno zu sein. Trotz „intensiver Gespräche mit Investoren“, habe sich aber niemand gefunden, der bereit gewesen sei, ausreichend in das Unternehmen zu investieren und mit seinem Kapital auch eine längere Übergangszeit zu überbrücken, sagte Braun.

Der Küchenmarkt in Deutschland wächst aufgrund der regen Baukonjunktur seit Jahren. Allerdings gibt es auch viele Probleme. Die Produktion hat sich zusehends ins billigere Osteuropa verlagert. Die Corona-Krise mit ihren weitreichenden Geschäfts-Schließungen hat zudem zu einem Absatzproblem geführt, das sich in Produktions-Überhängen manifestiert. Als gegenläufige Effekte bekommen auch Küchen- und Möbelbauer eine Verknappung von Rohstoffen sowie Preissteigerungen etwa bei Holz zu spüren.
Von langfristig positiven Markttrend konnte Alno in den vergangenen Jahren indes nur begrenzt profitieren. Zwar stiegen die Umsätze zuletzt nach Angaben der Geschäftsführung wieder deutlich, allerdings wurde auch der Investitionsbedarf immer größer. Um langfristig wettbewerbsfähig zu werden, wäre vor allem ein neuer Maschinenpark sowie eine leistungsfähige IT-Infrastruktur nötig gewesen.
Da das Geld zum Umbau aber fehlte, versuchte das Management um Braun und Co-Geschäftsführer Michael Spadinger, im Nischenmarkt von hochwertigen Küchen „in Schreinerqualität“ zu wachsen. Der seit gut eineinhalb Jahren verfolgte Ansatz zeitigte Erfolge. So konnten etwa die Kosten deutlich gesenkt werden. Dennoch gelang es nicht, das Ruder herumzureißen und schwarze Zahlen zu schreiben.
90 Prozent der Jobs verloren
Die historische Bilanz ist bitter. In Glanzzeiten waren 1997 am Stammsitz in Pfullendorf mehr als 2800 Menschen beschäftigt. Als man Anfang 2018 nach dem Einstieg von Riverrock unter dem Namen Neue Alno durchstartete, waren noch 350 Mitarbeiter an Bord, aktuell sind es noch 230. Über die Jahre hat das Unternehmen also gut 90 Prozent seiner Angestellten verloren.
Der boomende Arbeitsmarkt im Südwesten hat die diversen Kündigungswellen bei dem Küchenbauer indes zumindest teilweise abgefedert. Ein Gutteil der Beschäftigten, kam bei lokalen Firmen wie Kramer oder Geberit unter. Die Chance, dass es zumindest für Teile der Betroffenen ähnlich läuft, besteht auch jetzt. Mit einer Quote von 3,7 Prozent bewegt sich die Arbeitslosenquote in der Region aktuell nahe an der Vollbeschäftigung.