Carsten Hoefer, dpa und Walther Rosenberger

Vergleichsweise harte Anti-Corona-Regeln, ausbleibende Gäste und technische Pannen: Die deutschen Skigebiete legen einen Stolperstart in die nun schon dritte, von den Auswirkungen der Corona-Pandemie geprägte, Skisaison hin. Besonders in Bayern ist die Stimmung mies, aber auch in Baden-Württemberg läuft es nicht rund.

Bayerns Winterurlaubsorte starten mit großem Handicap in den Pandemie-Winter: Die strengsten Corona-Vorschriften im deutschsprachigen Alpenraum lassen die Seilbahnbetreiber von Berchtesgaden bis Oberstdorf um ihre Existenz fürchten. Die bayerische Staatsregierung hat „2G-Plus“ vorgeschrieben: Wer Gondel oder Lift fahren will, muss nicht nur geimpft und/oder genesen sein, sondern auch einen Corona-Test vorlegen. Der Verband deutscher Seilbahnen beklagte bereits einen drohenden „Todesstoß“.

Hü-Hott-Politik bringt Skilifte in Baden-Württemberg in Nöte

Baden-Württembergs Liftbetreiber sind um derlei harte Regeln gerade noch einmal herumgekommen. Wenige Stunden nach Saisonstart auf dem Feldberg am vergangenen Freitag, hatte die Stuttgarter Landesregierung per Verordnung außer für geboosterte Skifreunde 2G-Plus auch für Skigebiete im Südwesten angekündigt und damit die bis dato gültige 2G-Regel deutlich verschärft. Im Verlauf des Wochenendes kam aber dann die Kehrtwende und es galt wiederum 2G – zumindest für alle, deren zweite Impfung nicht länger als ein halbes Jahr zurücklag.

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Das administrative Chaos blieb auch über Tausend Meter Meereshöhe nicht ohne Folgen. Am vergangenen Wochenende bildeten sich etwa am Feldberg vor den Kassenhäuschen lange Schlangen. „Die mehrfachen Anpassungen der Corona-Verordnung“ habe in der Kürze der Zeit nicht technisch reibungslos umgesetzt werden können, sagte der Chef des Feldberg-Liftverbunds Adrian Probst und entschuldigte sich bei Hunderten Kunden, die in Warteschlangen feststeckten.

Skifahrer und Snowboarder sitzen im Märt 2020 im Lift am Seebuck auf dem Feldberg im Schwarzwald. Nach der wegen der Corona-Pandemie ...
Skifahrer und Snowboarder sitzen im Märt 2020 im Lift am Seebuck auf dem Feldberg im Schwarzwald. Nach der wegen der Corona-Pandemie komplett ausgefallenen letzten Saison will der Liftverbund Feldberg nun Anfang Dezember durchstarten. | Bild: Patrick Seeger, dpa

Erst zum Wochenende hin habe man von IT-Dienstleistern, über die die zwingenden Online-Buchungen hätten abgewickelt werden sollen, grünes Licht erhalten. „Verschiedene technische Probleme“ seien die Folge gewesen.

Skidata und Starjack weisen Schuld an Warteschlangen-Chaos von sich

Die beiden österreichischen Dienstleister sehen den schwarzen Peter indes nicht bei sich. „Ich habe bei uns keine roten Alarmlampen angehen sehen“, sagte ein Sprecher des in Gröding bei Salzburg ansässigen Skispezialisten Skidata. Dutzende Skigebiete im Alpenraum und in Mittelgebirgen hätten am Wochenende auf die gemeinsame Reservierung-Plattform zugegriffen – ohne Probleme. Eine Sprecherin des Vorarlberger Online-Dienstleisters Starjack äußerte sich gegenüber dem SÜDKURIER ähnlich.

Österreich und Schweiz profitieren

In Österreichs Skigebieten ist aktuell nur 2G vorgeschrieben, ein zusätzlicher Test wie in Bayern ist nicht notwendig. Im Vorteil sind die Schweizer Skiorte. Dort gelten für die Seilbahnen ähnliche Regeln wie für Bus und Bahn: Maskenpflicht lediglich in geschlossenen Räumen inklusive Gondeln, 3G (geimpft, genesen oder getestet) oder 2G sind nicht notwendig. Sessel- und Schlepplifte dürfen ohne Maske benutzt werden.

Das bedeutet nicht, dass in der Schweiz Optimismus ausgebrochen wäre. „Wir können leider keine Prognosen abgeben, da auch die neue Situation mit dem Omikron-Virus noch nicht abschätzbar ist“, sagte eine Sprecherin von Schweiz Tourismus. Seit Freitag hat Deutschland wegen steigender Infektionszahlen auch die Eidgenossenschaft als Hochrisikogebiet eingestuft, wie zuvor bereits Österreich.

Gondeln des Matterhorn-Express fahren neben dem Matterhorn. Die Schweiz verschärft angesichts der weiterhin bedrohlichen ...
Gondeln des Matterhorn-Express fahren neben dem Matterhorn. Die Schweiz verschärft angesichts der weiterhin bedrohlichen Corona-Situation ihre Maßnahmen. Sie sind aber immer noch viel laxer als anderswo. | Bild: Jamey Keaten, dpa

Schon den ersten Corona-Winter 2020/2021 hatten jedoch die Schweizer Wintersportorte mit den geringsten Einbußen überstanden. Derzeit deutet vieles darauf, dass sich dies in ähnlicher Form wiederholen könnte.

In Österreich fehlten in der vergangenen Saison die ausländischen Gäste weitestgehend, die den Großteil der Winterurlauber stellen. Vor der Pandemie zählten die österreichischen Seilbahnen über 50 Millionen „Skifahrertage“ pro Saison. 2020/21 waren es nach Daten der Wirtschaftskammer Österreich noch 9,2 Millionen. So gingen ähnlich wie in den bayerischen Wintersportorten die Gästezahlen im Hochwinter um über 90 Prozent zurück. Ähnlich düster sah es für die Tourismusbranche auch in Südtirol aus.

Schweiz freut sich auf Auslandsgäste

Die Schweizer Hotellerie hingegen meldete für die Wintersaison 2020/2021 immerhin noch 9,4 Millionen Übernachtungen, ein für Corona-Verhältnisse vergleichsweise kleines Minus von 26,4 Prozent.

In Österreich und in Südtirol können Skigebiete hoffen, dass diese Saison besser wird als die vergangene. Allerdings erwartet niemand die Rückkehr gewohnter Gästezahlen. Demgegenüber herrscht in Bayern Verzweiflung bei den Skigebietsbetreibern. „Mit diesen Beschlüssen stirbt jede Hoffnung auf Erholung der Wintersportbranche“, kommentierte Seilbahnverbandschef Matthias Stauch die 2G-Plus-Regel.

Warum Masken für den Schlepplift?

Die deutschen Skigebiete leiden ohnehin unter einem natürlichen Wettbewerbsnachteil: Die Skigebiete sind kleiner und die Saison kürzer. Viele befördern ihre Gäste ausschließlich mit Sessel- und Schleppliften. Ein Beispiel ist der Spitzingsee. Dort gibt es im Skigebiet keine Gondel. Skifahrer und Langläufer sind gleichermaßen an der frischen Luft. Doch für die Gäste werden nach jetzigem Stand strengere Vorschriften als für die Münchner S-Bahn gelten.