Exakt 15,9 Prozent mehr für den Strom in der Grund- und Ersatzversorgung: Für Kunden des Energiekonzerns EnBW, Grundversorger der meisten Haushalte in Baden-Württemberg, wird es ab April deutlich teurer. Laut EnBW-Berechnung sind das monatliche Mehrkosten von 16 Euro für einen Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 2900 Kilowattstunden.

Auch andere Stromanbieter drehen jetzt an der Preisschraube. Bundesweit haben mehr als 100 Energieversorger angekündigt, ihre Preise im März oder April anzuheben – darunter mehr als 60 Grundversorger. Warum gerade die Grundversorgung jetzt deutlich teurer wird und ob man noch schnell einen günstigeren Anbieter finden kann – die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was ist überhaupt die Grundversorgung?

Mit der sogenannten Grundversorgung werden alle Haushalte beliefert, die nicht aktiv beim Einzug einen anderen Tarif vereinbart haben oder zu einem alternativen Anbieter gewechselt sind. In Baden-Württemberg ist der Grundversorger oft ein Stadtwerk oder auch Energiekonzerne wie Badenova oder die EnBW, die ihren Sitz in Karlsruhe hat.

Warum steigen jetzt die Strompreise – und warum vor allem in der Grundversorgung?

Eigentlich sind die Großhandelspreise für Strom wieder deutlich gesunken. Die Einkaufspolitik der Anbieter ist jedoch sehr unterschiedlich, manche kaufen mit großem Vorlauf ein, weshalb sich die hohen Preise während der Energiekrise erst jetzt auswirken – und an die Kunden weitergegeben werden. Das trifft insbesondere auf Grundversorger zu. „Alternativanbieter sind schneller damit, gesunkene Großhandelspreise an die Kunden weiterzugeben“, sagt Steffen Suttner, Geschäftsführer Energie beim Vergleichsportal Check24.

Hinzu kommt, dass ein großer Bestandteil des Strompreises die Netzentgelte sind. „Im Schnitt sind diese um 24 Prozent teurer geworden als noch 2023“, so Suttner. Gerade viele Grundversorger sind gerade erst dabei, diese gestiegenen Kosten in ihre Tarife zu integrieren. Bei alternativen Stromanbietern dagegen profitieren viele Kunden davon, dass dort Stromtarife mit Preisgarantien angeboten werden, welche teils sämtliche Preisbestandteile außer der Mehrwertsteuer umfassen. „Kunden mit solchen Tarifen bleiben von der Erhöhung der Netzentgelte verschont“, sagt Steffen Suttner.

Ein Stromstecker vor einer Steckdose. Strom ist eine der größten Kostenquellen im Haushalt. Ein Anbieterwechsel kann sich schnell lohnen.
Ein Stromstecker vor einer Steckdose. Strom ist eine der größten Kostenquellen im Haushalt. Ein Anbieterwechsel kann sich schnell lohnen. | Bild: Frank Rumpenhorst, dpa

Wie viele Haushalte sind von den Preiserhöhungen in der Grundversorgung betroffen – und wie teuer wird es?

62 Grundversorger haben bundesweit bislang angekündigt, ihre Preise im März und April zu erhöhen. Von diesen Preiserhöhungen sind dem Vergleichsportal Check24 zufolge rund 2,5 Millionen Verbraucher betroffen. Im Schnitt betragen die Preiserhöhungen nun 9,1 Prozent. Kunden mit einem Jahresverbrauch von 5000 Kilowattstunden Strom in der Grundversorgung – das entspricht dem Verbrauch einer größeren Familie – zahlen aktuell im Schnitt bereits 754 Euro mehr als bei Alternativanbietern. „Mit den Preisanpassungen in den nächsten Wochen werden die Strompreise in der Grundversorgung noch weiter steigen“, sagt Steffen Suttner.

Kann man jetzt noch zu einem günstigeren Anbieter wechseln?

Das Gute an einem Tarif in der Grundversorgung: Eine Kündigung ist jederzeit mit einer Frist von zwei Wochen möglich. Doch auch wer einen anderen Tarif hat oder bei einem alternativen Anbieter ist, hat bei einer Preisanpassung ein Sonderkündigungsrecht – und zwar bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Preiserhöhung in Kraft tritt.

Wo findet man einen günstigeren Anbieter?

Während der Energiekrise haben sich viele Stromanbieter von den Vergleichsportalen wie Verivox oder Check24 zurückgezogen, weil sie keine neuen Kunden wollten – weshalb Verbraucherschützer von der Nutzung der Portale abrieten. Nun sind die Anbieter jedoch auf die Vergleichsportale zurückgekehrt, allein bei Check24 kann man aktuell über 1000 Stromanbieter und 15.000 Energietarife vergleichen, beim Konkurrenten Verivox sieht es ähnlich aus.

Auch die EnBW hat Preiserhöhungen für 2024 angekündigt. Sie ist einer der größten Versorger der Republik.
Auch die EnBW hat Preiserhöhungen für 2024 angekündigt. Sie ist einer der größten Versorger der Republik. | Bild: Uli Deck, dpa

Gibt es Fallstricke, wenn man über ein Vergleichsportal einen neuen Stromtarif sucht?

Ja – und zwar mehrere. Zunächst einmal ist es wichtig, sämtliche Voreinstellungen zu löschen (also statt „Empfehlungen“ „individuelle Einstellungen“). Denn die Vergleichsportale zeigen automatisch erst einmal die Tarife an, von denen man direkt vom Portal aus wechseln kann – und für die das Portal vom Energieversorger bei Vertragsabschluss eine Provision bekommt.

Energieexperte Matthias Bauer von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zufolge müssen das aber nicht die günstigsten Tarife sein. Daneben empfehlen Verbraucherschützer, Tarife mit Vorkasse und Paketpreisen grundsätzlich auszuschließen.

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Auch Boni sind kritisch zu betrachten, da sie meist nur für kurze Zeit gewährt werden. Wer sich dennoch dafür entscheidet, sollte auf einen Sofortbonus achten, der in den ersten Monaten ausgezahlt wird. Andernfalls bestehe das Risiko, die versprochene Vergünstigung am Ende gar nicht oder nicht in voller Höhe zu erhalten. Grundsätzlich muss man wissen, dass die Portale auch nur einen Teil des Marktes abbilden.

Es lohnt sich also, mehr als ein Vergleichsportal zu nutzen. Und zusätzlich auch noch selbst zu recherchieren: beim derzeitigen Anbieter nach einem günstigeren Tarif fragen, selbst mal auf die Homepages von einigen Anbietern zu gehen und sich im Freundes- oder Bekanntenkreis umzuhören.

Wie sieht es mit Preisgarantien und Mindestvertragslaufzeiten aus?

Preisgarantien für die Dauer der Vertragslaufzeit können die Kunden vor Preiserhöhungen schützen – müssen es aber nicht. Entscheidend ist, welche Preisbestandteile die Garantie umfasst. Hinzu kommt, dass die Preisgarantien in der Regel mit langen Vertragslaufzeiten einhergehen, das wiederum bindet die Kunden aber auch dann, wenn die Marktpreise während der Laufzeit wieder fallen sollten. Die Verbraucherzentralen empfehlen in der Regel, keine Verträge für mehr als zwölf Monate abzuschließen.