Als nach kurz vor Mitternacht der letzte Refrain der „Fischerin vom Bodensee„ verklungen ist, die Akteure sich das erste Tannenzäpfle gönnen und die Techniker all die Kameras wegzuräumen beginnen, mischen sich verdientes Durchamten und gespannte Erwartung. Die SWR-Fernsehfasnacht im Konstanzer Konzil ist über die Bühne gegangen. Denn nach der Show ist vor der Wahrheit. Wir werden die Einschaltquoten sein? Wie kam das Programm bei den Leuten außerhalb des bunt dekorierten Saals an?

Am Mittwochvormittag dann die erlösende Nachricht: Es hat funktioniert. Obwohl einige bekannte Namen im Programm fehlten, sind die Zahlen nochmals deutlich besser als im Vorjahr. 772.000 Zuschauer in Baden-Württemberg, das macht einen Marktanteil von sehr beachtlichen 16 Prozent (2019: 430.000 Zuschauer / 14,4 Prozent). Da man das SWR-Fernsehen auch in anderen Bundesländern empfangen kann, sind es bundesweit noch deutlich mehr Zuschauer. 1,4 Millionen nach 1,22 im Vorjahr. Das sind auch im langjährigen Vergleich sehr gute Zahlen.

Schreckgespenst Sendungsentzug

So spricht am Tag danach dann auch niemand mehr davor, dass der SWR möglicherweise Konstanz die Gunst entziehen könnte. Seit die ARD die Fernsehsendung aus Friedrichshafen aufgegeben hat, spukt das Schreckgespenst immer wieder herum.

Denn auch die Konstanzer Akteure wissen – der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat, nicht zuletzt werden der Finanzierung über den Haushaltsbeitrag und damit eine Art Steuer – einen Kulturauftrag. Den kann man unter anderem durch eine Live-Sendung aus dem Konzil erfüllen, aber eben durchaus auch mit anderen Angeboten.

Schwierige Organisation

Heinz Maser jedenfalls ist am Mittwoch nach einer kurzen Nacht schon wieder bestens aufgelegt. Seit 50 Jahren macht der Programme für die Bühnenfasnacht. seit 1995, als der SWR zum ersten Mal aus Konstanz sendete, ist er der Programmchef. Was auf die Bühne kommt, muss sich seinem Urteil stellen; und was auf der Bühne nicht wie erwartet funktioniert, muss seine Kritik ertragen.

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2020 ist seine Herausforderung groß – ein paar Akteure, die stets als sichere Bank galten, stehen in diesem Jahr aus Termingründen nicht zur Verfügung. Die singenden Brüder Gregor und Simon Malkmus aus Allensbach-Hegne zum Beispiel oder auch das Schnatterquintett aus Orsingen.

In der Not helfen Norbert Heizmann und seine Bühnenpartnerin Claudia Zähringer. Auch Heinz Maser ist voller Respekt für die Energie, die sie an diesem Abend zeigen. In der originellen Doppel-Nummer als König und Königin von Schweden vor einem Besuch bei der Verwandtschaft auf der Mainau (die echten Bernadottes platzen zeitweilig fast vor Lachen) zum Beispiel. Oder Norbert Heizmann in der Einzel-Nummer als Senior-Verkehrskadett mit Betrachtungen über Land und Leute, Politik und Wirtschaft, mit Stakkato-Rap und melodischem Mambo. Auch Leute, die es am Fernsehen gesehen haben und sonst nicht die ganz großen Fasnachts-Fans sind, sagen: Das war einfach richtig gut.

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Aus einer Vielzahl sehr guter und guter Nummern gelungener Nummern ragt gewiss auch noch Lothar Bottlang heraus. Er nimmt die anspruchsvolle Ausgabe als Eröffnungsakteur mutig an. Als er in die „das wird man wohl noch sagen dürfen“-Ecke abbiegt, fragen sich viele, wo das endet. Da gerät die Political Corretness ins närrische Visier, wenn Indianerkostüme auf einmal nicht mehr okay sein sollen.

Zum guten Schluss standen alle Zuschauer auf und feierten die Bühnenakteure im Konzil.
Zum guten Schluss standen alle Zuschauer auf und feierten die Bühnenakteure im Konzil. | Bild: Scherrer, Aurelia

Und dann die überraschende Wende: Lasst euch nicht von flüchtigen gesellschaftlichen Erwartungen treiben, mahnt Lothar Bottlang, vergesst aber nie den Menschen im Häs. Für diese Botschaft gibt es den ersten langen Szenenapplaus, und mancher im Saal fühlt sich an den im Jahr 2017 viel zu früh verstorbenen Alfred Heizmann erinnert, der in den vergangenen Jahren steht diesen Ton der Mitmenschlichkeit ins Konzil und zum TV-Publikum getragen hatte und dafür stets gefeiert wurde.

Braucht es Comedy-Profis?

So bleibt nach dem Abend vor allem eine Fragen offen: Bei so viel Bühnen- und Showtalent, ob mit Tanz- oder Sprechnummern, mit Musik von der Radolfzeller Froschenkapelle und dem Konstanzer Bandlaeder Jürgen Waidele, bei so viel Mut des erst zehnjährigen Enea von Stechow als Klepperlebua und bei so viel Bühnen-Selbstbewusstsein des gerade mal 16-jährigen Janis Zimmermann aus Stockach – warum braucht es da Comedy-Profis wie Hansy Vogt alias Frau Wäber im Programm oder Marianne Schätzle als Kanzlerinnen-Double, zumal beide nicht wirklich für die stärksten Momente des Abends sorgen?

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Programmchef Heinz Maser sagt es so: „Ich gehe fest davon aus, dass wir im nächsten Jahr ein Programm mit den besten Nummern von den Narrenbühnen der Region komplett füllen können.“