Ulrike Bäuerlein und Michael Schwarz

Nach den Fastnachtsferien ist an manchen Schulen im Land die Verunsicherung im Umgang mit dem Corona-Risiko offenbar groß. Zudem sehen sich manche mit den Hygienemaßnahmen überfordert. Das landesweit größte Gymnasium in Marbach (Kreis Ludwigsburg) etwa gab jüngeren Schülern am Montag und Dienstag schulfrei, um die vom Robert Koch-Institut (RKI) empfohlenen Maßnahmen wie Seifenspender und Papierhandtücher auf allen Toiletten umzusetzen.

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Obwohl das Kultusministerium am vergangenen Freitag ausführliche Handlungsanweisungen an alle Schulen, Schulleitungen und Kitas des Landes schickte, haben die Inhalte offenbar nicht alle Lehrkräfte und Erzieher rechtzeitig erreicht.

16-Jährige nach Hause geschickt

So schickte am Montag ein Lehrer des Technischen Gymnasiums am Claude-Dornier-Berufsschulzentrum Friedrichshafen zu Unterrichtsbeginn eine 16-jährige Elftklässlerin sowie einen zweiten Schüler zunächst nach Hause, die angegeben hatte, in Südtirol beim Skifahren gewesen zu sein. Südtirol gehört nicht zu den Risikogebieten, die Schüler waren symptomfrei – für den Ausschluss hätte es keinen Grund gegeben. Ein Missverständnis, das auch einer allgemeinen Unsicherheit zuzuschreiben sei, wie Schulleiter Stefan Oesterle dem SÜDKURIER am Nachmittag sagte. Die Familien würden verständigt, die Schüler dürften am Mittwoch wieder kommen.

Sorgenvolle Rückfragen

Aber auch die Bildungsgewerkschaft GEW und das Kultusministerium selbst erreichten am Wochenende zahlreiche Rückfragen und sorgenvolle Nachrichten. „Es sind zum Teil sehr große Ängste im Spiel“, sagte GEW-Landeschefin Doro Moritz dem SÜDKURIER, „da war die Rede von einer ‚Katastrophenlage‘ in Baden-Württemberg. Die sehe ich aber überhaupt nicht. Da muss man schon die Kirche im Dorf lassen.“ Moritz äußerte aber Verständnis für Unsicherheiten. „Viele Schulen waren ja zu, viele Lehrer und Schulleiter selbst im Urlaub. Es gab sicher nicht die Möglichkeit, alle zu erreichen.“

Rechtzeitig informiert

Das Kultusministerium hatte am Wochenende eigens einen Telefondienst eingerichtet, der zahlreiche Fragen beantworten musste, wie Pressesprecherin Christina Sattler am Montag auf Anfrage sagte. Das Kultusministerium verneinte die Frage, ob zu spät reagiert wurde. „Und was die Maßnahmen angeht, hat sich im Vergleich zum Freitag nichts an den Empfehlungen geändert. Neue Informationen gibt es, sobald es einen Anlass dazu gibt.“

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Laut Empfehlung des Ministeriums sollten alle Personen, unabhängig von Krankheitssymptomen, vorerst zu Hause bleiben und den Schul- oder Kitabetrieb meiden, wenn sie in den vergangenen 14 Tagen in einem Risikogebiet gewesen sind. Die Risikogebiete sind aktuell auf den Internetseiten vieler Behörden aufgeführt.

Nur wenige Risikogebiete

Am Montagnachmittag waren dies einzelne Regionen in China, im Iran und in Südkorea sowie in Italien die Region Emilia-Romagna, Lombardei und die Stadt Vo in der Provinz Padua (Region Venetien). Wer sich nicht in einem Risikogebiet aufgehalten hat und keinen Kontakt zu einem Infizierten hatte, muss derzeit keine speziellen Vorsichtsmaßnahmen treffen. „Diese Personen können uneingeschränkt am Schul- oder Kitabetrieb teilnehmen“, heißt es.

Desolater Toilettenzustand

Der Landeselternbeirat hatte angesichts des Virusrisikos über einen desolaten Zustand der Toiletten an vielen Schulen beklagt. Oft gebe es weder Seife noch Papierhandtücher, so der Landesvorsitzende Carsten Rees. Auch der Philologenverband forderte am Montag, Schulen müssten die Chance bekommen, die Hygieneempfehlungen des RKI einzuhalten. Viele seien gar nicht so ausgestattet, dass sie einfache Präventionsmaßnahmen umsetzen könnten. Die Sprecherin des Kultusministeriums bestätigte dies. „Da müssen die Schulträger vor Ort Abhilfe schaffen“, sagte sie. Die Kommunalen Landesverbände würden derzeit mit den Schulträgern daran arbeiten.

Polizei erhält Virus-Krisenpläne

Unterdessen stattet das Land die Polizei mit Virus-Krisenplänen aus. Das Innenministerium richtet eine spezielle Projektgruppe für die Polizei ein. Sie soll den Schutz der Beamten gewährleisten und dafür sorgen, dass die Polizei auch unter möglichen Beeinträchtigungen durch das Virus handlungsfähig bleibt. Am Montagnachmittag tagte zudem erneut der interministerielle Verwaltungsstab, der alle Maßnahmen in Sachen Corona-Virus koordiniert.