Fünf Revolverschüsse schreckten in den Morgenstunden des 27. Mai 2017 die Gemeinde Hüfingen auf. Eine gute Woche später klickten die Handschellen. Bei mehreren Razzien nahm die Polizei 17 Menschen vorwiegend im Schwarzwald-Baar-Kreis fest, von denen der harte Kern im sogenannten Mafia-Prozess in Konstanz noch auf der Anklagebank sitzt. Der Vorwurf lautet auf bandenmäßigen Drogenhandel, Planung eines Juwelierüberfalls im italienischen Verona und – versuchten Mord.
Schüsse bei Abhörmaßnahmen mitgeschnitten
Die Schüsse in Hüfingen sind nun Teil des Prozesses, im Fokus steht dabei zur Zeit Nicolo M., 50, Gastwirt mit italienischem Pass. Ihm und drei anderen, die damals im Tatfahrzeug, einem Mercedes, von Donaueschingen nach Hüfingen fuhren, kamen die Ermittler schnell auf die Schliche. Denn die Tat und dessen Vorspiel wurden von italienischen Ermittlern im Rahmen einer Abhörmaßnahme mitgeschnitten und den deutschen Kollegen wohl Stunden später zugespielt.
Mit Revolver vom Beifahrersitz gefeuert
Die Tat selbst war am Dienstag im Prozess vor dem Landgericht in der ehemaligen Kantine auf dem Siemensareal weitgehend unstrittig. Die Aussagen der drei anderen Männer, die damals in dem Fahrzeug saßen, deckten sich weitgehend mit den Bandaufzeichnungen, wie ein Polizeibeamter in seiner Zeugenaussage noch einmal betätigte. Demnach hatte sich der Angeklagte Nicolo M. zu dem Gasthaus fahren lassen und vom Beifahrersitz aus dem heruntergelassenen Wagenfenster auf der Fahrerseite fünf gezielte Schüsse mit einem Revolver der Marke Taurus Armas Brasilien abgefeuert. Allesamt sollen sie einem Fenster in dem bewohnten Haus gegolten haben, ob es nun beleuchtet war, war gestern strittig. Die Staatsanwaltschaft wertet die Tat als Strafaktion im Rahmen eines größeren Rauschgiftgeschäfts über 30 Kilogramm Marihuana.
Revolver ging von Hand zu Hand
Die Waffe selbst soll Carmelo M., ein Verwandter des Angeklagten, der ebenfalls im Auto saß, in seinem Computerstuhl verwahrt haben. Nach der Tat hatte er diese zunächst wieder an sich genommen und später dann nach eigenem Bekunden dem ebenfalls angeklagten Sohn Nicolo M.‚s ausgehändigt. Inwieweit die Waffe später bei einem geplanten Raubüberfall eine Rolle gespielt hat, sollen die nächsten Verhandlungstage klären. Die Polizei fand sie schließlich bei einer Durchsuchung im Haus des Vaters von Placido Anello, einem weiteren Angeklagten in diesem Prozess.
Bekenntnis zur Alkoholsucht
Zur Überraschung der Strafkammer ließ der Angeklagte Nicolo M. von seinem Verteidiger Bernd Behnke eine Einlassung verlesen. Darin schilderte er seine Alkoholsucht, die sein Leben ruiniert und seine Persönlichkeit schwer verändert habe. Weil er in der Nacht im Vollrausch gewesen sei, könne sich sein Mandant an nichts mehr erinnern. Behnke listete ein ganzes Arsenal an Bier, Wein und Schnäppsen auf, die sein Mandant nach dessen genauer Erinnerung an jenem 26. und 27. Mai vor zwei Jahren getrunken habe. Richtig trocken sei er erst im Gefängnis geworden, im Kreise der Anonymen Alkoholiker.
Gutachterin sieht Angeklagten handkungsfähig
Von einer „sehr sehr breiten Spanne der Blutalkoholkonzentration“ an jenem Abend sprach indessen die Freiburger Rechtsmedizinerin Ulrike Schmidt. Sie hatte den Alkoholkonsum des Tages umgerechnet. Nicolo M. werde zur Tatzeit wohl zwischen 0,97 und 2,9 Promille Alkohol im Blut gehabt haben, bilanzierte sie. Dass er angetrunken war, lasse sich an seiner schleppenden Zunge bei der Unterhaltung im Wagen damals heraushören. Den Rückstoß des Revolvers bei der Abgabe der Schüsse habe er aber wohl noch kraftvoll aufgefangen. So liegen laut einem Schusssachverständigen die Einschusslöcher dicht beieinander. Fazit der Gutachterin: Sie habe „keinen Anhalt für eine tiefgreifende Orientierungsstörung“ gefunden.